Gedanken zum Fest Maria Heimsuchung
Ein vergessener Feiertag: Maria Heimsuchung am 2. Juli
Käthe Kollwitz stellte sich auf die Seite der Opfer von Elend, Unterdrückung und Krieg. Diese Haltung prägt auch ihr Bild mit dem Titel „Begegnung“, das im Evangelischen Gesangbuch auf S. 588 den Abschnitt über Lob und Dank eröffnet. Maria reist zu ihrer Verwandten Elisabeth. In früheren Zeiten nannte man diese Episode „Maria Heimsuchung“, meinte damit aber nur den Besuch der Mutter jesu, während „Heimsuchung“ für uns Heutige nach einem Schicksalsschlag klingt . Die beiden Frauen auf dem Bild umarmen sich in einer Geste trauriger Zärtlichkeit. Aus diesem Kunstwerk, aus dieser Geschichte spüre ich die so oft ungestillte menschliche Sehnsucht nach wahrem Verständnis, nach Geborgenheit. Wir brauchen auch in der Kirche mehr Gelegenheiten zum zwanglosen Gespräch, zugleich beschützte Räume, wo man sich wohl fühlt, die Kraft aufbringt,die eigenen sorgen, auch das eigene Versagen frei zu äußern.
Beide Frauen auf Kollwitzens Bild ahnen, dass die Kinder, die sie erwarten, nämlich Johannes der Täufer und Jesus, ein hartes Schicksal erleiden müssen. Sie und Elisabeth zeigen uns, dass Christsein nicht bedeutet, ohne Sorge, ohne Schmerz leben zu können. Maria lässt sich aber nicht unterkriegen. Obwohl sie nicht weiß, was Gott noch mit ihr vor hat, singt sie den überschwenglichen Lobpreis des Magnificats, zu lesen im 1. Kapitel des Lukasevangeliums. Gott führt vielleicht auch uns nach Golgatha, sei es, dass wir einen lieben Angehörigen früh verlieren, sei es, dass wir selbst Opfer von Gewalt und Not werden, aber auch wir dürfen so wie Maria den auferstandenen HERRN sehen, den Sieger über Unrecht und Tod.Noch haben wir nur sein Evangelium, noch wirkt er nur im Verborgenen durch die Kraft des Heiligen Geistes, aber wir gehören schon zu ihm durch unsere Taufe. Wie der noch ungeborene Johannes im Leib seiner Mutter vor Freude hüpfte, als die schwangere Maria grüßend ins Haus trat, so dürfen auch wir die verwandelnde Nähe Jesu freudig spüren, dürfen uns von ihm anrühren lassen ganz sacht, ganz leise, manchmal kaum zu merken im hektischen, lärmenden Getriebe unseres Lebens.Der Auferstandene schenkt uns täglich so viel, was wir nicht als selbstverständlich hinnehmen sollten: Gesundheit, die Gemeinschaft mit unseren Lieben. Dass wir ein Dach über dem Kopf haben, in einem freien Land leben dürfen, ist Gnade, nicht eigene Leistung, erst recht kein einklagbarer Anspruch. Wer dies begriffen hat, muss einfach einstimmen in den Lobpreis Gottes.
Weitere Sonntagsgedanken
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
- nicht verheiratet
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