E.T.A.-Hoffmann-Theater Bamberg zeigt William Shakespeares "The Merchant of Venice"

Die Fragen, die sich in diesem außergewöhnlichen Stück bezüglich Rassismus, der Macht des Geldes und des Verhältnisses der Geschlechter zueinander stellen, sind beunruhigend aktuell. Venedig steht für ein modernes Wirtschaftszentrum, ist eine Stadt voller Möglichkeiten, in der das Geschäftemachen wichtiger ist als Gesetze. Inmitten dieser aufgeheizten Welt der lukrativen Transaktionen steht nun Shylock, der erste Jude der westlichen Literatur mit tragischem Schicksal.

Er hat eine Reihe von zweifelhaften Charakteren gegen sich, die Geld über Liebe oder sonstige edlen Gefühle stellen. Die andere zauberhafte Bühnengestalt in Shakespeares Stück ist die dynamische und entschlossene Portia, die um Glück und Liebe gegen ihres Vaters bizarres Heiratsspiel kämpft. Sie stellt das Patriarchat auf den Kopf, indem sie vor Gericht in männlicher Verkleidung auftritt. Mit List und Tücke bezwingt sie nicht nur Shylock, der rachsüchtig ein Pfund Fleisch von seinem Schuldner einfordert, sondern auch die Macht des Patriarchats. Aber ihr Sieg hinterlässt einen bitteren Geschmack auf der Zunge. Ist dieses Stück wirklich eine Komödie mit glücklichem Ende oder vielmehr eine ausdrückliche Warnung vor einer Welt, in der Opportunismus, Rassenhass und Geldgier regieren?

Mit großer Erfahrung gelingt es dem preisgekrönten Regisseur Paul Stebbings, Shakespeares schwieriges Meisterwerk überzeugend auf die Bühne zu bringen. Er wählt keinen einfachen Ausweg, sondern zeigt den Antisemitismus mit Nachdruck und in all seiner Dramatik. Historischer Schauplatz ist Shakespeares Zeit, so dass die Grausamkeit des Gesetzes nahe liegt und Parallelen zu den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts vermieden werden. Den Rassenhass als faschistische Strömung abzutun wäre zu einfach. Shakespeare zeigt uns eine dunklere Wahrheit: Die Geldgier lässt den Menschen jede nur denkbare Grausamkeit begehen. Aber solche Erkenntnisse vermittelt uns Shakespeare nicht als trockenen Lesestoff, sondern durch lebenssprühende Dramen, seien es Komödien oder Tragödien, in denen er mit seiner überragenden Sprachmeisterschaft erfreut, wie zum Beispiel in der herausragenden Szene im Gerichtssaal – einer der besten, die jemals geschrieben wurde.

Auch Musik wird wieder eine Rolle spielen in diesem Bühnen-Venedig, das mehr als wacklig auf Wasser, Moneten und moralische Blindheit gebaut ist.

„The Merchant of Venice“ von William Shakespeare

  • Schauspiel in englischer Sprache
  • Inszenierung: Paul Stebbings
  • Schauspieler: American Drama Group Europe
  • Vorstellung: 2. Februar | 19:00 | Großes Haus
  • Kartenkauf über printyourticket.de