IHK Oberfranken: Nordbayern ist reif für Industrie 4.0
IT-Sicherheit und Breitbandversorgung sind aber für viele Unternehmen noch Hindernisse
Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe in Nordbayern gehen das Thema Industrie 4.0 offensiver an als ihre Mitbewerber in ganz Deutschland. Das ist das Ergebnis einer Studie von IW Consult im Auftrag der Industrie- und Handelskammern für Oberfranken Bayreuth, Nürnberg für Mittelfranken, Würzburg-Schweinfurt, Regensburg für Oberpfalz/Kelheim und zu Coburg. In Nordbayern zählen zehnmal so viele Unternehmen zu den Industrie-4.0-Erfahrenen wir im Bundesdurchschnitt. 3,3 Prozent der nordbayerischen Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe erreichen auf einer Skala von 0 bis 5 die Stufe 3 (Erfahrene), während dies in Gesamtdeutschland nur 0,3 Prozent schaffen. Diese Unternehmen haben erste systematische Ansätze für die Strategie, die Vernetzung von Produkten, Prozessen und Kunden sowie die virtuelle Abbildung der physischen Welt entwickelt.
„Ein Ergebnis, auf dem wir uns ausruhen können, ist das aber ganz und gar nicht – im Gegenteil“, sagt Dr. Heinrich Strunz, Vizepräsident der IHK für Oberfranken Bayreuth und Vorsitzender des IHK-Innovationsausschusses. Denn mit 68,8 Prozent hat die überwiegende Mehrheit der Unternehmen noch keine konkreten Schritte zur Umsetzung unternommen. Deutschlandweit sind es sogar 85 Prozent.
Bei den Ergebnissen besteht ein starker Größentrend: Fast jedes zweite große Unternehmen befindet sich bereits auf der Stufe 2 der Skala oder höher. Im Mittelstand ist es lediglich jedes vierte Unternehmen. Bei den kleinen Unternehmen fällt der Anteil mit 5,4 Prozent verschwindend gering aus. „Viele kleine und mittlere Unternehmen beobachten die Entwicklung, sind aber selbst noch abwartend“, beschreibt IHK-Hauptgeschäftsführerin Christi Degen.
Von 292 befragten nordbayerischen Industrieunternehmen geben etwa 43 Prozent eine unzulängliche Breitbandinfrastruktur als Hindernis an. „Schnelles Internet ist einer der wichtigsten Standortfaktoren“, sagt Dr. Strunz, „in weiten Teilen Oberfrankens aber noch weit entfernt von der Realität.“ Mit der Beteiligung aller oberfränkischen Kommunen am Breitbandförderprogramm der Bayerischen Staatsregierung sowie dem Konzept für eine Europäische Pilotregion Oberfranken Digital, für das Unterstützung aus Brüssel in Aussicht gestellt wurde, sind jedoch wichtige Voraussetzungen zur Verbesserung der Breitbandversorgung geschaffen worden.
Ungeklärte Rechtsfragen, fehlendes Vertrauen in die Datensicherheit – das sind weitere Faktoren, die mehr als 40 Prozent der befragten Unternehmen davon abhalten, bei Industrie 4.0 durchzustarten. Fast 35 Prozent geben fehlende Finanzkraft als Hindernis an. „Als IHK wollen wir informieren und so dazu beitragen, diese Hemmnisse zu beseitigen“, sagt Degen. „Unser Angebot umfasst Beratungen zum Digitalbonus, zu Rechtsfragen, zu Know-how-Schutz und IT-Sicherheit.“ Auch fehlendes Fachwissen und fehlende Fachkräfte müssen kein dauerhaftes Hindernis sein, wie von immerhin mehr als 30 Prozent der Befragten befürchtet – Weiterbildung werde im digitalen Zeitalter jedoch immer wichtiger. Zum Weiterbildungsangebot der IHK zählen etwa die Zertifikatskehrgänge IT-Sicherheitsbeauftragter und Web- oder Netzwerk-Penetrationstester – letztere führen probeweise Angriffe auf das eigene Unternehmensnetzwerk oder die Unternehmenswebsite durch und decken dadurch Schwachstellen auf.
„Es muss gelingen, die Chancen der Digitalisierung und Automatisierung in den Unternehmen deutlich zu machen. Sie steigern nicht nur die Effizienz in der Produktion, sondern stoßen auch neue Geschäftsmodelle an. Damit leistet Industrie 4.0 einen Beitrag zur Sicherung des Industriestandortes“, betont Dr. Strunz.
Mitgliedsunternehmen, die wissen möchten, welchen Digitalisierungsgrad sie selbst bereits erreicht haben, können kostenlos den IHK-Digitalisierungs-Check durchführen. Ansprechpartner bei der IHK ist Peter Wilfahrt, Leiter Referat IT-Sicherheit, Tel. 0921/886-470, E-Mail wilfahrt@bayreuth.ihk.de.
Eine Kurzfassung der Studie ist online unter https://www.bayreuth.ihk.de/Industrie-4-0.htm zu finden.
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