Festival Junger Künstler erinnert mit Goldkronacher Konzert an deutsch-jüdisches Kulturerbe aus dem schlesisch-mährisch-böhmischen Raum

„Kerzen in der Nacht“ in Goldkronach

„Kerzen in der Nacht“ in Goldkronach

Unter dem Titel „Kerzen in der Nacht“ hat das Festival Junger Künstler Bayreuth in der Evangelischen Stadtkirche Goldkronach mit einem Konzert besonderer Art an das deutsch-jüdische Kulturerbe des schlesisch-mährisch-böhmischen Raumes erinnert. Die Konzerte des Festivals Junger Künstler in Goldkronach haben inzwischen eine gute Tradition und werden in Zusammenarbeit mit der Stadt Goldkronach und dem Alexander von Humboldt-Kulturforum Schloss Goldkronach veranstaltet. Goldkronachs 3. Bürgermeister Wieland Pietsch konnte zu dem sehr gut besuchten Konzert die Intendantin des Festivals junger Künstler, Dr. Sissy Thammer, für den Förderverein des Festivals Vorstandsmitglied Werner Schubert und für das Alexander von Humboldt-Kulturforum Hartmut Koschyk MdB begrüßen.

Frau Dr. Magdalena Živná, deutsch-tschechische Kulturexpertin aus Prag, übernahm es, die Komponisten vorzustellen, denen dieses Konzert gewidmet war: Viktor Ullmann, 1898 im schlesischen Teschen geboren und 1944 im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau von den Schergen des Nationalsozialismus ermordet, Pavel Haas, 1899 in Brünn geboren und 1944 ebenfalls in Auschwitz-Birkenau gewaltsam zu Tode gekommen sowie Erwin Schulhoff, 1894 in Prag geboren und 1942 im Konzentrationslager Wülzburg an Tuberkulose verstorben.

Die Sopranistin Irena Troupová aus Brünn und der Pianist Jan Dušek aus Prag interpretierten in eindrucksvoller Weise die Werke der drei während des Nationalsozialismus verfolgten und verfemten Künstler.

So erklangen Fünf Liebeslieder aus dem Opus 26 von Viktor Ullmann, deren Texte von Ricarda Huch stammen, die „Geistlichen Lieder“ aus dem Opus 20, drei Sonette aus dem Portugiesischen Opus 29, drei jiddische Lieder sowie die Klavier-Sonate Nr. 3 von Viktor Ullmann. Diese Werke gaben einen kleinen Einblick in das großartige kompositorische Schaffen des Künstlers, der zahlreiche Liederzyklen, Klavierwerke und Opern geschrieben hat. Selbst im Konzentrationslager Theresienstadt komponierte Viktor Ullmann weiter, so z. B. das Melodram nach Rilkes „Cornet“-Dichtung und die Kammeroper „Der Kaiser von Atlantis“.

Von Pavel Haas gelangte die Suite für Klavier Opus 13 zur Aufführung, die ebenfalls das hohe Niveau des Komponisten dokumentierte, der Vorsitzender des Mährischen Komponistenverbandes war und zu einem der anerkanntesten Avantgarde-Komponisten seiner Zeit gehörte. Sein Bruder Hugo Haas war ein erfolgreicher Schauspieler, für den Pavel Haas auch Filmmusik komponierte.

Erwin Schulhoff stammte aus einer deutsch-jüdischen Musiker-Familie und studierte am Prager Konservatorium sowie in Wien, Leipzig und Köln. Gemeinsam mit Alois Habá entwickelte er die Vierteltonmusik, wandte sich jedoch auch dem Jazz zu. Aus seiner Jazz-Vorliebe schuf er 1930 die „Hot Sonate“ für Altsaxophon und Klavier. Besondere Verdienste erwarb er sich durch die Vertonung der Sammlung „Volkslieder und Tänze aus Schlesisch-Teschen“ von Josef Mojzisek. Aus dem gleichnamigen Liederzyklus von Erwin Schulhoff erklangen jetzt in Goldkronach sechs wunderbare Volkslieder wie ein „Hochzeitslied“ und dem Sperber und der Wachtel gewidmete Volksweisen.

Es ist der Sopranistin Irena Troupowá und dem Klaviervirtuosen Jan Dušek zu verdanken gewesen, dass die Werke von Viktor Ullmann, Pavel Haas und Erwin Schulhoff bei dem Konzert in der Goldkronacher Stadtkirche auf höchstem musikalischen Niveau dargeboten wurden. Obwohl von der Interpretation Alter Musik kommend findet sich Irena Troupowá im Kunstlied der Modernen wunderbar zurecht. Mit einem ebenso klaren wie ausdrucksstarken Stimmvolumen meisterte sie diesen anspruchsvollen und nahezu zweistündigen Konzertabend bravourös. Das Zusammenspiel mit dem erstklassigen Pianisten Jan Dušek gelang über die gesamte Konzertdauer hervorragend. Das Konzertprogramm tat jedoch gut daran, durch die beiden Klavier-Kompositionen von Pavel Haas und Viktor Ullmann dem Pianisten Jan Dušek auch die Gelegenheit zu geben, sein Spitzenkönnen als Klaviervirtuose unter eindrucksvollen Beweis zu stellen. Dabei stand Jan Dušek mit dem Salonflügel A-170 der Steingraeber-Klaviermanufaktur ein wunderbares Instrument zur Verfügung.

Das Publikum dankte den beiden Künstlern ihre großartigen Darbietungen mit nicht enden wollendem Applaus. Es war schön, dass sich für dieses anspruchsvolle Konzert des Festivals Junger Künstler ein so zahlreiches wie aufgeschlossenes Publikum eingefunden hatte. Die kulturpolitische Botschaft des Goldkronacher Konzertabends lautet: auch wenn jüdische Künstler von der nationalsozialistischen Diktatur ausgegrenzt, verfemt, verfolgt und ermordet wurden, hat ihr großartiges künstlerisches Schaffen die NS-Diktatur überlebt, wurde nicht ausgelöscht und erfreut sich auch heute eines dankbaren Publikums.