Promotionspreis für herausragenden Bayreuther Nachwuchswissenschaftler

Symbolbild Bildung

Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Graduiertenkolleg 1640 „Fotophysik synthetischer und biologischer multichromophorer Systeme“ an der Universität Bayreuth hat erstmals seinen Promotionspreis für herausragende wissenschaftliche Leistungen verliehen. Preisträger ist der PhysikerDr. Andreas Karolewski, der 2013 in Bayreuth mit einer Arbeit über Ladungstransferanregungen in multichromophoren Systemen promoviert und sich in den letzten Jahren mit wegweisenden Forschungsbeiträgen international einen Namen gemacht hat. Seine Forschungen verbinden theoretische Grundlagenfragen der Physik und der Chemie und sind, gerade aufgrund dieser interdisziplinären Herangehensweise, hochrelevant für die Entwicklung neuer Technologien – beispielsweise in der Elektronik oder auf dem Gebiet der Gewinnung und Nutzung erneuerbarer Energien.

„Wir freuen uns und sind stolz darauf, dass aus unserem Graduiertenkolleg ein so herausragender Nachwuchswissenschaftler hervorgegangen ist, dessen Forschungsarbeiten zur Lösung wichtiger Zukunftsfragen beitragen können“, erklärte der Sprecher des Graduiertenkollegs, der Bayreuther Experimentalphysiker Prof. Dr. Jürgen Köhler, bei der Preisverleihung.

Interdisziplinäre Grundlagenforschung

„Multichromophore Systeme“ sind dadurch definiert, dass sie sich aus verschiedenen Bausteinen zusammensetzen, die mit Licht wechselwirken können. Ein prominentes Beispiel in der Natur sind die Lichtsammelkomplexe in Pflanzen, die eine unentbehrliche Voraussetzung für die Fotosynthese – also für die Umwandlung von Lichtenergie in chemische Energie – bilden. Auch in der Energietechnik, vor allem in organischen Solarzellen, kommen derartige Systeme zum Einsatz. Das DFG-Graduiertenkolleg an der Universität Bayreuth zielt darauf ab, die physikalischen und chemischen Grundlagen solcher Systeme bis in ihre molekularen und atomaren Strukturen hinein aufzuklären. Aufbauend auf diesen Forschungsergebnissen sollen Ansatzpunkte für neue technologische Entwicklungen identifiziert und im Labormaßstab erprobt werden. Die Doktorandenförderung in diesem Kolleg
ist in die Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften (BayNAT) integriert, die ihrerseits ein Teil der University of Bayreuth Graduate School ist.

„Der Erfolg von Dr. Andreas Karolewski zeigt, dass Promovenden mit interdisziplinären Forschungsinteressen an der Universität Bayreuth sehr gute Arbeitsbedingungen vorfinden“, freut sich Prof. Dr. Hans-Werner Schmidt, Direktor der University of Bayreuth Graduate School und Vizepräsident der Universität Bayreuth für die Bereiche Forschung und wissenschaftlicher Nachwuchs. „Wir wollen die Förderung hervorragend qualifizierter Doktorandinnen und Doktoranden gerade auch in den fächerübergreifenden Profilfeldern unserer Universität in Zukunft weiter ausbauen.“

Von der Theorie zu energietechnischen Anwendungen

Wie die Jury des Graduiertenkollegs in ihrer Begründung für die Preisverleihung hervorhebt, hat sich Dr. Andreas Karolewski während seiner Promotionszeit in besonderer Weise für diese Forschungsziele engagiert. 2009 hatte er sein Studium der Physik – mit einem Schwerpunkt in der theoretischen Physik – an der Universität Bayreuth mit Auszeichnung abgeschlossen und unmittelbar danach mit der Dissertation begonnen. Von Anfang an verfolgte er dabei ein starkes Interesse an der Vernetzung physikalischer und chemischer Grundlagenfragen. Dieses Interesse war nicht zuletzt durch das interdisziplinäre Studienprogramm „Macromolecular Science“ im Elitenetzwerk Bayern geweckt worden, das Dr. Andreas Karolewski von 2007 bis 2011 an der Universität Bayreuth absolviert hat. Es prägte daher auch die Forschungen für seine Promotion.

Ein Schwerpunkt seiner Dissertation am Lehrstuhl Theoretische Physik IV von Prof. Dr. Stephan Kümmel lag auf der Weiterentwicklung der Dichtefunktionaltheorie, einem Gebiet der Quantenphysik, das sich mit der mathematischen Beschreibung grundlegender Eigenschaften und Verhaltensweisen von Atomen und Molekülen befasst. Zeitgleich engagierte sich der Bayreuther Nachwuchswissenschaftler aber auch in der Forschungsgruppe von Prof. Dr. Mukundan Thelakkat am Lehrstuhl Makromolekulare Chemie I. Diese Gruppe befasst sich im Rahmen diverser Forschungsprojekte mit Fragen des „Light Harvesting“ – bis hin zur Entwicklung neuartiger organischer Solarzellen, die kostengünstig im Industriemaßstab hergestellt werden können. Hier konnte Andreas Karolewski den Brückenschlag von der Theorie zur technologischen Anwendung mit eigenen Überlegungen voranbringen. Sind neue chemische Verbindungen, die aufgrund mathematisch-abstrakter Überlegungen im Labor synthetisiert synthetisiert werden können, tatsächlich für die Lichtabsorption in organischen Solarzellen geeignet? An den Tests, die diese Frage klären sollten, war er wesentlich mitbeteiligt.

International vernetzt, engagiert für den wissenschaftlichen Nachwuchs

Bereits 2009 hatte der Bayreuther Doktorand die Gelegenheit erhalten, seine Forschungsideen auf der Jahrestagung der Nobelpreisträger in Lindau vorzustellen. Während eines Forschungsaufenthalts von 2011 bis 2012 am Weizmann-Institut in Rehovot/Israel, das zu den weltweit führenden Forschungseinrichtungen der Physikalischen Chemie zählt, konnte er seine internationale Kontakte weiter ausbauen. „Nach Bayreuth zurückgekehrt, hat sich Andreas Karolewski sehr dafür eingesetzt, seine Erfahrungen in die wissenschaftliche Weiterentwicklung unseres Graduiertenkollegs einzubringen“, berichtet Prof. Dr. Stephan Kümmel. „Bis Oktober 2013 war er Sprecher der Promovierenden des Graduiertenkollegs und hat sich auch in dieser Funktion sehr engagiert, beispielsweise bei der Organisation von Workshops für die Promovierenden.“

Auf dem Weg zu neuen Materialien für hocheffiziente Solarzellen

In einer 2011 veröffentlichten, international vielbeachtete Publikation hatte Dr. Andreas Karolewski aufgrund von Computersimulationen gezeigt, dass modifizierte Naphthalin-Diimid-Moleküle – kurz: NDI-Moleküle – sehr interessante Bausteine für kostengünstige Solarzellen sind, weil sie Licht verschiedener Wellenlängen absorbieren können.

An diese Ergebnisse knüpft er in einer weiteren Studie an, die 2013 in der Zeitschrift PCCP (Physical Chemistry Chemical Physics) erschien. Auch hier geht es um die Grundlagen von Lichtsammelkomplexen und organischen Solarzellen („Light Harvesting“). Deren Effizienz lässt sich erheblich steigern, wenn es gelingt, einen möglichst großen Teil des Sonnenlicht-Spektrums zu absorbieren. Dazu werden Moleküle gesucht, die in der Lage sind, auch Licht relativ niedriger Energie (also im roten Bereich des Lichtspektrums) zu absorbieren. Diese Moleküle setzen sich aus zwei Arten von Bausteinen zusammen: aus mehreren Donoreinheiten (D), die leicht Elektronen abgeben, und mehreren Exemplaren eines Akzeptoreinheiten (A), die leicht Elektronen aufnehmen. Die Lichtabsorption kann man sich dann so vorstellen, dass ein Elektron vom Donor zum Akzeptor „übertragen“ wird. Bisher ging die Forschung davon aus, dass in den großen Molekülkomplexen, die für hocheffiziente organische Solarzellen benötigt werden, Donor- und Akzeptoreinheiten immer streng abwechselnd nebeneinanderstehen müssen; also eine Abfolge mit der Struktur „D-A-D-A-D-A-D-A“ bilden. Nur auf diese Weise, so glaubte man, sei die Absorption von Licht niedriger Energie möglich.

In seiner Publikation, die wiederum aus einer interdisziplinären Zusammenarbeit im DFG-Graduiertenkolleg hervorgegangen ist, hat Dr. Andreas Karolewski jedoch nachgewiesen, dass dies ein ungerechtfertigtes Vorurteil ist. Eine zufällige Abfolge – beispielsweise der Struktur „D-D-A-D-A-A-D-A“ – reicht aus, um die gleiche Menge an Lichtenergie zu absorbieren. „Dies ist ein wichtiges Ergebnis, denn damit wissen wir nun, dass man bei der Synthese neuer Materialien für Solarzellen viel mehr Freiheit hat, als bisher angenommen wurde. Man muss sich nicht sklavisch an die alternierende Abfolge halten“, erklärt Prof. Kümmel.