IHK-Pressemitteilung: Politik der türkischen Regierung verunsichert Handelspartner

IHK für Oberfranken Bayreuth verzeichnet Rückgang bei Ursprungszeugnissen

Nicht nur potentielle Türkei-Urlauber sind aufgrund der jüngsten Entwicklungen in der Türkei verunsichert, diese Verunsicherung beobachtet die IHK für Oberfranken Bayreuth auch bei ihren Mitgliedsunternehmen. „In einem solchen Umfeld ist es nicht überraschend, wenn sich oberfränkische Unternehmen bei Exporten und vor allem Investitionen zurückhalten“, so Sonja Weigand, Präsidentin der IHK für Oberfranken Bayreuth.

„Wir verzeichnen einen spürbaren Rückgang bei den beglaubigten Außenhandelsdokumenten für die Türkei“, stellt Dr. Hans Kolb fest, IHK-Bereichsleiter International. „Viele der oberfränkischen Unternehmen mit Geschäftskontakten in die Türkei sind verunsichert, es fehlt derzeit einfach ein positives Umfeld für vertrauensvolle Handelsbeziehungen oder gar Neuinvestitionen.“ Bernd Aßmann, Vorsitzender des IHK-Außenhandelsausschusses, bestätigt: „Die diplomatischen Spannungen belasten inzwischen auch den Handel zwischen beiden Ländern. Unsere oberfränkischen Exportunternehmen sind verunsichert.“ Insgesamt gibt es nach IHK-Informationen gut 100 Unternehmen, die regelmäßige Handelsbeziehungen mit der Türkei pflegen. Neben Textil- und Verpackungsmaschinen werden derzeit etwa Sondermaschinen und Extruder exportiert.

„Exportierte Waren werden von Ursprungszeugnissen oder bescheinigten Handelsrechnungen begleitet „, erläutert Kolb. „Diese spielen etwa eine Rolle bei der Anwendung von Vorzugszöllen, für Antidumpingmaßnahmen, im Rahmen von Akkreditiv-Geschäften oder bei der Überwachung von Einfuhrbeschränkungen.“ Über 36.000 solcher Außenhandelsdokumente hat die IHK für die weltweiten Aktivitäten oberfränkischer Unternehmen alleine im vergangenen Jahr ausgestellt.

Entwicklung in der Türkei mit Sorge beobachtet

Aßmann beobachtet die aktuelle Entwicklung in der Türkei mit Sorge. „Politische und in Folge davon auch wirtschaftliche Risiken verunsichern unsere Unternehmen. Eingeschränkte Exportkreditversicherungen und Investitionsgarantien werden die Zurückhaltung der Unternehmen noch verstärken. Auch ist zu beobachten, dass sich viele deutsche Banken aus dem längerfristigen Geschäft zurückziehen.“ Er betont aber auch, dass die Mehrzahl der Geschäftskontakte nach seinen Beobachtungen im normalen Umfang weiter laufen. Aßmann: „Beim Maschinen- und Anlagenbau etwa sind derzeit weder bei den Exporten, noch bei den Investitionen Rückgänge zu verzeichnen.“ Dies könne aber auch auf langfristige Verträge bei diesen Investitionen zurückzuführen sein.

21 Prozent Exportrückgang gegenüber 2016

In den ersten fünf Monaten des Jahres 2017 brach das Exportvolumen bayerischer Unternehmen beim Türkeigeschäft gegenüber dem Vorjahr um 21 Prozent ein. Dies entspricht einem Rückgang um 290 Millionen auf 1,12 Milliarden Euro. Für Oberfranken werden diese Daten nicht separat erfasst, der prozentuale Rückgang dürfte aber in einer ähnlichen Größenordnung liegen. Aßmann: „Hält man sich vor Augen, dass die bayerischen Unternehmen gegenüber 2016 weltweit einen Exportzuwachs von sechs Prozent verzeichnen, wird der Einbruch des Türkei-Geschäftes erst richtig deutlich.“ Der Anteil des Türkeigeschäftes an den gesamten bayerischen Ausfuhren sank gegenüber dem Vorjahr von 1,9 auf 1,4 Prozent.

Zum Vergleich: Die Exporte nach Ungarn wuchsen im gleichen Zeitraum um 19 Prozent, die nach Russland sogar um 35 Prozent, so dass beide Länder in den vergangenen Monaten als Abnehmerländer für bayerische Produkte an der Türkei vorbeiziehen konnten. In der Liste der wichtigsten Abnehmerländer fiel die Türkei daher von Rang 16 auf Rang 18 zurück.

Kolb rät bei notwendigen Reisen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in die Türkei vor Ort engen Kontakt zur deutschen Botschaft oder dem deutschen Konsulat zu halten und die Reisehinweise des Auswärtigen Amtes zu beachten. Kolb: „Wenn möglich, empfiehlt es sich derzeit außerdem, Besprechungen mit türkischen Geschäftspartnern vorerst in Deutschland abzuhalten.“ Er rät aber auch, bestehende gute zwischenmenschliche Beziehungen zu türkischen Geschäftspartnern unbedingt weiter zu pflegen.