Sonntagsgedanken: Ein Hymnus auf den Heiligen Geist – Gedanken zu Pfingsten

Symbolbild Religion
Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

„Der Heilige Geist ist Quelle des Lebens, Beweger des Alls, Wurzel alles geschaffenen Seins. Er läutert das All von allem Fehl. Geist tilgt die Schuld und Geist salbt die Wunden.Geist ist leuchtendes Leben, würdig des Lobes, auferweckend das All und alles wiedererweckend.
Ich bin das heimliche Feuer in allem, und alles duftet von mir, und wie der Odem im Menschen, Hauch der Lohe, so leben die Wesenheiten und werden nicht sterben, weilich Ihr Leben bin.
Ich flamme als göttlich feuriges Leben über den prangenden Feld der Ähren, ich leuchte im Schimmer der Glut, ich brenne in Sonne, in Mond und in Sternen, im Windhauch ist heimlich Leben aus mir und hält beseelend alles zusammen.“
( Hildegard von Bingen)

Vielleicht wundern wir uns über Sprache und Inhalt dieser Zeilen. Mancher denkt wohl: „So kann nur eine mittelalterliche Klosterfrau schreiben, die keine anderen sorgen hat, sich nicht um Mann und Kind, Haushalt und Beruf kümmern musste, sondern viel Zeit hatte zum Meditieren und Fantasieren.“
Mit dem „Heiligen Geist“ ist das ja so eine Sache: wir können uns ihn nicht recht vorstellen, können ihn nicht sehen, nicht anfassen und philosophisch-wissenschaftlich nicht einordnen, aber doch leben wir alle von seiner kraft, von seiner Weisheit.Nach der klassischen christlichen Auffassung erschließt er uns das rechte Verständnis der Heiligen Schrift, führt uns zum christlichen Glauben und verbindet uns durch die Sakramente von Taufe und Abendmahl sowohl untereinander als auch mit unserem auferstandenen HERN Jesus Christus. Doch Hildegards Hymnus weist darüber hinaus. Gottes heiliger Geist durchströmt als verborgene Lebenskraft den ganzen Kosmos, wirkt in Sonnenlicht und Windhauch, verbindet die Menschen nicht nur innerhalb der Kirche: Wo sich ein Pärchen findet, wo Menschen einander vertrauen und verzeihen, wo die Hoffnung aufblüht, wo die Selbstgerechtigkeit, das Selbstmitleid weichen, da wirkt Gottes Heiliger Geist. So erleben wir ihn ganz konkret, jeder ganz persönlich in seinem leben. Um diesen Geist können wir nur bitten, uns ihm öffnen. Er aber drängt sich uns nicht auf.

Weitere Sonntagsgedanken

Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de

Infos zu Christian Karl Fuchs:

  • geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
  • Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
  • Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
  • Promotion zum Dr. theol. 1995
  • Ordination zum ev. Pfarrer 1996
  • Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
  • seither in Neustadt/Aisch
  • blind
  • nicht verheiratet