Der „Alchemist unter den Fotografen“ im Deutschen Kameramuseum in Plech

„Jedes Bild ein Unikat“: Anfassen ausdrücklich erlaubt

Ein typischen Beispiel für den Unikat-Charakter von Vernon Trents Arbeiten: Mit einem breiten Pinsel und schwungvollem Strich wird die lichtempfindliche Schicht auf das Papier aufgetragen. Aus Erfahrung weiß der Künstler, wo er große Flächen aufpinseln muss und wo es ein paar hingeworfene Striche tun. Danach wird das Papier belichtet und mit allerlei Chemikalien eingefärbt. Foto: Vernon Trent

Ein typischen Beispiel für den Unikat-Charakter von Vernon Trents Arbeiten: Mit einem breiten Pinsel und schwungvollem Strich wird die lichtempfindliche Schicht auf das Papier aufgetragen. Aus Erfahrung weiß der Künstler, wo er große Flächen aufpinseln muss und wo es ein paar hingeworfene Striche tun. Danach wird das Papier belichtet und mit allerlei Chemikalien eingefärbt. Foto: Vernon Trent

(vms) Der erste Satz seiner Rede war schon sehr vielsagend: „Dies ist meine erste Fotoausstellung in Plech und in Franken und meine 145. insgesamt“. Vernon Trent (48), international erfolgreicher Akt- und Stilllivefotograf (Düsseldorf/San Francisco) hat damit seinen gut 20 während der nächsten Stunde aufmerksam lauschenden Zuschauern zwei Dinge zu verstehen gegeben: Er kommt wieder nach Plech (2016 mit einem Workshop und einer neuen Ausstellung) und er macht das alles nicht zum ersten Mal. Dass es dem Meister dennoch im Deutschen Kameramuseum in der 1300-Seelen-Gemeinde in Franken am Wochenende so gut gefallen hat, ist somit auch ein großes Kompliment an die Museumsmacher.

Bei denen – allen voran „Eventmanager“ Jens Werlein – bedankte sich Museumsleiter Kurt Tauber in seiner kurzen Begrüßungsrede in der Aula der Grundschule Plech. Werlein, Hochschullehrer für Design und Fotografie an der Hochschule für Gestaltung in Schwäbisch Gmünd, war es schließlich, der dank seiner Kontakte weit hinein in die aktuelle deutsche Fotoszene die klingenden Namen wie Herbert Piel, Eberhard Schuy, demnächst Raffaele Horstmann und jetzt aktuell Vernon Trent nach Plech brachte und überzeugte, das junge Museum zu unterstützen. Die Programmplanung für 2016 ist übrigens schon weit vorangeschritten. Es wird wieder spannend.

Die seit Samstag, 12. September, in Plech ausgestellten Arbeiten im Format von meist 30 x 40 oder 60 x 60 Zentimeter werden, rahmenlos an Kleiderbügeln hängend, nicht nur gut sichtbar, sondern im wahrsten Sinn des Wortes begreifbar präsentiert. Trent: „Anfassen ist ausdrücklich erlaubt“. Dann, wenn er die Struktur und Festigkeit des Papiers erfühlt, kann der Kunstfreund vielleicht noch besser die Faszination nachvollziehen, die den Künstler begeistert, wenn er sich in seine Dunkelkammer zurückzieht. Eine Fachzeitschrift nannte ihn einmal den „Alchemisten unter den Fotografen“, denn Trent macht alles selbst: Er beschichtet seine gänzlich unterschiedlichen Papiere – meist handgeschöpftes Bütten – mit eigenen Mixturen einer lichtempfindlichen Flüssigkeit.

Mit offenem Mund lauschten die Gäste diesem Teil seiner Ausführungen. Man kann, erklärte der Künstler lächelnd, Filme und Fotopapiere auch mit einer Mischung aus Kaffee, Vitamin C und handelsüblichem Waschmittel entwickeln – ein richtiger Partybrüller in Fotografenkreisen. Trent stellt die fotografischen Emulsionen selbst her, experimentiert mit Farbtönungen seiner Schwarzweißbilder, beleichtet mal 20 Minuten in der prallen Mittagssonne, mal drei Minuten im UV-Licht eines handelsüblichen Oberkörperbräuners. So entstehen absolute Unikate: „Jeder Print unterscheidet sich von den anderen, ähnlichen vom gleichen Negativ. Jedes Bild ein Unikat.“ Und zwar in der Regel trotz der chemikalischen und physikalischen Unwägbarkeiten ohne nennenswerten Ausschuss. Was Kollegen Werlein zu dem Ausruf veranlasste: „Du bist nicht zu kopieren! Wer es dennoch versucht, macht sich lächerlich!“

Übrigens fotografiert Vernon Trent am liebsten mit alten Kameras auf Platten oder Planfilm, bisweilen nimmt er sogar Röntgenfilm, wie er in Arztpraxen verwendet wird. Die wertvollen Negative werden dann – sicher vor Chemiespritzern, Fingerabdrücken oder Kratzern – eingescannt und digital im Labor vergrößert – nicht einfach per Drucker geprintet. „Das ist meine Intention: Edeldrucke herzustellen, die immer etwas einmaliges ausstrahlen“, sagt der Künstler mit Überzeugungskraft.

Dass ihm das Bild für Bild gelingt, davon kann sich jeder bis Sonntag, 11. Oktober 2015, im Deutschen Kameramuseum in Plech, Schulstraße 8, überzeugen: samstags von 14 bis 17 Uhr, sonntags von 11 bis 17 Uhr. Letzter Einlass ist jeweils um 16 Uhr.

Alle Infos: www.kameramuseum.de

Vernon Trent im Deutschen Kameramuseum: http://www.kameramuseum.de/fotoschule/2015/trent/

Vernon Trents Fotos: http://www.vernontrent.com/galleries/