Artikelserie: Energiewende ja – aber wie? 63. Dezentralisierung durch Eigenversorgung – Verbesserung der Autarkie
In den letzten Kapiteln hatten wir gesehen, wie sich die Autarkie über ein Jahr entwickelt (Kapitel 59). Speziell in den Wintermonaten ist die Autarkie nur etwa 15% bis 20%. Dies bedeutet auch, dass die Batteriekapazität des Energiespeichers der PV-Anlage auch nur zu 15% bis 20% genutzt wird. Lässt sich das verbessern?
Einige Hersteller von Energiemanagementsystemen bieten Geräte mit einem zusätzlichen Anschluss für eine alternative Stromeinspeisung zum Aufladen der PV-Speicherbatterie an. Im Prinzip eignet sich hierfür jede beliebige Energiequelle, z.B. Strom aus:
- einer Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) gekoppelt mit der Heizung.
- Wind- oder Wasserkraft.
- einem Notstromaggregat.
- dem übergeordneten Stromnetz
Zu 1: Da die sonnenarmen Wintermonate auch die Heizperiode sind, wäre hier die Kombination mit einer KWK vorteilhaft. Der KWK-Gedanke ist nicht neu, denn jedes Großkraftwerk erzeugt mehr Wärme als Strom, die aber mangels Abnehmer nicht genutzt werden kann (s.a. Kapitel 9), und deshalb in Flüsse oder die Atmosphäre abgeleitet wird. Jedoch bei kleineren Kraftwerken, welche elektrische Energie und Wärme nur für eine kleine Region bereitstellen, etwa eine Ortschaft, Gemeinde oder größere Wohnsiedlung (s.a. Bioenergiedörfer, Kapitel 36,40), sieht dies schon besser aus. In solchen begrenzten Regionen findet man genügend Abnehmer für diese (Verlust-)Wärme und die Entfernungen erlauben es auch, diese Wärme ohne große Verluste verteilen. Diese speziellen Kraftwerke werden auch „Blockheizkraftwerk“ (BHKW) genannt. Die Entwicklung/Miniaturisierung dieser Technik stellt mittlerweile Systeme zur Verfügung, die auf den Heizbedarf einzelner Wohnhäuser optimiert sind. Details hierzu in der „BHKW Infothek https://www.bhkw-infothek.de/
Derartige Heizsysteme werden mit Gas betrieben. Sie erzeugen mit einer Brennstoffzelle oder einem sog. Stirlingmotor elektrische Energie kleiner Leistung, etwa 0,5kW bis 1kW. Die Abwärme dieser Stromerzeugung wird in das Heizungssystem des Hauses geleitet. Die elektrische Energie lädt über den oben erwähnten zusätzlichen Anschluss des Energiemanagementsystems die Speicherbatterie der PV-Anlage auf. Die kleine Leistung ist völlig ausreichend, um die Batterie ständig auf einem hohen Ladezustand zu halten, so dass die gesamte Hausinstallation hierüber betrieben werden kann, wie im Sommer über die PV-Anlage.
Die Abwärme dieser Stromerzeugung reicht aus, je nach thermischer Qualität des Hauses, dieses in den Übergangszeiten mit ausreichend Wärme zu versorgen. Wird der Wärmebedarf größer, wird für das Heizungssystem ein zusätzliches Heiz-Aggregat zu geschaltet.
Zu 2: Wind- oder Wasserkraft sind allerdings Energiequellen, die einem einzelnen Privathaushalt nur selten zur Verfügung stehen. Es sei denn, auf kommunaler Ebene werden solche Überlegungen in die Planung der Erschließung von Wohnsiedlungen mit eingebunden. So können z.B. mit Kleinwindanlagen oder kleinen Wasserkraftanlagen die regional vorhandenen Energiespeicher, z.B. von PV-Anlagen, gepuffert werden. Hierzu mehr in einem späteren Artikel.
Zu 3: Notstromaggregate sind ebenfalls für diese Zusatzeinspeisung geeignet. Für den ungestörten Normalbetrieb ist dies allerdings unwirtschaftlich. Der Kraftstoff, um 1 kWh elektrisch mit dem Notstromaggregat zu erzeugen, ist teurer als die 1 kWh direkt aus dem Netz zu beziehen. Der Vorteil liegt in der erforderlichen Größe des Notstromaggregates im Notfall/Netzausfall. Soll die Hausinstallation direkt mit dem Notstromaggregat betrieben werden, so ist ein Gerät mit einer Spitzenleistung von ca. 3 kW erforderlich. Soll mit dem Notstromaggregat jedoch nur die Batterie der PV-Anlage aufgeladen und während des Netzausfalls gepuffert werden, so reicht eine Geräteleistung von 0,5 bis 1 kW, ähnlich wie bei den oben beschriebenen Heizungsanlagen. Der Vorteil liegt also in den geringeren Investitionskosten.
Zu 4: Wie bei 3) ist dies für den ungestörten Normalbetrieb keine wirtschaftliche Lösung. Der einzige Vorteil dieser Schaltung ist, dass man bei dem seltenen Fall eines Netzausfalls gleich zu Beginn einen voll aufgeladenen Energiespeicher für den Notbetrieb zur Verfügung hat.
In den letzten Kapiteln haben wir gesehen, wie vielseitig die PV-Systeme für den Eigenbedarf sind, so dass praktisch für jeden Haushalt ein bedarfsgerechtes Optimum gefunden und eingestellt werden kann. Dies setzt natürlich die genaue Kenntnis des jeweiligen Systems und seiner Möglichkeiten voraus, d.h. dies ist eine Aufgabe für Spezialisten. Kapitel 58 (bzw. die Internetseiten http://bit.ly/2bVaZs0 und http://bit.ly/1rYywgF) enthalten Hinweise auf die namhaften Hersteller solcher Systeme. Über die Internetseite des jeweiligen Herstellers findet man auch lokale Fachfirmen, die sich mit dem jeweiligen System bestens auskennen. Auch dies ist ein maßgeblicher Gedanke der dezentralisierten Energiewende, dass die Leistungen von lokalen Firmen erbracht werden und nicht von bundesweit agierenden Großunternehmen.
Auch die Ausrichtung der Dachflächen (bisher vorzugsweise Süd) ist für Ertrag und Wirtschaftlichkeit kein entscheidender Faktor mehr. Bei einer Ausrichtung des Dachfirstes in Nord-Süd-Richtung kann man die PV-Module auf die Ost- und Westfläche verteilen, und man hat mehr Dachfläche zur Verfügung. Die Ostfläche hat jetzt ihr Ertragsmaximum in den späten Vormittagsstunden, Die Westfläche in den frühen Nachmittagsstunden. Die extreme Mittagsspitze entfällt, die ohnehin häufig nicht genutzt werden kann. Der Gesamtertrag ist nahezu unverändert, nur gleichmäßiger über den Tag verteilt. Dies auf den speziellen Bedarfsfall zu optimieren, ist ebenfalls eine Aufgabe für die Spezialisten der Lieferanten.
Hiermit soll das Thema „Energiewende von Unten“ zunächst abgeschlossen sein. In den folgenden Kapiteln werden wir einige Aspekte der „Energiewende von Oben“ betrachten.
Dieter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www.bfb-energie.de
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