Leserbrief: BArrierefrei-Preis 2015 – Vorschlag

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Sehr geehrte Damen und Herren!

Für die Verleihung des diesjährigen BArrierefrei-Preises der Stadt Bamberg schlage ich vor:

  1. Frau Kornelia Towstoles, Leiterin des Straßenverkehrsamts der Stadt Bamberg
  2. Herrn Wilhelm Wenning, Regierungspräsident des Bezirks Oberfranken
  3. Herrn Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr

Die Numerierung stellt keine Reihenfolge oder Gewichtung dar. Sie dient lediglich der späteren Referenzierung im Text.

Begründung:

Zu 1.

Unter der maßgeblichen Verantwortung der Amtsleiterin hat sich die Behörde hohe Verdienste um die barrierefreie Gestaltung Bambergs für den motorisierten Individualverkehr, genauer: seinen ruhenden Anteil, erworben. Insbesondere die nachfolgend skizzierten drei Maßnahmepakete bewirken, daß Verkehrsflächen, die nominell oder ursprünglich für die nur geringe Bedeutung besitzenden unmotorisierten Verkehrsarten ausgewiesen sind bzw. waren, keine Barrieren für das unverzichtbare zielnahe Abstellen des geliebten Vehikels darstellen:

a) Das eigentlich unzulässige Parken auf Gehwegen wird geduldet. Um dies rechtlich abzusichern, ist bei diesbezüglichen öffentlichen Bekundungen zu beachten, Einschränkungen wie einen freibleibenden Mindestquerschnitt oder Hinderungsgründe wie die Unverhältnismäßigkeit der Überwachung oder gar Ahndung zu erwähnen. Inwieweit dies der Realität entspricht, spielt eine untergeordnete Rolle. Denn der gerichtsfeste Nachweis überfordert den Normalbürger in der Regel.

„Am Obstmarkt parken leider viel zu häufig (täglich?) Motorräder, -roller und Fahrräder so auf dem Gehweg, dass Fußgänger nur über den angrenzenden Radweg/-streifen an diesen vorbei kommen können.“ (Beschwerde im elektronischen Bürgerdialog der Stadt Bamberg, ID 1050) – Antwort: „Die Stadt Bamberg toleriert im Rahmen des Opportunitätsprinzips das Parkverhalten von motorisierten Zweiradfahrern …“

„Seit Wochen parken meist dicke, schwere, Motorräder auf dem Gehsteig in der Langen Straße.“ (Beschwerde im elektronischen Bürgerdialog der Stadt Bamberg, ID 1111) – Antwort: „Die Stadt Bamberg toleriert im Rahmen des Opportunitätsprinzips das Parkverhalten von motorisierten Zweiradfahrern …“

„Seit Wochen parkt dieses Motorisierte auf dem eh schon schmalen Gehsteig. Von Barrierefreiheit ist hier nicht zu reden. -> Letzengasse“ (Beschwerde im elektronischen Bürgerdialog der Stadt Bamberg, ID 1112) – Antwort: „Von unserem zuständigen Straßenverkehrsamt wurde mitgeteilt, dass dieses Fahrzeug toleriert wird. Grund dafür ist, dass es keiner Verhältnismäßigkeit entspricht, in einer solchen Nebenstraße, ein einzelnes Kraftrad zu verwarnen.“

b) Das eigentlich unzulässige Parken auf Radverkehrsanlagen wird geduldet. Um dies rechtlich abzusichern, ist bei diesbezüglichen öffentlichen Bekundungen zu beachten, Einschränkungen wie die Zweckbestimmung für Be- oder Entladen bzw. eine zeitliche Beschränkung (von drei Minuten) zu erwähnen. Inwieweit dies der Realität entspricht, spielt eine untergeordnete Rolle. Denn der gerichtsfeste Nachweis überfordert den Normalbürger in der Regel.

„Das Laden und Liefern auf dem Fahrradweg in der Langen Straße bzw. auf dem Fahrradstreifen am Grünen Markt wird von den ParküberwachernInnen im Rahmen des Opportunitätsprinzipes geduldet“ (Stadt im elektronischen Bürgerdialog, ID 1308).

c) Das Parken auf Gehwegen wird auch dann angeordnet, wenn die rechtlich vorgeschriebene „Restgehwegbreite“ („Das Parken auf Gehwegen darf nur zugelassen werden, wenn genügend Platz für den unbehinderten Verkehr von Fußgängern gegebenenfalls mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern auch im Begegnungsverkehr bleibt“, Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung; „Die Regelbreite für Gehwege beträgt mindestens 2,50 m (RASt 6.1.6.1); sie berücksichtigt den Begegnungsfall (bzw. das Nebeneinandergehen) von zwei Personen sowie je einen seitlichen Sicherheitsraum von 0,50 m (Abstand zu einer Fahrbahn oder einem Längs-Parkstreifen) und 0,20 m (Abstand zu einer Einfriedung oder einem Gebäude). Je nach örtlicher Situation sind erhebliche Mehrbreiten einzuplanen …“, www.geh-recht.info, FUSS e.V. Fachverband Fußverkehr Deutschland) deutlich unterschritten ist. Etwaige Beschwerden aus der Bürgerschaft sind unter Verweis auf die Bedeutung des motorisierten Individualverkehrs und das drohende Unverständnis gegenüber angemessener Berücksichtigung der Fußgängerinteressen zu erwidern.

„Wenn auch Gehwege grundsätzlich Sonderwege für Fußgänger darstellen, so hat es sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte eingebürgert, angesichts einer steigenden Anzahl von Kraftfahrzeugen … das Parken auf Gehwegen (ganz oder teilweise) zuzulassen. Würde man den Empfehlungen für Fußverkehrsanlagen (EFA) folgen …, so müsste im Stadtgebiet von Bamberg eine große Anzahl von Parkmöglichkeiten aufgelassen werden, was wohl … auf Unverständnis stoßen würde“ (Stadt Bamberg, 25. Juli 2013).

Die Beachtung rechtlicher und fachlicher Vorgaben stellte schließlich eine unangemessene Barriere für die bequeme Nutzung des Kraftfahrzeugs, wozu notwendigerweise auch die Vermeidung langer Fußwege gehört, dar.

Zu 2.

Unter der maßgeblichen Verantwortung des Behördenleiters stellt die für die Kommunalaufsicht über kreisfreie Städte zuständige Bezirksregierung fest:

„bei der Entscheidung darüber, auf dem Gehweg Kraftfahrzeuge ganz oder teilweise parken zu lassen, … spielt nicht zuletzt … der … vorhandene Parkdruck eine nicht unerhebliche Rolle. … Davon ausgehend findet bei der Stadt eine Interessenabwägung statt, die wir nicht kritisieren können“ (Bezirksregierung Oberfranken, 18. Oktober 2013).

Wo kämen wir auch hin, würden der rechtliche Schutz der Fußgänger, mobilitätseingeschränkter Menschen, gar der Kinder, und deren Verkehrssicherheit höher gewichtet als die berechtigte Nachfrage nach bequem erreichbaren Parkplätzen?

Zu 3.

Unter des maßgeblichen Verantwortung des Ministers gibt sich die für die Kommunalaufsicht über kreisfreie Städte in zweiter Instanz verantwortliche Behörde damit zufrieden, daß die Stadt Bamberg Beschwerden über Rechtsverstöße im Zusammenhang mit dem ruhenden Kfz-Verkehr überhaupt beantwortet. Um überflüssige Bürokratie zu vermeiden, sieht das Ministerium großzügig darüber hinweg, daß etliche Gesichtspunkte der bürgerschaftlichen Einwendungen vollständig ignoriert werden und ansonsten die Beachtung geltender Rechtsvorschriften offen abgelehnt wird.

Als Barriere gegen die Mißachtung des Schutzes der schwächsten Verkehrsteilnehmer hat sich das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr erfolgreich selbst abgebaut.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Bönig
Martin-Ott-Straße 8
96049 Bamberg-Gaustadt