Erzbischof Schick zum Welthungertag: Armut und Hunger sind die Hauptursachen für Flucht, Krieg und Vertreibung
„Flüchtlingsströme dauern an, bis der Hunger in der Welt besiegt ist“
(bbk) Erzbischof Ludwig Schick hat zum Welthungertag daran erinnert, dass Armut und Hunger in der Welt zu den wichtigsten Gründen für die Flüchtlingsströme gehören. „Die Flüchtlinge verlassen zu Hunderttausenden ihre Heimat, um nach Europa zu kommen, in der Hoffnung, hier leben zu können. In ihren Ländern herrschen Elend, Not und Hunger, Ungerechtigkeit und Ungleichheit“, sagte der Bamberger Erzbischof anlässlich des Welternährungstages am Freitag (16. Oktober), der auch Welthungertag genannt wird.
Armut und Hunger seien die Grundübel, die Krankheiten, Bildungsmangel, Kriege, Vertreibung und Flucht nach sich ziehen. „Katastrophen, wie der Tod von Tausenden von Flüchtlingen auf dem See- oder Landweg nach Europa werden so lange andauern, wie es nicht genug zu essen gibt für alle Menschen”, so Schick. Die Erde habe das Potenzial, alle Menschen zu ernähren. Deshalb sei der Hunger ein Skandal. „Hunger verursacht Krieg, und Krieg verursacht Hunger“, fügte Schick hinzu und wies darauf hin, dass jeder Krieg bebaute Felder und Ernten vernichte sowie den Anbau von Nahrungsmitteln unmöglich mache. Menschen auf der Flucht könnten ebenfalls nichts zur Nahrungsmittelproduktion beitragen.
Hoffnung sieht Schick in den Zielen der Vereinten Nationen: Bis 2030 sollen extreme Armut und Hunger auf der ganzen Welt besiegt sein. „Wie die Millenniumsziele 2015 hat auch die Agenda 2030 Armut und Hunger als erste der 17 Ziele genannt. Wenn diese Ziele erreicht werden, dann werden die nächsten 15 Jahre als eine Epoche in der Geschichte eingehen, in der die Menschheit wichtige humanitäre Fortschritte gemacht hat“, sagte Schick, der auch Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Bischofskonferenz ist.
Rückschläge auf diesem Weg seien nur schwer zu verkraften. Kriege und Konflikte wie im Nahen Osten gefährden die Durchsetzung der Ziele. Aktuell ist jeder neunte Mensch auf Erden chronisch unterernährt, besonders dramatisch ist die Lage in Afrika. Es muss alles getan werden, Armut und Hunger zu beseitigen. Andernfalls werden noch größere Migrationsbewegungen in den nächsten Jahren entstehen.
Für ein wirtschaftlich starkes Land wie Deutschland müsse zusammen mit den übrigen Industrienationen der Welt die Armutsbekämpfung in der Entwicklungsarbeit oberste Priorität haben. 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes müssten Deutschland und alle entwickelten Staaten den Entwicklungsländern zur Verfügung stellen. Soziale Gerechtigkeit auf der ganzen Welt dürfe kein leeres Versprechen bleiben. Im eigenen Land seien die Christen und alle Bürgerinnen und Bürger derzeit gefordert, die Flüchtlinge durch die kalte Jahreszeit zu bringen, ihnen ein Dach über dem Kopf und ein menschenwürdiges Leben zu garantieren, sagte Schick. „Nicht nur die Politik, auch jeder Einzelne muss seinen Beitrag leisten: Spenden, Willkommensgesten und -taten fördern das gute Miteinander.“
Mir ist nicht klar, woher Erzbischof Schick seine Hoffnung in die Ziele der Vereinten Nationen bezieht. Dieselben kürzlich für 2030 avisierten Ziele wurden vor 15 Jahren für das Jahr 2015 gesetzt. Wesentlich näher gekommen ist die Welt, ungeachtet kleiner, eher lokal oder regional begrenzter Erfolge, ihrer Erreichung nicht.
Noch viel älter ist die Zusage Deutschlands und anderer Staaten, 0,7 % des Bruttoinlandsprodukts für die sogenannten Entwicklungsländer zur Verfügung zu stellen. Nicht einmal näherungsweise wurde dies jemals verwirklicht. Überdies sind die tatsächlich bereitgestellten Gelder nicht selten in wenig zielführende Projekte geflossen: Prestigeprojekte und Luxusgüter für Diktatoren, hochspezialisierte Produktionsanlagen, die nur wenigen ausländischen Experten Arbeit boten, aufgepfropfte, nicht standortgerechte Methoden der Landwirtschaft, welche die heimischen Anbaumethoden zerstörten und damit vielleicht mäßige, aber regelmäßig verläßliche Ernten verhindern, … .
Solange hier kein nachhaltiges Umdenken einsetzt (siehe die Anstrengungen, Gentechnik und Agrochemie immer stärker aufzuzwingen, sowie die massiven Landkäufe industrieller Großinvestoren oder staatlicher Institutionen in Entwicklungsländern zu Gunsten der eigenen Versorgung) und überdies militärische Interessen und nur pro forma kontrollierte Waffenexporte zu immer neuen Konflikten führen (die Auswirkungen des durch die Industrieländer verursachten Klimawandels kommen noch hinzu), werden auch immer wieder – und immer mehr – Menschen zur Flucht aus ihrer Heimat gezwungen werden.