Sonntagsgedanken: Der schützende Engel
Die Psalmen des Alten Testaments gehören zu den faszinierenden Teilen der Bibel. Unbekannte Menschen beten hier ganz ehrlich ohne falsche Scheu ohne frommes Pathos zu Gott. Sie schreien ihre Verzweiflung heraus, sie klagen und klagen an, verlangen Rache und fühlen sich doch mitten in all dem Leid, in all der Unsicherheit ihres Lebens geborgen in Gottes Hand. Unser Evangelisches Gesangbuch enthält eine Reihe solcher Psalmen, die zum Nachlesen, zum Nachdenken, zum Nachbeten einladen. Diesen Abschnitt im Gesangbuch eröffnet auf S. 1264 eine Zeichnung von Marc Chagall mit dem Titel: „Der schützende Engel“.
Der Engel steht im Zentrum des Bildes, mächtig, aber nicht bedrohlich. Er breitet schützend, segnend die Arme über eine Menschengruppe aus, die ihre Stadt fluchtartig verlassen müssen. Rechts unten im Bild sieht man ein böses Monster, das säbelschwingend die Fliehenden bedroht. Der Bösewicht kann den Engel nicht sehen und bildet sich wohl ein, die Flüchtlinge niedermachen zu können. Drastische Bilder von Krieg und Vertreibung, von sinnloser Gewalt flimmern täglich übern Bildschirm. Wir reagieren hilflos, manche auch gleichgültig oder gar zynisch. Der Engel auf Chagalls Bild erinnert, dass Gottes schützende Macht stärker ist als das Monster, das in uns Menschen steckt und uns zugleich von außen bedroht. Die Macht des Bösen kann vernünftige Zeitgenossen in wilde Tiere verwandeln, wenn die Umstände, die Mitmenschen sie umkrämpeln und zugleich steckt das Böse auch in menschenverachtenden Strukturen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.
Begreifen wir auch nicht, warum Gott so viel Elend zulässt, warum so oft das Böse triumpfiert, so dürfen wir uns als Christen doch auf Gott verlassen, auf seine Kraft, seine Gegenwart, seine Liebe. Im Vergleich zu dem Engel wirkt das Monster auf unserem Bild klein und lächerlich.
Weitere Sonntagsgedanken
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
Neueste Kommentare