„Kultur der Achtsamkeit” soll Missbrauch und sexualisierte Gewalt verhindern
Erzbistum Bamberg startet Präventionsprojekt mit Schulung von 7000 Personen
Missbrauchsbeauftragte zieht Bilanz: 16 Täter bekannt und 92.000 Euro Anerkennungszahlungen geleistet
(bbk) Als Konsequenz aus den Missbrauchsfällen vergangener Jahre in der katholischen Kirche will das Erzbistum Bamberg eine „Kultur der Achtsamkeit“ schaffen und hat dazu ein breit angelegtes Präventionsprojekt gestartet. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pfarreien und Einrichtungen des Erzbistums, die in Kontakt mit Kindern, Jugendlichen oder erwachsenen Schutzbefohlenen stehen, nehmen an verpflichtenden Schulungen im Umfang zwischen drei und zwölf Stunden teil. Insgesamt ist die Schulung von rund 7000 Personen vorgesehen, die ersten Maßnahmen sind bereits angelaufen.
„Ziel der Schulungen ist es, mögliche Opfer zu schützen, Tätern die Übergriffe zu erschweren und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Handlungssicherheit zu geben“, sagte Erzbischof Ludwig Schick. „Als Kirche stellen wir uns der Verantwortung für das Leid, das von Geistlichen und kirchlichen Mitarbeitern Opfern angetan wurde, und stehen in der Pflicht, solche Verbrechen in Zukunft zu verhindern.“ Schick fügte hinzu: „Mit Prävention werden wir uns in Zukunft immer wieder beschäftigen.“ Die Präventionsschulungen seien ein Baustein im institutionellen Schutzkonzept. Prävention sei ein Prozess, der mit allen Beteiligten gestaltet werden müsse. „Deshalb arbeitet seit einigen Jahren der Fachausschuss Prävention unter der Leitung von Generalvikar Georg Kestel daran, das Thema in allen Bereichen der Diözese zu verankern“, so Schick.
Die Präventionsbeauftragte des Erzbistums, Monika Rudolf, erläuterte, dass der Schwerpunkt der Maßnahmen nicht nur auf sexuellem Missbrauch im strafrechtlichen Sinne liegen soll: „Wir arbeiten auch zum Thema Nähe und Distanz, Grenzen und Grenzverletzungen. Sexualisierte Gewalt beginnt deutlich vor der Grenze der juristischen Strafbarkeit.“ Weil pädagogische und pastorale Arbeit von einer gewissen Nähe lebe, solle den Mitarbeitern, die mit Kindern und Jugendlichen umgehen, Sicherheit gegeben werden, kritische Situationen zu beurteilen. „Ist es in Ordnung, ein trauriges Kind in den Arm zu nehmen? Darf man im Sommerlager bei Spielen mit Körperkontakt mitmachen? Wann sind Witze und Hänseleien unter Jugendlichen nicht mehr als Spaß zu werten und wie ist darauf zu reagieren?“ Diese Fragen machten deutlich, dass Grenzen subjektiv wahrgenommen werden und dass es wichtig ist, mit allen Beteiligten darüber ins Gespräch zu kommen.
Die Missbrauchsbeauftragte des Erzbistums, Rechtsanwältin Eva Hastenteufel-Knörr, zog eine Bilanz ihrer Arbeit der vergangenen Jahre, die sie zusammen mit der Diözesankommission für Missbrauchsanzeigen geleistet hat. Demnach sind im Erzbistum die Fälle von 15 Geistlichen bekannt, bei denen der begründete Tatverdacht des sexuellen Missbrauchs vorliegt. Hinzu kommt ein Ehrenamtlicher, der des sexuellen Missbrauchs beschuldigt wurde. Die Fälle gehen bis in die 40er-Jahre zurück. Ein Priester, der nur vorübergehend im Erzbistum tätig war, wurde strafrechtlich verurteilt. Gegen insgesamt drei Priester wurden die Verfahren wegen Verjährung eingestellt. Drei Verfahren wurden eingestellt, weil keine Straftat nachgewiesen wurde. Ein Geistlicher wurde kirchenrechtlich suspendiert und darf keine kirchlichen Dienste und Aufgaben mehr wahrnehmen, er wurde in einem weltlichen Strafverfahren als schuldunfähig angesehen. Zuletzt wurde ein Priester 2012 in einem kirchlichen Verfahren strafweise in den Ruhestand versetzt, nachdem die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen 2009 wegen Verjährung eingestellt wurden. Ein kirchliches Verfahren gegen einen weiteren Priester, der vom Dienst suspendiert wurde, läuft noch. Mehrere beschuldigte Priester sind gestorben.
Insgesamt wurden, so Hastenteufel-Knörr, für 16 Opfer Anerkennungszahlungen geleistet, wobei nicht alle Opfer Anträge gestellt hatten. Die Höhe der Zahlungen lag zwischen 1000 und 20.000 Euro. Insgesamt wurden Zahlungen in Höhe von 92.000 Euro geleistet. Die Erzdiözese ist in den Fällen eingesprungen, in denen der Täter verstorben war oder aus anderen Gründen keine Zahlungen erbringen konnte. 54.000 Euro wurden von den Tätern selbst gezahlt.
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