Sonntagsgedanken: Kain und Abel
Jeder kennt diese symbolisch zu verstehende biblische Geschichte. Eva hatte zwei Söhne, deren Namen schon stutzig machen. Kain bedeutet: „Ich habe mir einen Mann erworben“, Abel dagegen: „Krankheit“ oder „Nichtigkeit“. Eva zog also Kain dem Abel vor. Viele Eltern handeln so. Da liebt man besonders das Nesthäkchen, das tüchtigste, charmanteste Kind, da muss man sich besonders um ein krankes kümmern, was bei den anderen Neid auslöst, ein Gefühl der Demütigung. Da legen die Eltern oft schon in der Kindheit die Saat für den späteren Krieg der Geschwister.
Die beiden Brüder aus dieser Geschichte wollen Gott ein Dankopfer darbringen. Kain glaubt also an Gott, will seine religiösen Pflichten erfüllen. Doch diese fromme Kulisse reißt bei Kain, sobald ihm etwas gegen den Strich geht, sobald er sich ungerecht behandelt fühlt. Reagieren wir anders? Gott verwirft nämlich sein Opfer und nimmt das Abels an. Kain dachte, Gott müsse nach seiner Pfeife tanzen, Gott würde ihn, den Erfolgreichen, den Beliebten, segnen. Der Gott der Bibel aber stellt sich auf die Seite des Schwächeren. Warum aber nimmt Gott nicht beide Opfer an? Kennt er Kains wahren Charakter? Will er ihn testen? Letztlich können wir Gottes Wege nicht ergründen, und sollten uns auch nicht anmaßen, das zu versuchen.
Kain steht auf gegen Gott und damit auch gegen seinen Bruder. Wer auf Gottes Ordnung pfeift, wer sich selbst in den Mittelpunkt stellt, sich zum Maßstab erhebt, bei dem reißen die moralischen Bindungen. Gott warnt Kain noch, aber der will nicht hören. Wollen wir es? Der Gott der Bibel ist kein abstraktes Irgendwas, keine dunkle Schicksalsmacht, er will den Kontakt zum Menschen, will ausgleichen, warnen, will den Menschen ein glückliches Zusammenleben ermöglichen. Gott stellt Kain zur Rede, denn Gott vergisst die Misshandelten, die Kaputtgemachten nicht; und Kain bekennt nach einigem hin und her seine Schuld. Schlimmer als die Kain-Typen sind die Gleichgültigen und die Selbstgerechten. Kain muss nun im Lande nirgendwo wohnen, d. h. er muss ruhelos, misstrauisch, furchtsam herumirren. Wer nicht auf Gott vertraut, der verliert seine innere Ruhe. Gott vernichtet Kain nicht, sondern auch dieser Brudermörder steht noch unter dem Segen Gottes. Welcher Trost: Für Gott ist wirklich niemand verloren.
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Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
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