Frieren Fische im Winter? Interview mit dem Leiter der Fachberatung für Fischerei des Bezirks Oberfranken
Ein strenger Winter hat in den letzten Wochen Einzug gehalten und Väterchen Frost lässt uns zittern. Auch draußen in der Natur ist es still geworden. Viele Tiere haben sich in den Winterschlaf verkrochen. Aber was machen unsere Fische eigentlich im Winter? Frieren sie oder schlafen sie ebenfalls? Sie kommen sie mit der Kälte zu Recht? Was tun sie, wenn die Gewässer mit dicken Eisschichten bedeckt sind? Wir sprachen mit Dr. Thomas Speierl von der Fachberatung für Fischerei des Bezirks Oberfranken.
Herr Dr. Speierl, ist Fischen eigentlich bei diesen frostigen Temperaturen auch kalt?
Dr. Speierl: Unsere heimischen Fische sind an die Kälte gut angepasst. Sie sind wechselwarme Tiere und haben ihren ganz eigenen Kälteschutz. Das bedeutet, dass sie ihren Kreislauf an die Temperatur des Wassers anpassen.
Unsere heimischen Arten haben aber natürlich auch unterschiedliche Vorlieben für die Wassertemperatur. Nehmen wir zum Beispiel den Karpfen. Wenn im Sommer das Wasser um die 20°C warm ist, ist er topfit. Er schwimmt aktiv herum, frisst und nimmt an Gewicht zu. Zu Beginn des Winters, wenn die Wassertemperatur auf 4°C fällt, gehen seine Herzschläge auf drei bis sechs Schläge pro Minute zurück. Er verfällt in eine Art Winterstarre. Dadurch verbraucht er sehr viel weniger Energie und er kommt über den Winter auch ohne Nahrung aus. Natürlich sollte er in seiner Winterstarre nicht gestört werden. Neben dem Karpfen halten auch andere Weißfischarten, wie z. B. das Rotauge und die Brachse, eine Art Winterstarre. Sie suchen sich dabei die tiefsten und ruhigsten Stellen in den Gewässern aus, meist nahe am Grunde des Teichs oder Sees, oder wandern in den Bächen und Flüssen in geschützte Gewässerabschnitte wie Altarme oder tiefe Gumpen.
Manche Fischarten graben sich sogar in den Boden ein und halten quasi einen Winterschlaf, wie die Schleie, die nach dem Winter förmlich ausgehungert und abgemagert ist. Auch Aal und Wels graben sich am schlammigen Grund ein, so dass nur der Kopf aus dem Gewässergrund ragt. Andere Fischarten, wie Barsch, Zander und Hecht, ziehen am Gewässergrund in kleinen Schwärmen gemächlich umher.
In unseren Bächen und Flüssen sind die Temperaturen im Winter etwas höher als in einem See oder Teich. Durch Wasserverwirbelungen wird das Wasser besser mit Sauerstoff angereichert. Unseren Bachforellen und Äschen sind darauf besonders gut eingestellt und Sie sind auch bei kühlerem Wasser noch aktiv.
Wo halten sich die Fische auf, wenn die Eisdecke über ihrem nassen Zuhause weiter wächst?
Dr. Speierl: Kühlt sich die Luft zum Winter hin ab, sinkt auch die Wassertemperatur. Bei 0°C wird das Wasser fest und es gefriert. Das Eis bildet auf dem stehenden Wasser sozusagen eine Isolierschicht, so dass kalte Luft einen See oder Teich mit mehr als einem Meter Wassertiefe nicht bis zum Grund durchfrieren lassen kann. Am Grund des Sees oder Teiches sind es immer noch 4°C. Ansonsten kann es passieren, dass das Wasser mitsamt den Fischen komplett durchfriert. Sobald sich in ihrer Körperflüssigkeit Eiskristalle bilden, sterben sie, unabhängig davon, wie stark sie ihren Stoffwechsel heruntergefahren haben.
Stehende Gewässer und Altwässer sollten trotzdem eine eisfreie Stelle besitzen, damit an dieser Stelle mögliche Fäulnisgase abziehen können ansonsten kann es unter dem Eis zu einem Fischsterben kommen.
Die Teichwirtschaft nutzt spezielle Winterungsteiche. Diese sind ausreichend tief und haben in der Regel eine gute Wasserversorgung bzw. Durchströmung. Damit wird ein mögliches durchfrieren der Fische verhindert und für eine ausreichende Sauerstoffversorgung gesorgt. Störungen durch das Begehen oder Befahren des Eises müssen unbedingt vermieden werden. Das schreckt die Fische auf und kostet ihnen viel Energie, so dass sie möglicherweise absterben. Auch der Biber kann erhebliche Störungen in Winterungsteichen verursachen.
Bei der andauernden Frostperiode können auch kleinerer Bäche komplett durchfrieren. Es bildet sich Grundeis. Das ist dann ein Problem für die Fische, insbesondere in den kleineren Oberläufen von Bächen und Flüssen, insbesondere in den oberfränkischen Mittelgebirgen, wie beispielsweise im Landkreis Bayreuth in der Warmen Steinach.
Was sind die größten Probleme für die Fische in unseren Gewässern bei diesen eisigen Temperaturen?
Die Fische sollten aktuell in ihrer Winterruhe bzw. Winterstarre in Ruhe gelassen und geschont werden. Jede Störung belastet ihren Stoffwechsel und stresst sie, mit möglicherweise tödlichen Ausgang. Demnach sollten Teiche, insbesondere Winterungsteiche nicht zum Schlittschuhlaufen genutzt werden. Störungen an den Teichen können auch vom Biber ausgehen. Die Teichwirte sollten besonders an ihren Winterungsteichen nach möglichen Bibern Ausschau halten. Bei Problemen führt der Weg zum zuständigen Landratsamt und die Fachberatung für Fischerei.
Große Probleme bereiteten in den letzten Wochen auch die starken Kormoraneinfälle an vielen oberfränkischen Fließgewässern, wie z. B. im Wiesenttal oder im Aischgrund. Die Teiche und Seen sind zugefroren und die Kormorane ziehen jetzt an die noch eisfreien Bäche und Flüsse. Dort jagen sie in größeren Gruppen. Ein Kormoran frisst am Tag ein halbes Kilo Fisch. Da kann man sich vorstellen, dass es dann im Frühjahr in manchen Gewässern sehr leer sein kann. Darum ist es uns wichtig, dass die bisher getroffenen Maßnahmen im Rahmen des Kormoranmanagements in kommenden Sommer in Abstimmung mit der Regierung von Oberfranken angepasst und verlängert werden.
Einige teichwirtschaftliche Betriebe haben auch Probleme mit der Wasserversorgung. Nachdem das Jahr 2016, wie die vorherigen Jahre sehr trocken war und es im Dezember 2016 keine nennenswerten Niederschläge gab, sind die Grundwasserspeicher vielerorts stark rückläufig. Diese werden erst mit der einsetzenden Schneeschmelze wieder aufgefüllt werden.
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