Bayreuth: Münchens Altoberbürgermeister Christian Ude begeistert sein Publikum
Vom geachteten Politiker zum gefeierten Kabarettisten
Großartig, fantastisch, phänomenal. Wenn man alle Attribute aufzählen wollte, die nach dem literarischen Kabarettabend mit Münchens Altoberbürgermeister Christian Ude im Mistelbacher Sportheim vom begeisterten Publikum fielen, könnte man eine ganze Seite füllen. Die Frage, ob Christian Ude der beste Politiker unter den Kabarettisten oder der beste Kabarettist unter den Politikern ist, ließ sich nach diesem urkomischen Abend nur schwerlich beantworten. Weit über 200 Interessierte wollten sich von Christian Udes kabarettistischem Talent im voll besetzten Saal des TSV Mistelbach höchstselbst überzeugen und wurden beileibe nicht enttäuscht. Die Parlamentarische Staatssekretärin Anette Kramme hatte den früheren Münchner Oberbürgermeister nach Bayreuth eingeladen.
Dieter Hildebrandt bezeichnete Ude einst als Deutschlands einzigen Kabarettisten, der nebenbei eine Großstadt regierte. Er wurde seinem Ruf als begnadeter Kabarettist mehr als gerecht und begeisterte die Zuhörer mit Anekdoten aus seinem Leben als Jungsozialist, Rechtsanwalt, Bürgermeister und Rentner.
Seine Anekdoten entstammen allesamt der Realität, auch wenn man das ob der Obskuriät der Situationen kaum glauben konnte. Auch die Art und Weise, wie Ude sie erzählte, tat ihr Übriges, um den Zuhörern Lachtränen in die Augen zu treiben. So erzählte er etwa von einer Reise 1972 in den Osten der Türkei, wo er als Student mit seinem Freunden für ein Tiermagazin im Teufelsgebirge Wölfe fotografieren wollte.
Dieses Vorhaben misslang allerdings, ebenso wie Udes Versuch, sich mit seinem Namen im ostanatolischen Bergland vorzustellen. Ein Hotelbesitzer hatte in seinem Pass nämlich die Bemerkung: „Narbe a. li. Schienbein“ entdeckt und den Gast unbeirrt als „Mister Schienbein“ begrüßt, denn „a. li.“ könne ja nichts anderes als sein Vorname sein. Man kann sich vorstellen, welchen Spitznamen er nach der Reise von seinen Freunden verpasst bekam. Heute ist im Örtchen Pülümür wohl kein Deutscher so bekannt wie der ehemalige Münchner Oberbürgermeister.
Er erzählte, wie er damals Freundschaft mit der Familie Kilic schloss. Zwei ihrer Mitglieder waren schon als Gastarbeiter bei der Stadtreinigung in München, viele andere folgten oder wurden hier geboren. Seither gibt es regelmäßige Treffen und Udes Kinder lernten schnell, dass an Weihnachten erst um 17 Uhr Mitglieder der Familie Kilic zu Besuch kommen, es dann erst in die Kirche geht und danach die Bescherung stattfindet.
Ude kam als bekennender Löwen-Fan und Vereinsmitglied natürlich auch auf den TSV 1860 München zu sprechen. Da seine Liebe zu den blauen aber den Löwenfans damals nur wenig bekannt war, und Ude während der Aufstiegsfeier der Löwen auf dem Marienplatz das unsägliche Wort „die Roten“ in den Mund nahm, wurde er gnadenlos ausgepfiffen. Erst als ihn die harte Pranke des damaligen 60er-Präsidenten Karl-Heinz Wildmoser beiseiteschob und der kernige Urmünchner „So ein Tag“ anstimmte, habe sich die Menge beruhigen lassen. Heute wisse Ude, dass eine Fußballrede pro Satz nicht mehr als fünf Silben haben dürfe.
Amüsant schilderte Ude auch die Begegnung mit Kultstar Michael Jackson, der zur Stippvisite ins Münchner Rathaus kam. Nachdem der Aufzug leider außer Betrieb war, musste Michael Jackson nebst Delegation die Treppen bis in den zweiten Stock nehmen – zur Verwunderung Udes mit etlichen atemnotbedingten Pausen. Oben angekommen wurde dem Musikstar der damalige Oberbürgermeister Georg Kronawitter vorgestellt, den Jackson nach Udes Ohrenzeugenschaft völlig außer Atem und geradezu klassisch mit einem deutlichen „Hi!“ begrüßte.
Mit einem Augenzwinkern beäugte er die üblichen Wahlkampfrituale, bei denen Kandidaten „das Bad in der Menge“ suchten – unglücklicherweise aber oft bei allzu gezwungenen Parteifesten „die Menge“ einfach nicht auftauchen möchte. So müsse der Kandidat im Wahlkampf eben dafür mit dem „Schwabinger Toni“ vorlieb nehmen, einem Original, das weniger an politischen Aussagen, als am ausgeschenkten Freibier Interesse zeigte.
Man merkte Christian Ude an, dass er an diesem Abend sichtlich Spaß hatte. Voller Elan beackerte er die Bühne ganz im Stile eines geübten Stand-Up-Comedians und wurde nach der herbeiapplaudierten Zugabe von den begeisterten Zuhörern frenetisch bejubelt.
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