Der Fränkische-Schweiz-Verein wird 70

Die erste Jugendherberge der Fränkischen Schweiz wurde vom FSV 1921 gebaut und unterhalten. 1924 waren schon 3000 Schüler zu Gast.
Die erste Jugendherberge der Fränkischen Schweiz wurde vom FSV 1921 gebaut und unterhalten. 1924 waren schon 3000 Schüler zu Gast.

Vor 70 Jahren, am 5. Juli 1947 wurde im Parkhotel von Muggendorf, dem heutigen Rathaus, der Fränkische Schweiz-Verein wieder gegründet, nachdem er in der Nazizeit, von 1934 an, nicht mehr existierte und sogar aus dem Vereinsregister gelöscht worden war. Seither hat sich einiges getan in der Region, dank dem mittlerweile größten Verein der Fränkischen Schweiz mit seinen knapp 7000 Mitgliedern.

Die Ausgangslage für den Fränkische Schweiz-Verein (FSV) war bei der Wiedergründung denkbar schlecht. Mehr als 2000 Flüchtlinge blockierten noch zahlreiche Hotels und Gasthöfe, viele weitere Flüchtlinge hatten teils miserable private Unterkünfte. Es gab nicht genug von allem für alle. Zusätzlich sorgte die im Krieg begonnene „Kinderlandverschickung“ für weitere unfreiwillige Gäste. Viele Ortsvereine waren im Zuge der Gleichschaltung aufgelöst worden und für die wenigen Mitglieder fehlte es an Organisation und Zusammenhalt. Erst nach und nach kam alles wieder „in die Gänge“. Heimat- und Verschönerungsvereine hat man wieder belebt, Büros besetzt, die dörfliche Infrastruktur wieder hergestellt.

Der „Landesfremdenverkehrsverband Nordbayern“ heute Tourismusverband Franken, ist als einer der ersten in Bayern 1946 wieder gegründet worden und er ging auf die Suche nach touristischen Partnern in den fränkischen Regionen. Der FSV war einer davon. Schon vor dem Krieg arbeitete er mit dem Fränkischen Verband zusammen; man kannte sich. 1951 kam es noch zur Gründung des „Gebietsausschuss Fränkische Schweiz“, einem Zusammenschluss der wichtigsten touristischen Gemeinden, um in den Genuss staatlicher finanzieller Fördermittel zu kommen. Heinrich Uhl, seit 1951 Chef des FSV wurde auch zum Gebietsobmann gewählt. Eine Doppelfunktion, die jener bis 1962 ausübte. Erst dann haben sich der FSV und der Gebietsausschuss personell und auch ideell getrennt. Der eine Verein setzte sich für den Tourismus ein, der andere für die dazu notwendige Infrastruktur. Der Hauptwegemeister Leo Jobst aus Pegnitz machte aus dem FSV in den Folgejahren einen Wanderverein. Der Ausbau des Wanderwegenetzes stand bei ihm ganz oben auf der Agenda und ist es bis heute geblieben. Mittlerweile ist das Wegenetz auf rund 4000 Kilometer Länge angewachsen. Vorläufiger Höhepunkt: zwei zertifizierte Premiumwege (besonders ausgebaute und interessante Wanderwege), der Frankenweg und der Fränkische Gebirgsweg durchkreuzen die Region.

Als zweites FSV-Standbein entpuppte sich in den 60er Jahren die Kultur. Es gründete sich ein Kulturausschuss, der in den Folgejahren mit der Trachtenpflege, der Volksmusik und dem Fränkischen Bauen neue Arbeitskreise ins Leben rief. Der „Schmuckziegel“ wurde für besonders ortstypische Bauweise vergeben und ein „Kulturpreis“ geschaffen, der an besonders heimatkundlich aktive Ehrenamtliche verliehen worden ist. 1974 kam die „Volkstumspflegestätte“ in Morschreuth hinzu, bei der die Bauernmalerei anfangs im Vordergrund stand. Heute werden mit Hilfe der VHS Forchheim, neben dem ursprünglichen Angebot unter anderem auch Trachtennähkurse – seit neuestem auch für Männer – angeboten. Seit 1976 gibt es auch einen „Heimattag für die Fränkische Schweiz“. War es früher ein Tag der Vereinsdarstellung, so wurde daraus vor allem der Festzug als zuschauerfördernde Einrichtung gemeindlicher Jubiläumsfeiern. In diesem Jahr wird er zum 26. Mal stattfinden; anlässlich des Ortsjubiläums „1000 Jahre Hollfeld“. 1979 entwickelte sich der Arbeitskreis Heimatkunde, der einerseits eine Bücherei mit allen verfügbaren heimatkundlichen Schriften aufbaute, andererseits auch 40 neue Bücher initiierte und finanzierte, die sich mit der Heimat der Fränkischen Schweiz befassen. Als vorerst letzte überregional bedeutende Einrichtung hat der Kulturkreis die Gründung eines Heimatmuseums angestoßen. Daraus wurde das Fränkische-Schweiz-Museum, welches 1985 in Tüchersfeld offiziell eröffnet werden konnte. Die 90er Jahre waren geprägt vom Grundgedanken des ersten Nachkriegsvorstandes: Erhalt der schönen Landschaft. Der FSV kürte sich zum Verfechter der Felsfreilegung, im Naturparkverein Fränkische Schweiz-Veldensteiner Forst fand er einen kompetenten Mitstreiter. Gemeinsam veränderten sie das Landschaftsbild der Region bis auf den heutigen Tag.

Das 21. Jahrhundert hat den FSV kalt erwischt. Es fing noch gut an mit der 100 Jahr-Feier des Vereins in Pottenstein 2001. In den Folgejahren wurden jedoch die gesellschaftlichen Veränderungen auch im Vereinsleben immer mehr sichtbar: Es fehlt seither „hinten und vorn“ an ehrenamtlichem Engagement. Zuerst traf es den Arbeitskreis Bauen und Gestalten; er liegt mangels Personal am Boden; ebenso der Arbeitskreis Volksmusik. Er sucht einen Leiter, der sich um die 80 Volksmusikgruppen kümmert. Die Arbeitskreise Natur- und Landschaftsschutz, Höhle und Karst und der Naturschutz suchen ebenso händeringend nachfolgende Leiter und auch der Arbeitskreis Heimatkunde sucht. Dessen bisheriger Leiter wird bald 80 Jahre alt und denkt daher ans Aufhören. Außerdem wird ein Leiter des Naturausschusses gesucht; ein wichtiger Vorstands-Posten, der auch vakant ist. Ein weiteres Problem ist die Jugendarbeit. Hier fehlt es an Leitung und an Jugendlichen, die gemeinsam etwas unternehmen wollen und so langsam in die Vereinsarbeit hineinwachsen. In den 45 Ortsgruppen „rumort“ es ebenfalls. Überall das gleiche Bild: Es werden Nachfolger für aus Altersgründen ausscheidende Vorstände gesucht, aber es findet sich keiner, der den Job übernehmen will. Ist der FSV noch zeitgemäß oder doch schon überflüssig? Diese Frage sollte baldmöglichst auf breiter Ebene diskutiert werden, auch am 70. Geburtstag der Wiedergründung.

Info:

Aus dem neunseitigen Wiedergründungsprotokoll von 1947 lässt sich heraus lesen, welche Gründe und Hoffnungen damals für die FSV-Vereinsgründung sprachen. Landrat Rudolf Eberhardt, der Motor der Wiedergründung und damalige Chef des Kreises Ebermannstadt wollte den Flüchtlingsstrom endgültig stoppen und den Tourismus als wichtigen Wirtschaftsfaktor wieder ankurbeln. Das sah auch der damalige Regierungspräsident Dr. Hans Schregle so. Er wollte der Region mit dem Tourismus eine neue Einnahmequelle verschaffen, „weil die karge Scholle nichts hergibt“, so seine Begründung. Das Landratsamt in Pegnitz hoffte, mit der Wiedergründung könne die miserable Straßensituation in ihrem Bereich verbessert werden. Die Stadt Bayreuth knüpfte zusammen mit der Deutschen Post an „die früher hervorragende Zusammenarbeit“ vor allem in Bezug auf die Verkehrsanbindung an und hoffte auf eine neue Belebung von Eisenbahn- und Postbuslinien. Und die Deutsche Bahn war der Meinung: „die Leute brauchen Erholung nach den Strapazen des Krieges“, weshalb sie am liebsten jede Menge Sonderzüge in die Fränkische Schweiz schicken wolle – was dann auch geschah. Der frisch gewählte Vereinsvorstand und Wirt der Pulvermühle, Johann Bezold, verschrieb sich „dem Erhalt der schönen Landschaft“. Womit er richtig lag. Noch heute nennen Touristen die romantische Landschaft als wichtiges Kriterium für einen Urlaubsbesuch.

Das ganze Protokoll und noch viel mehr ist auch online verfügbar unter: www.fsv-ev.de/heimatkunde/vereinsberichte.html

Reinhard Löwisch