Artikelserie “Energiewende – muss das sein?”: 7. Stromnetze – die Achillesferse unserer Infrastruktur
7. Stromnetze – die Achillesferse unserer Infrastruktur
Wir haben gesehen, das Netz ist das Bindeglied zwischen den Kraftwerken (den Energielieferanten) und den angeschlossenen Nutzern. Letztere sind unzählig viele und jeder bestimmt für sich selbst, wann er wie viel Strom dem Netz entnimmt. Die Kraftwerke müssen sekundengenau exakt diesen Strom erzeugen. Dieser sucht sich selbst den günstigsten Weg zum Verbraucher. Die übergeordnete Steuerung muss mit einer zweckmäßigen Netzkonfiguration sicherstellen, dass nirgendwo im Netz eine Überlastung auftritt.
Kommt es nun an irgendeiner Stelle im Netz zu einer Abschaltung, z.B. durch einen technischen Defekt, Beschädigung eines Kabels oder dergleichen, so ändert sich unmittelbar der Energiefluss im Netz. Dies kann Überlastungen und Abschaltungen in benachbarten Netzteilen zur Folge haben. Im ungünstigsten Fall kommt es zu kaskadenartigen Abschaltungen (Dominoeffekt, Lawineneffekt) mit einem „Blackout“ des ganzen Netzes, wenn nicht schnell genug eingegriffen und mit gezielten Schaltmaßnahmen die Fehlerstelle isoliert wird.
Welche Strategien stehen der übergeordnete Steuerung für solche Störungsfälle zur Verfügung?
- Isolierung des gestörten Netzabschnittes und Umleitung der Energieströme. Dies beinhaltet evtl. auch eine andere Verteilung der Energieströme auf verschiedene Kraftwerke bzw. Zu- oder Abschaltung benachbarter Kraftwerke.
- Falls dies nicht ausreicht um das Netz wieder zu stabilisieren, werden gezielt einzelne Verbraucher abgeschaltet.
- Wenn auch das nicht ausreicht, und bevor solche Lawineneffekte sich im ganzen Netz ausbreiten, wird das Netz in einzelne Teilnetze aufgetrennt, da die Stabilisierung eines kleineren Netzes wesentlich einfacher ist. Die Netzstruktur wird temporär von einem zentralen Netz in mehrere dezentrale Netze geändert. Diese können dann getrennt wieder hochgefahren, stabilisiert und anschließend wieder zusammen geschaltet (synchronisiert) werden.
Die Wahrscheinlichkeit für einen Blackout des ganzen Netzes ist relativ gering. Ein großflächiger kompletter Stromausfall ist jedoch eine Katastrophe, die gesamte Infrastruktur der betroffenen Region bricht zusammen. Das Wiederanfahren der einzelnen Kraftwerke, deren Synchronisierung und die Wiederherstellung des Netzes kann, je nach Art der Störungsursache, viele Stunden bis Tage dauern – je größer das Netz umso komplizierter.
Dazu hat der Ausschuss für Technikfolgenabschätzung im Auftrag des Bundestages eine Studie angefertigt. Die ersten 15 Seiten geben schon einen sehr guten Überblick über die Folgen. Sie nennt neben den üblichen Ursachen – technisches und menschliches Versagen – auch extreme Naturereignisse und Terrorismus, vor allem Hackerattacken. Bei diesen beiden geht man in Zukunft von einer Zunahme aus. Ein weiteres Ergebnis dieser Studie ist, dass dezentral organisierte Energieversorgungssysteme diese Situationen wesentlich entschärfen könnten. Mit wenigen großen Kraftwerken ist die Wahrscheinlichkeit von großflächigen Ausfällen deutlich höher als mit mehreren kleinen – dies findet bisher in der Öffentlichkeit kaum Beachtung.
Es gab in den letzten Jahren im Europäischen Netz einige Fälle von Netzausfall aus sehr unterschiedlichen Ursachen, die erst in der letzten Stufe vor einem totalen Blackout abgefangen werden konnten. Beispiele zu den Ursachen und dem Verlauf siehe: Stromausfall in Europa im November 2006, sowie Europäisches Verbundsystem Abschnitt Störungen.
In den nächsten Folgen wenden wir uns dem Thema zu, wie die, in fossilen Energieträgern gespeicherte Energie, zu elektrischer Energie umgeformt wird und dann der Strom in die Netze kommt.
Dieter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www.bfb-energie.de
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