Artikelserie: Energiewende ja – aber wie? 41. Aktueller Stand und Planung der Energiewende – Bayern (Teil 2)

Im vorigen Kapitel haben wir die Möglichkeiten einer Stromlieferung für Bayern aus Norddeutschland betrachtet. Jetzt wollen wir Strombedarf und Stromerzeugung unter die Lupe nehmen. Datenquellen:

Energiebedarf und Erzeugung aus den Energiequellen in TWh

Energiebedarf und Erzeugung aus den Energiequellen in TWh

Um die Größenverhältnisse besser deutlich zu machen, wurde die Tabelle des vorigen Kapitels mit ihren entscheidenden Teilen als Graphik dargestellt.

Betrachtet man in dieser Zusammenstellung nur das Endergebnis (unterste Balken), so scheint Bayern auf einem guten Weg zu sein. Die derzeitige Entwicklung entspricht etwa dem Bayerischen Energiekonzept von 2011. Zitat: „Wir halten es für erreichbar, dass innerhalb der nächsten 10 Jahre (2021) 50 % des bayerischen Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien gedeckt werden“. Demnach wäre bereits 2015 mehr als die Hälfte der Zielvorgabe erreicht, und 2024 wäre die Zielvorgabe erreicht (Erste und letzte Zeile des Balkendiagramms).

Überlegen wir auf Basis der Planzahlen 2024, wie das Fernziel, die Lücke zwischen Strombedarf und Summe der Eigenerzeugung aus allen Quellen (2024 ca. 31 TWh) mit zusätzlicher Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen bzw. durch Stromeinsparung erreicht werden könnte (100%-Deckung).

Verbrauch / Bedarfsprognose: Die „Stromeinsparung“ von 2014 auf 2024 resultiert im Wesentlichen nur aus dem Wegfall des Eigenbedarfes der großen Dampfkraftwerke (Kernkraft, Kohle. S.a. Kapitel 9, Dampfkraftwerke). Wenn der Energiebedarf (2024 = 81 TWh) um weitere 38% (31 TWh) gesenkt würde, wäre der Ausgleich hergestellt. Ist das realisierbar?

Alternativ auf der Erzeugerseite aus erneuerbaren Quellen:

  1. Am Beispiel des größten Erzeugers, der Photovoltaik.
    Deren Ausbaugrad für 2024 müsste etwa verdreifacht werden (von 15 auf 46 TWh).
  2. Am Beispiel der beiden zweitgrößten der Planung für 2024, Biogas und Wasserkraft. Beide müssten gegenüber der Planung noch mal um je 150% erweitert werden (von in Summe 21 TWh auf 52 TWh).

Ist das realistisch? Und wie realistisch ist der Plan?

In der Tat sind einige Planzahlen schwer nachvollziehbar. Schauen wir uns einzelne Punkte im Detail an:

Die Erzeugung aus Steinkohle wird nur unwesentlich reduziert. Dagegen wird Erdgas auf 1/3 reduziert. Erdgas ist zwar auch keine erneuerbare Energiequelle, ist aber wesentlich klimaschonender als Kohle, und wäre deshalb die bessere Übergangstechnologie. Es wäre also sinnvoller, die Steinkohle stärker und Erdgas weniger zu reduzieren. Außerdem wurde ja auch bereits diskutiert, zusätzliche Gaskraftwerke statt Windräder zu bauen.

Die Windkraft ist relativ unbedeutend. Sie deckt 2014 nur ca. 2 TWh (2,2%) des Energiebedarfes, aus etwa 900 Windkraftanlagen. Der Plan sieht bis 2024 zwar eine Verdopplung vor, aber dies ist immer noch unbedeutend. Selbst diese Prognose ist bei der existierenden 10H-Regelung völlig unrealistisch. Oder man gibt der 10H-Regelung keinen langfristigen Bestand.

Die Photovoltaik, angeblich Bayerns größte erneuerbare Energiequelle: 2014 trägt sie mit 11 TWh (12%) zum Energiemix bei. Geplanter Ausbau für 2024 knapp das 1,5-fache. Die geringe Veränderung lässt vermuten, dass man kein großes Potential mehr sieht. Allerdings gibt es noch viele ungenutzte Dachflächen, die einen weiteren Ausbau ohne zusätzlichen Flächenverbrauch problemlos zulassen.

Biogas: 2014 ca. 8 TWh. Ausbau für 2024 auf etwa das 1,25-fache. Diese geringe Veränderung lässt ebenfalls vermuten, dass man kein großes Potential mehr sieht. Betrachtet man allerdings den Energiemix der Bioenergiedörfer, so spielt Biogas aus landwirtschaftlichen Abfällen die entscheidende Rolle. Es gibt noch ein wesentliches Ausbaupotenzial, wenn die Idee der Bioenergiedörfer ausgebaut wird.

Wasserkraft: Die Erweiterung von 2014 auf 2024 um fast das Vierfache ist sehr fragwürdig. Allgemein wird immer die Meinung vertreten, dass Bayern, wie auch ganz Deutschland, sein Wasserkraftpotential weitgehend ausgeschöpft hat. Dies ist sicher richtig für große Wasserkraftwerke. Kleine Wasserkraftwerke, als ein Baustein zu einer dezentralen Energieversorgung, haben ein gewisses Potenzial, wie auch das Beispiel einiger Bioenergiedörfer zeigt. Hierfür gibt es auch Interessante Neuentwicklungen für kleine Fließgewässer oder geringes Gefälle. Diese sind aber hinsichtlich ihrer Möglichkeiten, Umwelteinflüsse und Anteil am Gesamtmix kritisch zu bewerten. Eine Vervierfachung des Anteils der großen Wasserkraftwerke ist hiermit sicher unrealistisch
Fazit: Das Fernziel, 100% Deckung des Energiebedarfes aus erneuerbare Quellen, kann nicht durch einen zusätzlichen Ausbau nur einer Energiequelle erreicht werden. Hieran müssen alle vorhandenen Energiequellen beteiligt sein, denn es kommt auch auf ein optimales Mischungsverhältnis an. Ein sehr effektiver Weg ist aber die Reduzierung des Verbrauches, bzw. Verbesserung der Energieeffizienz. Hier ist zwar jeder Einzelne gefordert. Aber das Ergebnis wird auch sofort im eigenen Geldbeutel sichtbar. Hierzu mehr in einer späteren Folge. Jedes „Restdefizit“ muss aus dem Norden zugeliefert werden.

Kann mit dieser Planung das Fernziel für Bayern, 100% erneuerbare Energie, überhaupt erreicht werden? Immerhin verspricht das neue bayerische Energieprogramm von 2015 bereits für 2025 eine „70%-Deckung“, statt der „53%-Deckung“ nach der alten Planung. Wie soll das gehen? Hierzu mehr im nächsten Kapitel.

Dieter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www.bfb-energie.de

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