Sonntagsgedanken: Nur ein Traum?
„Wir halten es für eine selbstverständliche Wahrheit, dass alle Menschen gleich geschaffen sind. Ich habe den Traum, dass eines Tages die Söhne ehemaliger Sklaven und die Söhne ehemaliger Sklavenhalter am Tisch der Brüderlichkeit sitzen werden. Ich habe einen Traum, dass eines Tages meine vier Kinder in einer Nation leben werden, wo man sie nicht nach der Farbe ihrer Haut, sondern nach dem Charakter beurteilt…“
Martin Luther King schrieb diese Zeilen, der schwarze Baptistenpfarrer aus den USA, der gewaltlos für die Rechte der Farbigen kämpfte und schließlich 1968 ermordet wurde. Was ist aus seinem Traum in den USA geworden? Wir hören täglich von Willkürakten weißer Polizisten gegen Farbige. Wie steht es bei uns? Hass auf und Gewalttätigkeit gegen Ausländer treten offen zutage. Auch uns entschlüpfen manchmal rassistische Äußerungen. So eine Haltung beruht auf Angst, auf Unsicherheit. Man kennt diese fremd wirkenden Menschen nicht und unterstellt ihnen Böses. Bezeichnenderweise richtet sich diese mehr oder minder deutlich geäußerte Ablehnung ja nicht nur gegen andere Rassen, sondern auch gegen einheimische Hartz-IV-Empfänger. Es geht also nicht nur um die andersartige Kultur. In Zeiten der knapper werdenden Sozialausgaben ist sich jeder selbst der Nächste. Was können die Kirchen dagegen tun? Mahnwachen aufstellen, Demonstrationen organisieren, wohlklingende Erklärungen verabschieden, den Regierenden ins Gewissen reden – natürlich, aber wer hört noch auf unsere Stimme? Von wem lässt sich der oft so selbstgerechte Durchschnittsmensch unserer Zeit überhaupt noch etwas sagen? Gleichwohl sollten wir uns nicht entmutigen lassen, sondern geduldig, vernünftig mit heiterem Gesicht tun, was wir tun können, damit Arm und Reich, Alteingesessene und Neubürger gut zusammenleben. Wichtiger als abgehobene Diskussionen in Bildungszentren oder Talkshows ist das alltägliche Vorbild, das Gespräch von Mensch zu Mensch. Als Motivation dient mir die christliche Zuversicht, die Martin Luther King folgendermaßen formulierte:
„Wenn unsere Tage verdunkelt sind und unsere Nächte finsterer als tausend Mitternächte, so wollen wir stets daran denken, dass es in der Welt die große segnende Kraft Gottes gibt. Gott kann Wege aus der Ausweglosigkeit weisen. Er will das dunkle Gestern in ein helles Morgen verwandeln – zuletzt in den leuchtenden Morgen der Ewigkeit.“
Weitere Sonntagsgedanken
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
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