Sonntagsgedanken: Das Wort aller Wörter
„Gott: Es ist das beladenste aller Menschenworte! Keines ist so besudelt, so zerfetzt worden. Gerade deshalb darf ich nicht darauf verzichten. Die Geschlechter der Menschen haben die Last ihres geängstigten Lebens auf dieses Wort gewälzt und es zu Boden gedrückt: Es liegt im Staub und trägt ihrer aller Last.“
Gott diente den Menschen zum Vorwand, Kriege zu führen, Hexen zu verbrennen und Andersgläubige zu bekämpfen. Der jüdische Philosoph Martin Buber spürte, wie sehr der Missbrauch des Wortes „Gott“ die Religion belastet. Gott trägt die Last der ganzen Menschheit, unsere Schuld, unsere Angst, unser Versagen, auch unsere Abgestumpftheit. Diese Einsicht Bubers sprengt die Grenzen des klassischen Judentums und nähert sich dem christlichen Denken an, wo Gott nicht so sehr als Weltenlenker und strenger Gerichtsherr erscheint, sondern als der vorbehaltlos liebende, mitfühlende „Vater“ aller (!) Menschen gilt. Buber wusste aber auch, dass wir nicht abstrakt über Gott reden können, denn: „Wir können nur mit Gott reden, wenn wir unsere Arme um die Welt legen.“ Im Alltag muss sich der Glaube bewähren. Dazu gehört der Versuch, den Anderen zu verstehen, mit ihm fair, vernünftig auszukommen ohne sich ihm in falsch verstandener Demut blind unterzuordnen. Wir sollen uns stattdessen auf die Suche machen nach dem Willen Gottes in unserem Leben, in Familie, Verein, Betrieb und natürlich Kirchengemeinde, denn so schreibt Buber: „Hier, wo wir stehen, gilt es, das verborgene göttliche Leben aufleuchten zu lassen.“
Weitere Sonntagsgedanken
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
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