Sonntagsgedanken zum Muttertag
Zum Jubelgeburtstag besuchte ein Reporter die alte Dame. „Großartig, wie frisch und munter Sie aussehen mit ihren 80 Jahren“, wunderte sich der Mann von der Zeitung. „Ach wissen Sie“, erwiderte die alte Dame stolz und verschmitzt zugleich: „Ich habe eine Tochter, die alles für mich tut, die mir jeden Wunsch von den Augen abliest!“ Anschließend traf der Besucher die so Gepriesene im nebenzimmer bei der Vorbereitung der Kaffeetafel. „Wenn ich Sie mir so ansehe, dann mach ich mir Sorgen um Sie“, meinte er bestürzt: „Sie sehen so müde und abgespannt aus!“ „Ach wissen Sie“, seufzte die fünfundvierzigjährige Frau: „Wenn man neben einem aufreibenden Beruf noch eine anspruchsvolle Mutter hat, dann geht einem ab und zu die Luft aus. Sie wissen gar nicht, wie das ist, jeden freien Abend, jedes Wochenende, jeden urlaub mit einer alten Frau zu verbringen, auch wenn es die eigene Mutter ist!“
Der Muttertag lädt uns ein, das Thema Familie in unserer Gesellschaft zu bedenken, namentlich die Rolle der Frau und Mutter. Ein intaktes Familienleben ist mehr wert als ein sack Gold, mehr als Karriere und gesellschaftliche Achtung. In der Familie muss man zur Ruhe kommen, kraft schöpfen, Liebe und Verständnis finden können. Die Tendenz, Frauen müssten berufstätig sein, um etwas zu gelten,halte ich für grundfalsch: Die Erziehung der Kinder ist die wertvollste Aufgabe überhaupt. Soziales Verhalten, rücksicht auf Schwache und alte, muss man von klein auf lernen und einüben wie jede andere Fähigkeit auch. Nun gilt aber auch das andere, dass die Generation der Großeltern sich nicht zu sehr in die Kindererziehung einmischen darf. Ferner dürfen die Senioren ihre Kinder und Enkel nicht überbeanspruchen. Vor allem unverheiratete Töchter leiden oft unter alternden tyrannischen Müttern. Der alte Mensch muss notfalls auch von sich aus bereit sein, ins Heim zu gehen. Ansonsten drohen Überlastung und Verbitterung, ja offener hass, bei den Pflegekräften. Natürlich wäre es besser, die eigenen Eltern bis zuletzt zu betreuen, aber das geht eben nicht immer. Wir sollten deshalb rechtzeitig, offen, vernünftig und fair über alle Probleme in der Familie reden ohne Selbstmitleid und Anklage, ohne die eigenen Sorgen und Bedürfnisse zu unterdrücken. Wenn so ein innerfamiliärer Konflikt human gelöst wird, können wir auch hierin ein Werk des Heiligen Geistes erkennen, denn menschliche Weisheit und Kraft haben schnell ein Ende.
Weitere Sonntagsgedanken
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
- nicht verheiratet
Neueste Kommentare