Spezialisten der Kriminalpolizei mit Zentralaufgaben Oberfranken gelingt Schlag gegen international agierende Bandendiebe
Staatsanwaltschaft Coburg führt Sammelverfahren
OBERFRANKEN / DEUTSCHLAND / TSCHECHISCHE REPUBLIK. Ein schwerer Schlag gegen die internationale organisierte Kfz-Diebstahlskriminalität gelang nach komplexen, gut zwei Jahre andauernden Ermittlungen, Beamten der Kriminalpolizei mit Zentralaufgaben Oberfranken (KPI/Z) in enger Zusammenarbeit mit der Coburger Staatsanwaltschaft sowie den tschechischen Ermittlungsbehörden. Die Tatverdächtigen sind für über 100 Straftaten mit einem Gesamtentwendungsschaden von über 1,2 Millionen Euro verantwortlich.
Von diesen Straftaten kamen bereits mindestens 77 vollendete Diebstähle und acht Versuche zur Anklage. Dabei handelt es sich überwiegend um Kraftfahrzeugdiebstähle, ein erheblicher Teil der gesamten Diebstähle fand in Oberfranken statt. KPI/Z und Staatsanwaltschaft Coburg konnten sieben Bandenmitglieder ermitteln, die Auslieferung nach Deutschland erreichen und sie hier in Untersuchungshaft bringen.
Im Sommer 2015 kam es in Oberfranken und den angrenzenden Bereichen zu einer Vielzahl von Fahrzeugdiebstählen, insbesondere der Marken VW T5, Mercedes Sprinter und Skoda. Schnell wurde den ermittelnden Beamten klar, dass es sich bei den Tätern um eine gut organisierte, professionell und arbeitsteilig zusammenwirkende Bande handeln musste.
Neben der KPI/Z Oberfranken führten zunächst auch Beamte der Kripo Coburg in einem eigenen Tatkomplex Ermittlungen gegen einzelne Mitglieder dieser Bande, die sämtliche, entwendeten Fahrzeuge sofort in die Tschechische Republik brachte. Die aus den Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse wurden schließlich erfolgreich ausgewertet und dann zusammengeführt.
KPI/Z und Staatsanwaltschaft Coburg ermitteln in herausragendem Maß
Die oberfränkische Fachdienststelle in Bayreuth übernahm schließlich unter Federführung der Staatsanwaltschaft Coburg für alle Fälle die zentrale Sachbearbeitung, die schließlich zu dem beeindruckenden Ergebnis führte.
Im Zuge operativer Maßnahmen gelang dann im Juni 2016 der erste größere Fahndungserfolg. Aufgrund der Erkenntnisse der oberfränkischen Beamten, konnten Polizisten zwei 33 Jahre alte Täter in Nürnberg festnehmen, die mittlerweile in Untersuchungshaft sitzen. Die beiden Männer mit moldawisch-rumänischer Staatsangehörigkeit waren allein zu dem Zweck, mehrere Autodiebstähle zu begehen, eingereist.
Organisierte Kriminalität – Professionelles und konspiratives Vorgehen
Im Verlauf der anschließenden umfangreichen und teils verdeckt geführten Ermittlungen mit Einbindung der tschechischen Kollegen, gelang es den Beamten der KPI/Z nach und nach immer mehr Erkenntnisse über die Struktur der Diebesbande zu gewinnen.
So kamen sie sogar dem Auftraggeber und Hintermann der Bande, einem 39-jährigen Tschechen aus dem Raum Pilsen auf die Spur. Dieser „bestellte“ bei dem inzwischen festgenommenen 33-Jährigen detailliert Fahrzeuge, die zuvor insbesondere über Automärkte im Internet oder durch Auskundschaften ausgesucht worden waren. Der 33-Jährige arbeitete mit insgesamt teilweise bis zu fünf weiteren Männern aus Moldawien und Rumänien zusammen. Arbeitsteilig und jeweils spezialisiert, erfolgte dann auch das Öffnen der ausgesuchten hochwertigen Autos und die Überführung des Diebesguts nach Tschechien. Dabei gingen alle Beteiligten stets äußerst konspirativ und professionell vor. Beispielsweise hatten sie in ihren Fahrzeugen auf der Hin- und Rückfahrt äußerst geschickt Aufbruchsutensilien verbaut und in kleinen mitgeführten Alltagsgegenständen Notizen mit Autodaten und Adressen versteckt.
Wie die Kripobeamten weiter ans Tageslicht brachten, unterhielt der 39-jährige Drahtzieher der Bande einen sogenannten „Zerlegebetrieb“ für gestohlene Fahrzeuge sowie mehrere Lagerplätze im Westen der Tschechischen Republik. Das Diebesgut aus verschiedenen Ländern wurde dorthin gebracht und dann in der Regel komplett auseinandergenommen. Sämtliche Identifizierungsmerkmale veränderten oder tauschten die Täter fachmännisch aus. Auch Teile von legal erworbenen Schrottfahrzeugen wurden mit anderen Fahrzeugteilen kombiniert.
Nach der professionellen Verschleierung ließ der Hintermann der Bande letztendlich die hochwertigen Fahrzeuge über weitere kriminelle Kontakte mit gefälschten Dokumenten überwiegend in Tschechien wieder zu. Einzelne Fahrzeugteile verkaufte der 39-jährige Tatverdächtige aber auch wieder ins Ausland.
Enge Zusammenarbeit der Einsatzkräfte aus Oberfranken und Tschechien – wichtige Festnahme
Um den dreisten Tätern das Handwerk zu legen, mussten sowohl die oberfränkischen Polizeibeamten mit den tschechischen Polizeibehörden in Prag und Karlsbad sowie die Justizbehörden in Coburg insbesondere mit der Bezirksstaatsanwaltschaft Prag, gut und effektiv zusammenarbeiten. So planten die Einsatzkräfte sämtliche Besprechungen, Durchsuchungsmaßnahmen und Festnahmen eng zusammen und führten sie gemeinsam durch.
Im Rahmen von beantragten Rechtshilfemaßnahmen der Staatsanwaltschaft Coburg schlugen dann Anfang März 2017 insgesamt über 20 Beamte der KPI/Z Oberfranken mit Unterstützung von nordbayerischen Kfz-Spezialisten, Vertretern der Staatsanwaltschaft aus Coburg sowie mehreren tschechischen Polizeibeamten in einer konzertierten Aktion zu. Insgesamt neun Objekte in der Tschechischen Republik, hauptsächlich im Bereich Pilsen aber auch in Prag, nahmen die Einsatzkräfte gleichzeitig unter die Lupe.
Sie durchsuchten Hallen, Werkstätten, mehrere Garagen und Scheunen sowie Wohnungen und entdeckten fast überall verschiedenstes Diebesgut.
Bei dem Einsatz gelang es außerdem tschechischen Spezialeinsatzkräften den „Kopf“ der kriminellen Gruppierung in seinem Wohnhaus aufgrund eines von der Staatsanwaltschaft Coburg beantragten europäischen Haftbefehls festzunehmen.
Durchsuchungen offenbaren Ausmaß der Straftaten
Das Ausmaß der kriminellen Machenschaften der Bande wurde den Einsatzkräften dann insbesondere in und vor einer Werkstatt bei Pilsen im wahrsten Sinn des Wortes vor Augen geführt.
Sie stießen dort auf mehrere gestohlene Fahrzeuge, eine riesige Anzahl Fahrzeugteile, unzählige Dokumente, teilweise aus dem Ausland, blanko oder fachmännisch verfälscht. Ebenso entdeckten sie gefälschte Plaketten, Aufkleber und Stempel sowie zahlreiche technische Gerätschaften und Werkzeuge für den Diebstahl verschiedener Automarken.
Eine besondere Herausforderung stellte die Identifizierung, Zuordnung und anschließend beweissichere Dokumentation und Sicherstellung der großen Anzahl aufgefundener Kfz-Teile und des weiteren Diebesguts dar. Teilweise hatten die Täter die hochwertigen Fahrzeuge komplett, bis auf die einzelnen Kabelstränge, zerlegt.
Vor Ort konnten die Kripobeamten insgesamt 17 Fahrzeuge verschiedener Marken, zirka 56 Fahrzeugteile aller Art, mehr als 35 Fahrzeugsitze, rund 100 Fahrzeugschlüssel, über 80 Fahrzeugbriefe und -scheine sowie mehr als 30 Computer, Laptops, Tablets, Festplatten, USB-Sticks, SD-Karten und Navigationsgeräte und über 15 Mobiltelefone und SIM-Karten sicherstellen.
Darüber hinaus hatte die Bande offensichtlich auch Beute in Form von hochwertigen Werkzeugen, Baumaschinen und sonstigen Geräten gemacht, die vorwiegend aus Containeraufbrüchen auf Baustellen stammen.
Nach wie vor arbeiten die Beamten der KPI/Z mit Hochdruck zusammen mit den Spezialisten für Kfz-Delikte und Dokumentenfälschungen an der Aufklärung der zahlreichen Fälle. Hierbei decken die Polizisten weitere Straftaten auf, die wiederum neue Ermittlungen nach sich ziehen. Die beschlagnahmten Fahrzeuge, Fahrzeugteile und sonstigen Gegenstände wurden zwischenzeitlich aufwändig nach Deutschland zur Untersuchung gebracht.
Internationale Fahndung führte zu schnellen Festnahmen der Mittäter
Vier weitere Täter der Bande waren zwischenzeitlich untergetaucht, jedoch fahndeten europaweit Beamte mit Haftbefehlen nach ihnen. Bereits wenige Tage nach der großangelegten Durchsuchungsaktion Anfang März gelang die Festnahme zweier Mittäter aus Moldawien im Alter von 30 und 35 Jahren in Prag. Einen weiteren 25-jährigen tatverdächtigen Moldawier verhafteten Polizeikräfte einige Tage später in Belgien. Der letzte im Bunde, ein 30 Jahre alter Rumäne, ging Ende März in der Ukraine ins Fahndungsnetz.
Entwendungsschaden in Millionenhöhe
Auf das Konto der seit bereits mehreren Jahren und mit hoher krimineller Energie operierenden Bande gehen allein im Haupttatzeitraum von etwa Juni 2015 bis Juni 2016 bislang mehr als 100 nachweisbare Straftaten.
Neben 67 Fahrzeugdiebstählen, insbesondere der Marken Mercedes Benz Sprinter, VW T5, BMW und Skoda, sowie acht Diebstählen von Anhängern, entwendeten die Bandenmitglieder auch fünf Motorräder beziehungsweise Quads, neun Kennzeichen und mehrere Baumaschinen. Zudem müssen sich die Männer auch wegen weiterer Delikte, insbesondere Urkundenfälschungen, Sachbeschädigungen und Hausfriedensbruch, verantworten.
Der gesamte Entwendungsschaden beträgt mehr als 1,2 Millionen Euro. Zudem richteten die Straftäter einen Sachschaden von insgesamt mindestens 25.000 Euro an. Allein die Ermittlungsakte der Beamten der KPI/Z umfasst derzeit bereits über 5.000 Seiten.
Haftbefehle und Rechtshilfe auf Antrag der Staatsanwaltschaft Coburg
Gegen die Straftäter ergingen auf Antrag der Staatsanwaltschaft Coburg Haftbefehle wegen schweren Bandendiebstahls. In allen Fällen wurden die Verhafteten dann im Rahmen der Rechtshilfe in der Folgezeit nach Deutschland ausgeliefert. Die Auslieferung des Kopfes der Bande aus der Tschechischen Republik zog sich hierbei über Monate hin, da der Haupttäter sämtliche Instanzen der tschechischen Justiz beschritt.
Die Beamten der KPI/Z holten die Männer persönlich entweder direkt im Ausland oder an der Grenze zu Deutschland ab. Wenig später saßen die Bandenmitglieder dann bereits aufgrund der fundierten Ermittlungsergebnisse in verschiedenen Justizvollzugsanstalten ein. Nach dem Strafgesetzbuch drohen den Tätern wegen schweren Bandendiebstahls hohe Haftstrafen.
Die Staatsanwaltschaft Coburg hat bundesweit alle Verfahren zu diesem Komplex übernommen und in einem Sammelverfahren zusammengeführt. An den Ermittlungen in der Tschechischen Republik nahmen sowohl ein Oberstaatsanwalt als auch eine Gruppenleiterin der Staatsanwaltschaft persönlich teil. Auch bei der Staatsanwaltschaft Coburg war und wird auch zukünftig ein hoher personeller Aufwand zur Bearbeitung des Verfahrens erforderlich sein.
Aufgrund der Erkenntnisse der oberfränkischen Beamten führen die Polizeibehörden in Prag zwischenzeitlich eigene Ermittlungen gegen die Bandenmitglieder. Die internationalen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Coburg und KPI/Z Oberfranken wurden aufwendig und mit langem Atem in der Tschechischen Republik und den Heimatländern der Bandenmitglieder Moldawien und Rumänien vorangetrieben. Im Ermittlungszeitraum wurden insgesamt sechs Maßnahmenpakete auf dem Weg der internationalen Rechtshilfe an die zwei Länder übersandt.
Die umfangreichen Ermittlungen von Staatsanwaltschaft Coburg und KPI/Z in dem kriminellen Netzwerk werden noch längere Zeit andauern.
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