Universität Bayreuth: Bayreuther Forscher dringen tief ins Weltall vor

Symbolbild Bildung

Planeten außerhalb unseres Sonnensystems

Mehr als 3.500 Planeten außerhalb unseres Sonnensystems sind bisher bekannt, dazu zählen seit gestern auch sieben erdähnliche Planeten in einer Entfernung von fast 40 Lichtjahren. Wie sind diese „Exoplaneten“ aufgebaut, wie sind sie entstanden? Das will die neue, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Forschergruppe „Materie im Inneren von Planeten“ herausfinden. Das Bayerische Geoinstitut der Universität Bayreuth ist mit drei Projekten an diesem interdisziplinären Verbund beteiligt, der in den nächsten drei Jahren eine Fördersumme von rund zwei Millionen Euro erhält.

Die im BGI angesiedelten Technologien der Hochdruck- und Hochtemperaturforschung sind für die geplanten Forschungsarbeiten unentbehrlich. Denn die Drücke im Innern von Exoplaneten sind in der Regel um ein Mehrfaches höher als im Erdinnern, es herrscht eine Hitze von mehreren Tausend Grad Celsius. Solche Bedingungen lassen sich in den Bayreuther Laboratorien nachahmen – und zwar mit Hilfe von Diamantstempelzellen, in denen Materialproben über längere Zeit extremen Drücken ausgesetzt werden. 2016 hatte Prof. Dr. Leonid Dubrovinsky, der eines der drei neuen Projekte leitet, mit speziellen Diamantstempelzellen den Weltrekord von mehr als 1 Terapascal (1 Billion Pascal) aufgestellt. Zusammen mit seinem Forscherteam am Bayerischen Geoinstitut (BGI) will er nun untersuchen, wie sich die Hauptbestandteile von Exoplaneten – vor allem Magnesiumoxid, Silikate, Wasser, Methan und Ammoniak – unter extremen Bedingungen verhalten. „Besonders interessant sind Erkenntnisse zu Phasenübergängen in Mineralien und in molekularen Systemen. Sie können uns helfen, den inneren Aufbau von Planeten in den Tiefen des Weltalls besser zu verstehen“, erläutert Dr. Hauke Marquardt, der ein weiteres Projekt aus der Hochdruckforschung in die neue DFG-Forschergruppe einbringt. Am BGI leitet er seit drei Jahren eine Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe.

Neue empirische Daten zu gewinnen, ist nicht der einzige Bayreuther Forschungsbeitrag. Dr. Gerd Steinle-Neumann wird zusammen mit seiner Arbeitsgruppe am BGI die Ergebnisse der Hochdruck-Experimente durch theoretische Modellierungen ergänzen. „Bei diesen Forschungsarbeiten gehen wir von dem aus, was wir über die Planeten unseres eigenen Sonnensystems wissen. Um von hier aus Rückschlüsse auf Exoplaneten ziehen zu können, wollen wir innerhalb der Forschergruppe leistungsstarke Verfahren entwickeln. Dabei arbeiten wir mit Hochleistungsrechnern, die riesige Datenmengen miteinander verknüpfen können und unter anderem auch hier in Bayreuth zur Verfügung stehen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit in unserer Gruppe umfasst Theorie, Modellierung und Experimente“, sagt Steinle-Neumann und betont: „Wohl noch nie haben Physiker, Chemiker und Materialwissenschaftler in Deutschland so eng bei der Erforschung von Planeten außerhalb unseres Sonnensystems kooperiert.“

Spitzenforschung im Verbund

Bei ihren Hochdruck-Experimenten werden die Bayreuther Wissenschaftler mit Partnern am Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY und am Europäischen Röntgenlaser XFEL in Hamburg zusammenarbeiten. „Wir werden dabei an frühere, sehr erfolgreiche Kooperationen anknüpfen können“, meint Prof. Dubrovinsky. In den letzten Jahren haben Bayreuther Forscher die DESY-Laboratorien wiederholt genutzt, um Materialproben unter hohem Druck und hohen Temperaturen zu charakterisieren. „Mit dem European XFEL, der im Herbst 2017 seinen Betrieb aufnimmt, werden wir in Deutschland schon bald auf eine einzigartige Spitzentechnologie zugreifen können“, ergänzt der Bayreuther Geowissenschaftler. Des Weiteren ist das DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin an den Arbeiten der neuen Forschergruppe beteiligt, die Gesamtleitung liegt bei der Universität Rostock.

Informationen zum materialwissenschaftlichen Hochdruckrekord an der Universität Bayreuth und den hier entwickelten Diamantstempelzellen:
www.uni-bayreuth.de/de/universitaet/presse/pressemitteilungen/2016/116-rekord-hochdruckforschung/

Homepage des Bayerischen Geoinstituts (BGI):
www.bgi.uni-bayreuth.de/