Neue Großspenden für das Deutsche Kameramuseum in Plech

Seit Pfingstsonntag neu im Deutschen Kameramuseum in Plech: Fast 40 Kartons und Koffer aus der Sammlung Christoph Zimmermann - voll mit 133 Filmkameras, 21 Filmprojektoren, drei Filmbetrachtern, zwei Bespurungsgeräten, einem Titelgerät, drei Unterwassergehäusen für Filmkameras und vielem mehr... Foto: Deutsches Kameramuseum
Seit Pfingstsonntag neu im Deutschen Kameramuseum in Plech: Fast 40 Kartons und Koffer aus der Sammlung Christoph Zimmermann - voll mit 133 Filmkameras, 21 Filmprojektoren, drei Filmbetrachtern, zwei Bespurungsgeräten, einem Titelgerät, drei Unterwassergehäusen für Filmkameras und vielem mehr... Foto: Deutsches Kameramuseum

Viele „exotischer“ Hersteller, aber auch bekannte Namen unter den neuen Exponaten

Mit großzügigen Spenden hat das Deutsche Kameramuseum seit Jahren reichlich positive Erfahrungen gemacht. Nicht selten werden der Plecher Einrichtung antike Kameras und wertvolle Projektoren, ganze Bibliotheken mit Zeitschriften und Fachbüchern oder erlesene Einzelstücke von der Leica bis zur Hasselblad kostenlos überlassen. Der Wert solcher einzelnen Spenden – genauer gesagt: solcher Zustiftungen zur fiduziarischen Stiftung Kameramuseum – kann schon mal schnell mehrere tausend Euro erreichen. Aber was die Museumsmacher um den früheren Pegnitzer Journalisten Kurt Tauber (66) jetzt gleich zweimal erlebten, stellt alle bisherigen freudigen Überraschungen in den Schatten.

Es fing im Mai 2017 damit an, dass ein jung gebliebenes, sportlich aussehendes Rentner-Ehepaar an einem Sonntag das Kameramuseum in Plech besuchte, sich interessiert die Ausstellung anschaute und zum Abschied ein unscheinbares Karteikästchen aus Holz mit etwa 250 Fotos von Kameras auf den Empfangstresen stellte mit der eher beiläufig gemachten Bemerkung, man möge sich die Bilder mal anschauen, ob man damit etwas anfangen könne. Museumsleiter Tauber, der die Farbfotos im Format 9 x 13 cm noch am selben Abend aufmerksam sichtete und sortierte, kam schon bei der ersten Durchsicht aus dem Staunen nicht mehr heraus. Neben Bildern von Dutzenden durchaus sammelwürdigen und ehemals teuren Fotogeräten stieß er auf eine Vielzahl von Abbildungen von Apparaten, die er noch nie „live“ gesehen hatte und von deren Existenz er bis dahin allenfalls in Fachbüchern gelesen hatte. So identifizierte er anhand seiner Kameranachschlagwerke einige äußerst rare Plattenkameras aus England und den USA mit Herstellernamen, von denen der erfahrene Sammler noch nie etwas gehört hatte.

Manche unscheinbar aussehende Kamera entpuppte sich bei der nächtlichen Recherche als wahres Kleinod, manches Messingobjektiv, das vor allem durch seine Größe und sein Gewicht aufgefallen war, stand als begehrtes Objekt in den Auktionskatalogen seriöser internationaler Häuser. Ein einziges Voigtländer-Objektiv von etwa 1890, das dem Museum angeboten wurde, fand, wie Tauber im Internet entdeckte, vor kurzem für mehr als 1.800 Euro bei einem internationalen Auktionshaus einen neuen Besitzer und wurde für über 2000 Euro von Händlern angeboten.

Kurt Tauber: „Ich war elektrisiert, zumal ich noch gar nicht genau wusste, ob die Besitzer diese Kleinodien uns verkaufen oder sogar schenken wollten.“ Am nächsten Tag rief Tauber aufgeregt die geheimnisvollen Besucher an und erfuhr nach wenigen Minuten, dass die Erbin der Fotoschätze, Birgit Rötger-Schurz aus Spalt, die Sachen dem Museum stiften wollte. Ohne Wenn und Aber. Die Besichtigung des Museums am Vortag hatte ihr und ihrem Mann Helmut Schurz die Gewissheit vermittelt, dass die wertvolle Sammlung in Plech gut aufgehoben sein würde. Wenige Tage später unternahmen Tauber und eine Museumsmitarbeiterin einen Ausflug an den Brombachsee nach Gunzenhausen – und waren erst einmal geplättet von den Schätzen, die sie fein aufgereiht, geordnet und beschriftet in den Vitrinen im Wohnzimmer, im Herrenzimmer, im Büro im Keller und im hauseigenen Heimkino des 2009 verstorbenen Sammlers entdeckten. Taubers schon hohe Erwartungen wurden noch weitaus übertroffen.

Es warteten noch mehr, noch exotischere, noch schönere Sammlungsstücke auf die Museumsleute als zu erahnen war. Mit Dutzenden der wertvollsten und interessantesten Apparate im Gepäck – die erste „Rate“ – machte sich Tauber auf den Heimweg. Nach zwei weiteren Fahrten stand das Treppenhaus des Kameramuseums voll mit den unverhofften Neuzugängen, die jetzt erst einmal sortiert, katalogisiert und fotografiert werden müssen. Gezählt hat sie noch niemand. Für Sammler als Apetitanreger hier nur ein paar Namen (viele dieser Kameras sind übrigens bereits auf der Museums-Homepage zu bewundern unter http://tinyurl.com/roetger : Dr. Krügener Delta-Magazinkamera, Ica Trilby, Plattenkamera Edelweiss, Zeiss Ikon Cocarette II Luxus, Leitz Leica II mit Objektiv Hektor, Kodak Folding No. 4 Improved, „Tapeten-Rollei“, Baby-Rolleiflex 4 x 4, Ray No. 1, Kershaw Eight-20 Penguin, Plaubel Makina, Robot Royal 36 Modell III, Feinwerk MEC 16 SB, Ica Atom…

Manche Photographica-Sammler konzentrieren sich nur auf Miniaturkameras, andere sind den oft klobigen Polaroid-Kästen mit Haut und Haaren verfallen oder interessieren sich ausschließlich für Rollfilmkameras von Kodak. Der 2009 mit 89 Jahren verstorbene Gunzenhäuser Fotohändler, Filmer und Augenoptiker Heinz Rötger blieb auch in seiner Freizeit seinem Metier treu und sammelte zeitlebens alles, was mit seinem Beruf zu tun hatte: Fotoapparate aller Arten und aller Epochen, Brillen, Ferngläser, Projektoren, Fachbücher, Bildbände, Zeitschriften.

Als seine Witwe 2017 starb, stiftete seine Tochter Birgit Rötger-Schurz die Fotoapparate dem Deutschen Kameramuseum in Plech, wo die Highlights der bemerkenswert breit aufgestellten Sammlung – mehrere hundert Teile von der Leica bis zur Laterna Magica, von Miniaturkameras bis zu antiken Blitzgeräten – Eingang in die Dauerausstellung finden.

Nicht ganz so umfangreich von den Stückzahlen her, aber ebenso „gewichtig“ – nach Kilogramm bemessen – ist die Zustiftung, die ebenfalls vor wenigen Tagen im Deutschen Kameramuseum per Kleintransporter eintraf: Christoph Zimmermann aus Mönchengladbach spendete dem Plecher Museum seine Schätze aus dem Bereich Filmkameras und Filmprojektion – fast 40 Umzugskartons und Koffer voll mit seltenen Geräten, von denen die Museumsleute bisher nur einige Fotos und ihre Namen kennen: 133 Filmkameras, 21 Filmprojektoren und zentnerweise Zubehör. Tauber: „Nach dem ersten ‚Schreck‘ über die schiere Menge der Exponate haben wir jetzt doch Möglichkeiten gefunden, die Schätze erst einmal zwischenzulagern. ‚Erforscht‘ werden können sie vermutlich erst im Herbst und Winter“. Wenn bis dahin die Gunzenhäuser Neuzugänge verarbeitet sind…

Die ersten prominenten Neuzugänge sind übrigens schon am langen „Foto-Wochenende“ (15. bis 18. Juni 2017) im Kameramuseum zu bestaunen. Bei diesem zweiten Plecher Fotofestival stehen kostenlose Workshops, eine große Fotobörse in der Mehrzweckhalle (Sonntag, 18. Juni), eine Ausstellungseröffnung (18. Juni), die Inbetriebnahme einer Riesen- Box-Kamera (Negativformat: 40 x 50 cm) sowie die Digitalisierung von Super-8-Filmen auf dem bunten Programm.

Mehr dazu auf der Homepage des Museums: www.kameramuseum.de