Vortrag in Tüchersfeld: "Leben im Wartesaal – Jüdische Displaced Persons in Pottenstein, Pegnitz, Creussen"
Mittwoch, 21. Oktober 2015, 19.30 Uhr
Beim Einmarsch der Amerikaner am 16. April 1945 in Pottenstein konnten auch die Häftlinge des dortigen KZ-Außenlagers von Flossenbürg befreit werden, ebenso die in Creussen internierten Zwangsarbeiter. Nach Kriegsende irrten insgesamt zwischen 6,5 und 7 Millionen ihrer Heimat entwurzelter Menschen auf der Suche nach Verwandten durch Deutschland, die meisten von ihnen waren befreite KZ Häftlinge und Zwangsarbeiter. Auch Osteuropäer und Balten, die sich freiwillig zur Wehrmacht oder gar zur SS gemeldet hatten, gehörten zu diesem Personenkreis. Wer nicht mehr in die alte Heimat zurückkehren konnte, wurde auf ein neues Leben in Übersee oder in Palästina vorbereitet. Mit der Versorgung und Unterbringung dieser Menschen beauftragten die Militärverwaltungen der westlichen Besatzungszonen Hilfsorganisationen. Diese errichteten spezielle Lager für die Betroffenen. Auch in der Fränkischen Schweiz etablierten sich entsprechende Lager.
Das erste jüdische Komitee in der Fränkischen Schweiz bildeten ehemalige Häftlinge der KZ-Außenstelle Pottenstein in Pottenstein selbst. Rasch vergrößerte sich diese Gemeinde, so dass schon im Herbst 1945 Mitglieder auch in Pegnitz untergebracht werden mussten. Im Januar 46 waren in der „Community Pegnitz-Pottenstein“ insgesamt 80 Personen registriert. Die Mitglieder des Komitees Pottenstein (dieses lässt sich bis 1948 nachweisen) gründeten einen zionistischen Verein und einen später sehr erfolgreichen Sportclub.
Als letzte Selbstverwaltung entstand im Mai 1946 in Creußen ein jüdisches Komitee, das bis vermutlich Ende 1949 existierte. Im Frühjahr 47 lebten dort 62 Juden, darunter auch Familien mit kleinen Kindern. Neben Trainingsfarmen in der Umgebung unterhielt dieses Komitee auch eine kleine Krankenstation, die Pottenstein und Pegnitz mit versorgte.
Den Spuren dieser ersten jüdischen Selbstverwaltung in in Pottenstein, Pegnitz und Creußen geht der Historiker, Autor und Journalist Jim Tobias im Rahmen des Veranstaltungsprogramms des Fränkische Schweiz-Museum anläßlich der Ausstellung „Fürchten, Bangen, Hoffen. Leben um 1945 auf dem Lande am Beispiel der Fränkischen Schweiz“ nach. In seinem Vortrag „Leben im Wartesaal – jüdische Displaced Persons in Pottenstein, Pegnitz, Creußen“ stellt er seine gefundenen Erkenntnisse anhand von zahlreichen Dokumenten und Bildern vor.
Der Vortrag am Mittwoch, 21. Oktober 2015 beginnt um 19.30 Uhr in Tüchersfeld im Haus der Kirchenstiftung (gleich neben der Kirche). Als Unkostenbeitrag werden 2,50 € erhoben.
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