Sonntagsgedanken zu Trinitatis
Betrachten wir Karl Schmidt-Rottluffs Holzschnitt „Jesus und Nikodemus“ im evangelischen Gesangbuch (S. 272): Der ganz in schwarz gemalte Nikodemus kniet und streckt seine Hände flehend zu Christus empor, der etwas erhöht, übermenschlich groß, lichtumstrahlt vor ihm steht und sich einladend zu ihm herabbeugt. Der Lichtstrahl, der von Jesus ausgeht, erhellt schon die ihm zugewandte Gesichtshälfte des Nikodemus und die wenigen Stufen, die zu Christus hinaufführen. Ohne Christus bleibt unser Leben im Dunkeln, im Ungewissen. Zwar gibt es großartige menschliche Leistungen, aber auch unvorstellbares Unrecht, viele alltägliche Gehässigkeiten.
Immer mehr Weltanschauungen buhlen um unsere Gunst. Wer kennt den rechten Weg? Christus aber ist das Licht der Welt, denn er hat uns Gott als liebevollen Vater gezeigt, der eben auch den Kranken, den Versager, den Schuldigen liebt, während er für andere Religionen vor allem der Gesetzgeber, der Weltenherr, der mehr oder minder gnädige Richter ist. Christus zeigt uns den Weg „nach oben“. Dieser Weg ist nicht lang und mühsam. Wir müssen uns nicht durch tausend Wiedergeburten ins blässlich-ungreifbare Nirwana emporkämpfen.
Christus selbst hat furchtbar leiden müssen zum Zeichen dafür, dass der schrecklichste Tod uns nicht von Gott trennt. Christus hat am Kreuz sterben müssen, um die Schuld aller Menschen zu sühnen, denn Gott nimmt unsere Freiheit, damit auch unsere Verantwortung radikal ernst. An diesem Punkt sieht der christliche Glaube tiefer als die anderen Religionen. Wer in einer Familie aufwächst, wo Alkohol, Gewalt und Betrug üblich sind, wird das für normal halten, wird also vom Opfer zum Täter. Schuldig werde ich nicht nur durch die böse Tat, sondern auch durch das gleichgültige Wegsehen. Aus eigener Kraft kommen wir aus diesem Sumpf nicht heraus, was die persönliche Erfahrung und die Weltgeschichte zeigen. Wir brauchen den Heiligen Geist, der das Gute in uns fördert. Begreifen können wir all das nicht. Die rechte Haltung eines Christen ist die des Nikodemus, dass wir uns voller Vertrauen und Sehnsucht nach Christus ausstrecken, seinen Lobpreis singen. So ist das Trinitatisfest, das uns die Dreieinigkeit/Dreifaltigkeit Gottes nahebringt, ein Fest der Freude, der Sehnsucht.
Weitere Sonntagsgedanken
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
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