Universität Bayreuth: Wie können sanitäre Standards in Westafrika verbessert werden?
Ergebnisse einer empirischen Studie in Benin
Im Jahr 2000 haben die Vereinten Nationen im Rahmen ihrer Millenniumsziele beschlossen, dass vor allem in den Entwicklungsländern der Zugang der Menschen zu sanitären Anlagen nachhaltig verbessert werden müsse. Doch die Situation in Subsahara-Afrika ist immer noch weit von diesem Ziel entfernt, und auch gesundheitspolitische Programme staatlicher Institutionen haben oft nicht die gewünschte Wirkung. Darauf macht eine Studie aufmerksam, die von der Bayreuther Entwicklungsökonomin Dr. Elena Groß gemeinsam mit Dr. Isabel Günther von der ETH Zürich erarbeitet wurde. Die Wissenschaftlerinnen haben ihre Ergebnisse in der Zeitschrift „Water Resources Research“ veröffentlicht, die von der American Geophysical Union herausgegeben wird.
Die Studie konzentriert sich auf ländliche Regionen im Zentrum und im Süden der westafrikanischen Republik Benin. Mehr als 95 Prozent der ländlichen Bevölkerung verfügen über keine oder nur über hygienisch mangelhafte Latrinen. In einer repräsentativen Befragung von 2.000 Haushalten wollten die Wissenschaftlerinnen mehr über die Gründe erfahren, weshalb Haushalte keine Latrine besitzen. Ein Haupthindernis sind, wie sich herausstellte, die schlechten Einkommensverhältnisse und die sehr hohen Preise für den Bau sanitärer Anlagen. Selbst wenn die Preise um mehr als 50 Prozent gesenkt würden, wäre längst noch keine flächendeckende hygienische Versorgung gewährleistet. Bei der gegenwärtigen Einkommenssituation würde selbst eine derart drastische Preissenkung nur dazu führen, dass allenfalls 60 Prozent der Haushalte in ländlichen Regionen einen Zugang zu Sanitäranlagen erhalten. „Armutsbekämpfung ist, dies macht unsere Befragung sehr deutlich, nicht zuletzt auch eine gesundheitspolitische Notwendigkeit“, so Dr. Elena Groß.
In den vergangenen Jahren hat es in Benin bereits mehrere öffentliche Kampagnen gegeben, die auf eine Verbesserung der sanitären Verhältnisse abzielten. Staatliche Institutionen und Nicht-Regierungsorganisationen wollten die Bevölkerung davon überzeugen, dass der Bau von Latrinen mit einem moderneren Lebensstil verbunden ist und dadurch ihr Sozialprestige im unmittelbaren Lebensumfeld verbessert wird. Die Studie von Dr. Elena Groß und Dr. Isabel Günther legt jedoch nahe, dass diese Initiativen weitgehend erfolglos blieben. Solange die Lebensverhältnisse in ländlichen Regionen flächendeckend durch Armut geprägt sind, sei der Wunsch nach einem prestigeträchtigen Lebensstil offenbar nur ein schwaches Motiv, an der sanitären Situation etwas zu ändern – so die Schlussfolgerung der beiden Wissenschaftlerinnen.
Gesundheitspolitische Programme seien dagegen aussichtsreicher, wenn sie an die unmittelbaren Bedürfnisse der Menschen anknüpfen. „Eines der am häufigsten genannten Motive zur Anschaffung einer hauseigenen Latrine ist die Furcht, sich bei Dunkelheit allein nach draußen zu begeben. In den Interviews erzählten vor allem Frauen von der Gefahr durch Übergriffe und von Schlangen. Ein weiterer häufig genannter Grund für den Bau einer Latrine ist der Schutz vor Infektionskrankheiten“, berichtet die Bayreuther Postdoktorandin. „Wir schlagen deshalb vor, dass künftige Kampagnen in ländlichen Gebieten unter ein Motto gestellt werden, dass den täglichen Lebenserfahrungen näher steht als ein vager Appell an das Modernitätsstreben. Darüber hinaus ist es natürlich wichtig, im Sanitärbereich neue und preisgünstige Technologien zu entwickeln, die sich die Bevölkerung auch wirklich leisten kann.“
Veröffentlichung:
Elena Gross and Isabel Günther,
Why do households invest in sanitation in rural Benin: Health, wealth, or prestige?
in: Water Resources Research, 50, DOI: 10.1002/2014WR015899
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