Artikelserie “Energiewende – muss das sein?”: 15. Fossile Energieträger – Braunkohle
Braunkohle: Braunkohle ist jünger als Steinkohle, „nur“ etwa 65 Millionen Jahre alt. Der Kohlenstoff ist nicht so hoch komprimiert und enthält viel Wasser. Der Brennwert beträgt deshalb nur etwa 72% des Brennwertes der Steinkohle. Deutschland hat erhebliche Vorkommen von Braunkohle. Man findet sie in höheren Schichten, so dass sie im Tagebau abgebaut werden kann. Dies sind Gründe, warum sich nach Kriegsende der Wiederaufbau unserer Stromversorgung auf diesen fossilen Energieträger konzentrierte, trotz seiner vielfältigen Nachteile.
Tagebau, das hört sich so einfach an, aber die Auswirkungen sind gravierend. Die großflächigen Braunkohlenflöze liegen in mehreren Schichten übereinander. Sie sind in Deutschland zwar näher an der Erdoberfläche als Steinkohle, aber stellenweise müssen auch hier erst mal 100 m Deckschicht abgebaggert werden, bis man das oberste Kohlenflöz erreicht. Um an die Kohle zu kommen muss insgesamt etwa die 3- bis 5-fache Menge sog. „Abraum“ abgebaggert und irgendwo gelagert werden. Hierfür werden ebenfalls erhebliche Flächen verbraucht. Dies findet nicht in einer menschenleeren Wüste statt, sondern mitten in Deutschland, auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, mit einer über Jahrhunderte entstandenen dörflichen Besiedelung. Es gibt, neben mehreren kleineren, drei große Abbaugebiete in Deutschland: das rheinische Braunkohlenrevier zwischen Köln und Aachen, das mitteldeutsche Braunkohlenrevier zwischen Halle – Leipzig – Quedlinburg und das Lausitzer Braunkohlenrevier. Diese Landschaften werden nachhaltig zerstört. Der Flächenverbrauch aller deutschen Braunkohle-Tagebaue beträgt bisher ca. 2400 km². Das ist die 4-fache Fläche des Bodensees, bzw. nahezu die Fläche des Saarlandes (2570 km²). Die Zahl der auf diesen Flächen abgebaggerten Dörfer und der mit dem Abraum zugeschütteten geht in die Hunderte. Die dort lebende Bevölkerung wurde „umgesiedelt“. Allein für das rheinische Braunkohlenrevier rechnet man, dass davon insgesamt 45.000 Menschen betroffen sind. „Umsiedeln“, dass hört sich für Außenstehende harmlos an und wird auch sicher „sozialverträglich“ abgewickelt, aber für die betroffenen Familien, die vielleicht schon seit Generationen dort einen Bauernhof bewirtschaftet haben, ist es schlicht eine „Enteignung“.
Nicht nur Menschen werden enteignet, allen dortigen Pflanzen und Tieren wird der Lebensraum genommen. Weder Jahrhunderte alte Wälder, Biotope, seltene Pflanzen und Tiere, noch der Denkmalschutz sind eine Diskussion wert.
Damit die Braunkohle in diesen Gruben abgebaut werden kann, darf kein Wasser in sie hineinfließen. Dazu müssen zunächst alle oberirdischen Wasserläufe großräumig umgeleitet werden. Weiterhin muss das Grundwasser deutlich unter die tiefste Sohle abgesenkt werden. Im rheinischen Braunkohlenrevier ist die Grube Hambach bereits bei 470 m Tiefe angelangt. Eine solch extreme Grundwasserabsenkung setzt sich außerhalb der eigentlichen Grube trichterförmig fort. Die Auswirkungen sind in Entfernungen von bis zu 15 bis 20 km zur Grube feststellbar, mit entsprechenden Schäden in der Landwirtschaft und den verbliebenen Wäldern. Das sind einige 100 km², die zusätzlich zu der direkten Landschaftszerstörung betroffen sind. In diesem Bereich führt die Grundwasserabsenkung zudem zu Bodensetzungen, die Bergschäden verursachen, ähnlich wie in den Steinkohlerevieren.
Als mit geförderte Schadstoffe sind primär Schwefel, Quecksilber und auch einige radioaktive Substanzen zu nennen. Nach der Verbrennung findet man diese Stoffe in der Asche und, trotz aufwendiger Rauchgas-Filteranlagen, als Feinstaub in den Abgasen. In den Rauchgasen sind neben CO₂ noch Schwefeldioxid, Stickstoffoxide sowie gasförmiges Quecksilber enthalten. Im Feinstaub findet man die krebserregenden Schwermetalle Blei, Cadmium und Nickel. Nach einer Untersuchung des Umweltbundesamtes werden von der Industrie pro Jahr ca. 8 bis 10 Tonnen Quecksilber in die Umwelt freigesetzt, überwiegend in die Luft. Davon stammen 65% aus dem Energiesektor, d.h. aus den Kohlekraftwerken.
Die Schadstoffemissionen aller großen europäischen Kohlekraftwerke sind im Europäischen Schadstoffemissionsregister veröffentlicht. Eine Auswertung der EU-Kommission ergab, dass unter den zehn klima-, umwelt- und gesundheitsschädlichsten Anlagen in Europa fünf deutsche Braunkohlekraftwerke sind.
Die Bergbaugesellschaften sind gesetzlich verpflichtet ihre Tagebaue nach der Auskohlung, die sog. Restlöcher, wieder zu „rekultivieren“. Wie wird das in der Praxis sein? Für ein Wiederherstellen der alten Landschaft hat man nicht genug Material um diese Restlöcher wieder aufzufüllen. Etwa 20% bis 30% des ausgebaggerten Materials wurde ja verbrannt. Man kann die Löcher nur mit Wasser füllen und mit dem Aushub die Uferzonen etwas kultivieren. Geplant ist eine Seenlandschaft. Jedes Restloch ein See. Zwei Beispiele: Der „Restsee“ allein des Tagebaus Inden, ein relativ kleiner Tagebau im rheinischen Braunkohlerevier, wird die Größe des Tegernsees haben. Der Restsee des Tagebaus Hambach wird der tiefste deutsche Binnensee (470 m), mit fast der gleichen Wassermenge wie der Bodensee. Das Ganze soll ein Naherholungsgebiet werden. Wie sich diese Wassermassen auf das Kleinklima auswirken, welche Folgewirkungen für das Grundwasser zu erwarten sind und, was evtl. an Schadstoffen aus den Tiefenbereichen in die Seen und ins Grundwasser hinein gespült wird, ist völlig ungewiss.
Fazit: Der fossile Energieträger mit dem schlechtesten Brennwert von dem wir deshalb am meisten brauchen, mit der höchsten direkten Umweltbelastung und Landschaftszerstörung, mit den gravierendsten klima-, umwelt- und gesundheitsschädlichen Auswirkungen, produziert im deutschen Energiemix den meisten Strom.
In der ZDF-Mediathek kann eine Dokumentation über den Lausitzer Braunkohlenabbau mit dem Titel „Braunkohle – Klimakiller mit Zukunft?“ (Hinweis: Video startet sofort). Es werden sowohl die wirtschaftliche Bedeutung als auch die Folgeerscheinungen beleuchtet. Es kann sich jeder seine Meinung bilden, ob die Vorteile oder die Nachteile dieser Technologie überwiegen.
Nachdem wir schon häufig die Klimabeeinflussung angesprochen haben, wollen wir als nächstes dieses Thema genauer behandeln.
Dieter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www.bfb-energie.de
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