Barocke Bausünden und ihre Folgen: Notsicherung der Bamberger Michaelskirche
„Der Himmel droht uns auf den Kopf zu fallen“
Für Asterix und Obelix schien es eine stete, wenngleich irrationale Gefahr. In Bamberg ist daraus bitterer Ernst geworden. „Der Himmel droht uns auf den Kopf zu fallen“, schildert Stiftungs- und Finanzreferent Bertram Felix die „unglaubliche Schadensvielfalt“ in der Bamberger Klosterkirche St. Michael. Das stadtbildprägende 1000-jährige Gebäude, das vor allem wegen seines barocken Gewölbes und des Deckengemäldes „Himmelsgarten“ berühmt ist, musste 2012 wegen erheblicher statischer Probleme für die Öffentlichkeit geschlossen werden. Die Untersuchung des auf historische Gebäude spezialisierten Statikers Günter Döhring, vom Büro Burges und Döhring in Bayreuth belegt jetzt, dass an dem Wahrzeichen „fast nichts mehr im Lot ist“. Der Bamberger Stadtrat hat daraufhin die sofortige Notsicherung beschlossen. Sie wird rund 160.000 Euro kosten. Wann die eigentliche Sanierung beginnt und was sie kosten wird, ist noch nicht absehbar.
Neben vielen weiteren Schadensbildern sei insbesondere das Gewölbe mit Himmelsgarten über dem Langhaus der Kirche St. Michael akut einsturzgefährdet, so Döhring. Das Erkennen der Schäden habe ihn in einen regelrechten Schockzustand versetzt. Eine Notsicherung sei unabdingbar. Nun sollen Zuganker auf Höhe der Gewölbekämpfer eingebaut werden. Mit der Umsetzung der Maßnahme wird zwar die konkrete Gefahr beseitigt, allerdings ist weiterhin weder die Verkehrssicherheit noch die Gebrauchstauglichkeit des Kircheninnenraumes gegeben. Die Kirche muss daher auch weiterhin geschlossen bleiben. Dies bedauerten vor allem im Jahr des Klosterjubiläums alle Beteiligten, so Felix. Es sei jedoch unvermeidlich.
Laut Döhring war es vor allem der nachträgliche Einbau des barocken Deckengewölbes in den romanischen Bau, der zu dem heutigen desaströsen Zustand geführt hat. „Der Himmelsgarten ist in mächtiger Bewegung, die Seitenwände sind dreizehn Zentimeter gen Süden gedriftet. Die Hochgadenwände sind ebenfalls bereits nach außen gekippt“, schildert Döhring die Details des Schadensbilds. Erste Untersuchungen des Untergrunds erhärteten außerdem den Verdacht, dass schon der erste romanische Kirchenbau kein stabiles Fundament hatte. Er gründet nicht auf Sandstein, sondern auf Letten.
Zudem ziehe die Dientzenhofer-Fassade, die der romanischen Kirche ab 1696 vorangestellt wurde, zusätzlich an dem Bau. „Sie hängt wie ein Rucksack an dem Gebäude“, erklärte Döhring. Schon zu Bauzeiten führte dies zu vertikalen Rissen im Gewölbe und in den Seiten. Vermutlich Balthasar Neumann, mutmaßte Döhring, hatte schon um 1724 reagiert und Eisen-Zuganker eingezogen. Diese seien allerdings von einem unbekannten Baumeister zu einem späteren Zeitpunkt schlichtweg gekappt worden. Kein einziger sei mehr funktionstüchtig. Einzelne Risse seien restauratorisch geschlossen worden und wieder aufgegangen. Die Reparaturen der letzten 1000 Jahre sind jedoch hauptsächlich kosmetischer Art gewesen. Hinzu kommt mindestens ein schwerwiegendes Brandereignis in der Baugeschichte der Kirche. Dazu müsse man wissen, erklärte Döhring, dass dadurch der Sandstein seine Festigkeit verliere. Im Jahr 1117 erschütterte zudem ein Erdbeben die Kirche bis in die Grundfesten. Die wiederaufgebaute Kirche wurde 1121 geweiht.
Dem Gerücht, der dramatische Zustand der Kirche habe etwas mit der Anlage eines Weinbergs am Südhang des Klosters zu tun, trat Döhring vehement entgegen. Zwischen der Kirche und dem Weinberg gebe es eine Sandsteinstufe, die wie eine Schutzbarriere wirke.
Der Vortrag von Günter Döhring wird am Dienstag, 10.03.2015 wiederholt. Die interessierte Öffentlichkeit ist herzlich dazu eingeladen. Der Eintritt ist frei. Veranstaltungsort und Uhrzeit werden noch bekannt gegeben.
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