Sonntagsgedanken: Scheinbar schlau, aber …
Zwei Rheumakranke teilen sich in einer Spezialklinik das Zimmer. Der Arzt geht zum Einen, untersucht und behandelt ihn. Der Patient schreit auf, windet sich, fleht und klagt. Aber es muss eben sein, und nach der Tortur fühlt er sich allmählich wohler. Der Andere rührt sich überhaupt nicht. Da fragt der Erste den Zweiten: „Hattest Du etwa keine Schmerzen? Hat Dich das alles kalt gelassen?“ Der Zweite grinst schlau: „Ich habe dem Doktor doch nicht mein krankes Bein hingehalten.“
Nur vordergründig hat sich der Zweite klug verhalten. Die Belastungen der Behandlung sind ihm erspart geblieben, damit aber auch die Genesung. Wir Menschen machen es mit Gott ebenso: Wir weigern uns, Gott unsere kranke Seite hinzuhalten, damit er uns nicht wehtut. Wer sich überhaupt noch mit Gott befasst, missbraucht ihn meist nur als Objekt der philosophischen Spekulation oder als Automat. Gott soll uns wie der berühmte Geist aus der Flasche helfen, wenn wir ihn brauchen, sich dann aber schleunigst zurückziehen. Wie der Arzt aber seinem Patienten unangenehme Wahrheiten sagen, ja in wehtun muss, um ihm wirklich helfen zu können, so auch Gott. Wenn wir Gott nicht unsere negativen Gefühle vorlegen, unseren Neid, unsere Rechthaberei, unsere Gleichgültigkeit, kann er uns davon auch nicht befreien. Eine Wunde, die ausgewaschen und desinfiziert wird, brennt eben. So müssen auch wir immer wieder schmerzhaft erkennen, dass wir uns auf dem Holzweg befinden, dass wir anderen Unrecht getan haben, Gottes Gebote gebrochen haben. Wie jede Krankheit ihre besondere Behandlung braucht, vor allem aber Zeit, so geht auch Gott mit jedem von uns eigene Wege. Der Eine braucht einen Dämpfer, der Andere Ermutigung. Vielleicht verstehen wir Gottes Wege nicht immer, vielleicht fühlen wir uns von Gott manchmal ungerecht behandelt. Aber er meint es gut mit uns, will uns innerlich heilen, damit wir reif werden für seine neue Welt.
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Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
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