Außergewöhnliche Musikstunden mit „Rekkenze Brass“ in Kulmbach
Ernste Musik muss gar nicht ernst sein
Noch etwas schüchtern wippen die Schüler zunächst im Takt mit, doch schon nach wenigen Takten ist das Eis gebrochen und die über 80 Dritt- und Viertklässer der Pestalozzi-Grundschule klatschen begeistert mit. „Die Musik war auch schon vor ein paar hundert Jahren ganz schön rockig“, sagt Trompeter Benjamin Sebald. Er ist Profimusiker und seit Jahren beim Hofer Blechbläserquintett Rekkenze Brass dabei, wo der gebürtige Pegnitzer die Trompete spielt.
Nach Hof, Baunach und Bamberg waren die fünf Profimusiker von Rekkenze Brass am Mittwoch nach Kulmbach zur Pestalozzi-Grundschule und in die Meußdoerffer Grundschule gekommen, um eine Musikstunde der besonderen Art zu geben. Kaum hatten sie die Aula der Musikschule betreten, zogen sie die meist rock-, pop- und hip-hop verwöhnten Kids auch schon in ihren Bann. Ein mittelalterlicher Tanz von Michael Preatorius begeisterte das junge Publikum ebenso wie George Gershwins „Bidin my time“. Das besondere an den Musikhörstunden mit Rekkenze Brass ist, dass die fünf Musiker die Kompositionen nicht nur mit viel Witz erklären, sondern das junge Publikum auch aktiv einbeziehen.
Am meisten Applaus bekommt dabei der zehnjährige Andre, den Rekkenze Brass kurzerhand zu einem Triangel-Solo in Leroy Andersons Triangle-Song verpflichtet, was der Viertklässer, mit Bravour bewältigt. Aber auch für seinen Mitschüler Dokan ist es kein Problem, das höchste und das tiefste Instrument zu erkennen. Natürlich kommt die Nummer mit dem Gartenschlauch immer wieder gut an. Den Schlauch hat Hornistin Debra Luttrell mit einem Mundstück am einen und einem Trichter am anderen Ende präpariert, um ihn über die erstaunten Köpfe kreisen zu lassen und dabei auch noch richtige Musik zu machen.
Das hätten sie sich die Kinder der Pestalozzi-Grundschule, nicht träumen lassen, dass klassische Musik so spannend und so witzig zugleich sein kann. In einer Zeit, in der es längst nicht mehr selbstverständlich ist, dass Kinder mit dieser Art von Musik konfrontiert werden, hat es sich das renommierte Hofer Blechbläserquintett Rekkenze Brass seit Jahren zur Aufgabe gemacht, Musik in die Schulen zu bringen und jungen Leuten klar zu machen, dass die sogenannte ernste Musik nicht unbedingt auch immer ernst sein muss.
Rekkenze Brass, das ist das berühmte Blechbläserquintett aus Hof, das seit vielen Jahren mit seinen Konzerten Musikfreunde in aller Welt zu Begeisterungsstürmen hinreißt. Rekkenze Brass ist aber auch eine Formation, die mit großer Leidenschaft besonders bei jungen Leuten immer wieder für die Faszination der Musik wirbt.
„Uns geht es mit den Musikhörstunden aber nicht nur darum, den Kindern die klassische Musik nahe zu bringen, sondern auch darum, ihr Interesse und Verständnis für Musik zu wecken“, sagt Rainer Streit, der aus Kulmbach stammt und der bei Rekkenze Brass die Tuba spielt. Viele von den Schülern seien noch nie in einem klassischen Konzert gewesen. „Sie kennen das Erlebnis gar nicht, der Musik einmal leise zuzuhören und sie einfach so auf sich wirken zu lassen“, sagt Rainer Streit. „Wenn wir dann bei dem einen oder anderen Kind etwas bewirken können, hat sich unser Engagement schon gelohnt.“ Noch besser wäre es natürlich, wenn die eine oder der andere in den nächsten Tagen bei Streits Bruder Harald in der Musikschule vorbeischauen und sich für ein paar Schnupperstunden auf einem Instrument anmelden würden. „Dann hätte sich unser Einsatz absolut gelohnt“, sind sich die Musiker von Rekkenze sicher.
Die Musikhörstunden von Rekkenze Brass werden im Rahmen der Jugendförderung vom Bezirk Oberfranken und seiner Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau in Lichtenberg (Landkreis Hof) veranstaltet und von der Oberfrankenstiftung unterstützt. Während anderswo Musikstunden gekürzt werden, sollen die Schüler unterstützt durch den Bezirk und die Oberfrankenstiftung davon profitieren, ein derart renommiertes Ensemble vor Ort zu haben, das sich wie kaum ein zweites der musikalischen Förderung verschrieben hat. Erklärtes Ziel ist es, Schüler unterschiedlichen Alters zur eigenen musikalischen Betätigung anzuregen und diejenigen, die selbst schon ein Instrument spielen, auf die Arbeit des Hauses Marteau und das Oberfränkische Jugendsymphonieorchester aufmerksam zu machen.
Auch Oberbürgermeister Henry Schramm hat es sich an diesem Morgen nicht nehmen lassen, die Musikhörstunde mitzuerleben. Für Schramm, der selbst dem Bezirkstag von Oberfranken angehört, ist es wichtig, dass der Bezirk Geld in die Hand nimmt, um Kinder an die Kultur heranzuführen und sie mit Musik zu konfrontieren. Weitere Musikhörstunden standen in diesen Tagen in Gräfenberg und Pottenstein auf dem Programm.
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