Leserbrief: „Auf Nummer sicher“ – Agenturmeldung des Deutschen Verkehrssicherheitsrates
Sehr geehrte Damen und Herren!
Unter dem Titel „Auf Nummer sicher“ lese ich in der örtlichen Presse die offensichtlich durch den Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) herausgegebene Agenturmeldung, welche Ratschläge hinsichtlich der Verkehrstüchtigkeit älterer Mitmenschen beinhaltet. Mehrfach wird die DVR-Geschäftsführerin, Frau Ute Hammer, zitiert.
Nun ist gegen die einzelnen Tips, für sich genommen, nichts einzuwenden, wenngleich nach wie vor die größte Gefahr von risikofreudigen, teils rücksichtslosen Fahrzeuglenkern wesentlich jüngeren Alters ausgeht. Zu Recht weisen Sie darauf hin, daß Einschränkungen der Fahrtüchtigkeit individuell sehr unterschiedlich auftreten können, eine definierte Altersgrenze daher wirklichkeitsfremd wäre.
„Das Thema Verkehrstüchtigkeit anzusprechen, fällt nicht immer leicht, schließlich handelt es sich um ein sensibles Thema“, schreiben Sie – irreführend! Denn Ihr Thema ist nicht generell die Verkehrs-, sondern ausschließlich die Fahrtüchtigkeit im motorisierten Untersatz. Das wäre eines Automobilclubs „würdig“, nicht jedoch einer Institution, deren Name einen weitergehenden Anspruch vermuten läßt.
Warum ist das Thema sensibel? Hier findet sich der Berührungspunkt, weshalb viele Jüngere meinen, sich am Steuer beweisen zu müssen, und Ältere selbst dann, wenn Fahrtüchtigkeit nicht mehr gegeben ist, andere Mobilitätsangebote aber sehr wohl vorhanden sind, auf den Führerschein nicht verzichten wollen: Das eigene Kraftfahrzeug wird weit über seine Nutzanwendung erhoben, ist eine Frage des Prestiges, des Status, gar des Selbstbewußtseins und der Identität. Denn darauf läuft die Verkehrserziehung von klein an hinaus – vom Vorbild zu Hause über den Unterricht in der Schule bis hin zur Fahrausbildung selbst. Als vollwertiger Mensch ist erst anerkannt, wer Auto fährt.
Natürlich verschärft die Situation, daß die Verkehrsgestaltung und -lenkung vielerorts, so auch bei uns in und um Bamberg, Fuß- und Radverkehr, Bahn und Bus als Randgrößen, allenfalls noch als unvermeidbares Übel behandelt. In der Folge trauen sich viele nur noch im eigenen „Minipanzer“ auf die Straße, wenn sie denn überhaupt eine (zumutbare) Alternative haben.
Würde das Kraftfahrzeug auf das reduziert, was es ist, schon in Hinblick auf Rohstoffverbrauch und ökologische Auswirkungen nur sein darf, wären viele Probleme entschärft. Statusdenken und Machogehabe hätten keine Grundlage mehr. Der Verzicht auf den Fahrersitz, so er aus gesundheitlichen Gründen angeraten, gar unausweichlich scheint, verbände sich nicht mit gefühltem Ansehensverlust.
Nicht zu vergessen: Wer das Auto als eine von mehreren Möglichkeiten, mobil zu sein, kennt und behandelt, die Wahl des Verkehrsmittels jeweils bewußt und rational trifft, bleibt länger „jung“. Denn Bewegung hält fit – zu Fuß oder mit dem Fahrrad (das gilt auch für die Wege zur und von der Haltestelle). Daß die Verkehrspolitik sich gewaltig ändern muß, um eine solche Entwicklung zu fördern, mancherorts erst zu ermöglichen, versteht sich von selbst. Der DVR könnte seinen Einfluß nutzen, dies voranzutreiben.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Bönig
Martin-Ott-Straße 8
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