GAL Bamberg: „Textentwurf verharmlost Bayerlein-Bilder“
Erklärungstafel soll zur Aufarbeitung der NS-Kunst im Rathaussitzungssaal beitragen – GAL ist über Entwurf entsetzt
Seit Jahrzehnten schwelt ein heftiger Streit um die beiden Ölgemälde von Fritz Bayerlein, die im Sitzungssaal des Bamberger Rathauses hängen. Sie wurden während der NS-Zeit 1937 explizit für die Ausstattung dieses Raums gekauft. Für die einen sind es einfach schöne Stadtansichten, an denen nichts auszusetzen ist – für die anderen gezielter Ausdruck nationalsozialistischer Blut-und-Boden-Ideologie und als Kulisse für ein demokratisch gewähltes Gremium unpassend und unwürdig.
Zuletzt schien sich eine Annäherung der beiden Pole organisieren zu lassen: Man einigte sich auf eine wissenschaftliche Untersuchung von Bayerleins Kunst unter genau der Fragestellung, inwiefern sie Dokument der nationalsozialistisch und antisemitisch geprägten Grundhaltung des Malers war und ist. Dass er Nazi-Anhänger war, ist an sich bei allen Seiten unbestritten, da Bayerlein selbst seine NS-orientierten Anschauungen in seinen Schriften, sogar noch bis zum Tode 1955, immer wieder dargelegte und bekräftigte.
Eine Ausstellung und ein Kolloquium zur Erforschung und Diskussion sind geplant – und vorerst ein Verbleib der beiden großformatigen Gemälde im Sitzungssaal am Maxplatz. Allerdings sollen diese mit einer Erklärungstafel ergänzt werden, die eine historische Verortung vornehmen, also den NS-Hintergrund anführen sollte.
Dieser Text, angeblich von einem Wissenschaftler erarbeitet, liegt nun vor, soll in der Sitzung des Ältestenrats am kommenden Freitag (18.6.2015) besprochen werden, und ruft nun helles Entsetzen bei der GAL-Stadtratsfraktion hervor, eine der frühesten Kritikerinnen der Bayerlein-Bilder.
„Der kurze Text enthält biographische Daten von Fritz Bayerlein, Stationen seines beruflichen Lebenswegs und Orte seiner Ausstellungen“, stellt GAL-Stadtrat Tobias Rausch dar. Die NS-Zeit komme jedoch nur an einer einzigen Stelle vor und werde dort nur mit einem Halbsatz gestreift, in dem es heißt, Bayerlein habe „den regimekonformen Geschmack bedient“.
„Mit keiner Silbe wird außerdem in dem Text die nationalsozialistische Überzeugung des Malers erwähnt und ihre künstlerische Umsetzung als Kernpunkt des heutigen Streits problematisiert“, kritisert Wolfgang Grader. „Der Begriff Nationalsozialsmus kommt in dem Text nicht einmal vor!“
Es werde nachgerade suggeriert, als sei Bayerlein ein unbedeutender Künstler unter vielen gewesen. Doch das Gegenteil ist laut GAL-Fraktionsvorsitzender Ursula Sowa der Fall: „Bei den Großen Deutschen Kunstausstellungen von 1937 bis 1944 gehörte er mit insgesamt 24 Werken zu den meistausgestellten Malern überhaupt.“
Wie auf diese verharmlosende Weise eine historische Aufarbeitung und Debatte begleitet werden soll, ist den GAL-StadträtInnen nicht vorstellbar. Das fruchtbare Aufeinanderzugehen der Kritiker und der Liebhaber der Bayerlein-Bilder werde so mit Füßen getreten. Die GAL hofft nun auf einen Überarbeitungsauftrag für den Text im Ältestenrat – immerhin zeigten sich zuletzt auch Befürworter der bayerleinschen Idyllen im Stadtrat offen und diskussionsbereit.
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