Ansprache des Forchheimer Oberbürgermeisters Franz Stumpf zur konstituierenden Stadtratssitzung am 8. Mai 2014
Redemanuskript – es gilt das gesprochene Wort!
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrats,
verehrte Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!
„Cum deo“ waren die ersten zwei Worte meiner Antrittsrede anlässlich meiner Amtseinführung am 3. Mai 1990. Diese zwei Worte stelle ich auch für die kommende Amtszeit an den Beginn meiner heutigen Rede, die im Hinblick auf die lange Tagesordnung nicht allzu lang sein soll, obwohl man nach einer langen Amtszeit versucht ist, auf viele Ereignisse der zurückliegenden 24 Jahre einzugehen.
Aufrichtig habe ich mich heute über die rege Anteilnahme am gemeinsamen ökumenischen Gottesdienst in der Martinskirche gefreut, den Pfarrer Martin Battert und Pfarrer Enno Weidt würdig gestaltet haben, wofür ich mich bei beiden bereits bedankt habe.
Zuerst darf ich allen neugewählten Stadträtinnen und Stadträten zu ihrer Wahl gratulieren. Die Wahl von neun neuen Mitgliedern dieses Gremiums ist für mich ein Zeichen lebendiger Demokratie in unserer Stadt.
Ich darf aber auch alle wiedergewählten Stadträtinnen und Stadträte zu ihrer erneuten Wahl recht herzlich beglückwünschen. Ihre Wiederwahl zeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger mit Ihrer Arbeit zufrieden waren. Geht man davon aus, dass in jedem neuen Stadtrat neun neue Mitglieder gewählt werden, würde dies den Schluss zulassen, dass jedes Stadtratsmitglied im Durchschnitt 4,4 Amtsperioden oder, in Jahren ausgedrückt, 26,4 Jahre diesem Gremium angehört.
Dies zeigt mir, dass unsere Wählerinnen und Wähler durchaus auf Kontinuität setzen, was meines Erachtens auch ein Grund für den Erfolg unserer Stadt in vielen Bereichen ist, worum uns viele Nachbarkommunen beneiden.
Apropos Wahlen. Die geringe Wahlbeteiligung muss uns Demokraten zu denken geben. Wenn es um einzelne Vorhaben geht, wissen die Betroffenen sehr wohl öffentlich ihre Interessen zu formulieren und wollen Beteiligte sein. Wir müssen versuchen, das Interesse am Wohl der ganzen Gesellschaft in unserer Kommune zu wecken. Sonst wird sich einmal die Frage der Legitimation der Gewählten stellen.
Oberstes Gebot unserer Arbeit muss immer der Respekt voreinander sein. Wie der im Übrigen von allen Seiten fair geführte Wahlkampf zeigt, werden wir in vielen Sachproblemen nach harter Auseinandersetzung zu einem Ergebnis kommen müssen. Ich bitte Sie darum, dass es Härte nur in der Sache, nicht aber in der Person geben darf.
All unseren Überlegungen und Beschlüssen muss die Frage der nachhaltigen Finanzierbarkeit voranstehen. Die Aussage, dass alles finanzierbar ist, wenn es nur politisch gewollt ist, halte ich für einen, die Stadt Forchheim nicht weiterbringenden Gedanken.
Der frühere von mir ob seines Humors und Scharfsinns sehr geschätzte ehemalige, leider schon verstorbene Stuttgarter Oberbürgermeister Rommel sagte hierzu beim Städtetag:
„Wir werden unsere Schwierigkeiten nur meistern, wenn wir Adam Riese einen guten Platz in der praktischen Politik einräumen“.
Die Stadt Forchheim hat in den letzten drei Jahren 9 Mio. € Schulden abgebaut, die sie infolge großer Investitionen im Schul- und Bäderbereich von 2007 bis 2010 aufgenommen hat. In Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen darf man keine neuen Schulden machen. Die jetzige Bundesregierung darf uns in diesem Punkt kein Vorbild sein.
Vor kurzem hat der Stadtrat den Haushalt beschlossen, bei dem bei einem Volumen von ca. 50 Mio. € lediglich eine über die gesetzlich vorgeschriebene Mindestzuführung hinausgehende Summe von 5.000 € sozusagen erwirtschaftet wird.
Dies hat viele Ursachen, steigende Personalkosten aufgrund ständig neuer Aufgaben, manchmal Übernahme von Aufgaben durch die Stadt, die zu erledigen an sich Aufgaben anderer staatlicher Stellen sind, aber auch, und das nicht zuletzt, die immer mehr auseinandergehende Schere der Einnahmen, von den der Berechnung der Kreisumlage zugrunde liegenden Steuern und der zu zahlenden Kreisumlage. In den letzten sechs Jahren sind die Einnahmen dieser Steuern um 20%, die Kreisumlage aber um 40% gestiegen. Dies kann so nicht weitergehen, wenn ich natürlich auch um die Aufgaben des Kreises weiß. Die erhobene Klage wird hoffentlich nicht nur bei Gericht, sondern auch in der Landespolitik zu Klarstellungen führen.
Die städtische Ausgangslage ist derzeit also so, dass wir 5.000 € für neue Investitionen zur Verfügung haben, wenn wir keine neuen Schulden aufnehmen wollen und nicht durch Verkauf z. B. von Grundstücken Investitionen schultern wollen.
Der zurückliegende Wahlkampf hat mich angeregt, von den einzelnen Referaten einmal Zahlen zu Projekten zusammenzutragen, die aufgrund vom Stadtrat gefasster Beschlüsse, technischer Notwendigkeit und in der politischen Diskussion als fast akzeptiert anzusehen sind.
Der Hochbau meldet hier einen Bedarf von 36,5 Mio. € für Schulen, Rathaus, ICE-Strecke und Innovationszentrum.
Kolpinghaus oder Stadthalle sind in diesem Betrag nicht enthalten.
Die Stadtplanung meldet 1,5 Mio. für eine Haushaltsstelle, für die in den letzten Jahren aufgrund der Geldknappheit vom Stadtrat nur ein Betrag von ca. 100.000 € pro Jahr genehmigt wurde. Davon sind 1/3 für vom Stadtrat gewünschte Bebauungspläne, der Rest für Planung in sechs Sanierungsgebieten z. B. Paradeplatz und Verkehrskonzepte.
Letztere Planungen lösen ein Invest von ca. 10 Mio. € in diesem Bereich aus.
Der Tiefbau benötigt danach 13 Mio. für Straßenbaumaßnahmen, weitere 3,5 Mio. für den Bau und 1,2 Mio. für den Grunderwerb im Rahmen des Hochwasserschutzes. Die Straßenbeleuchtung – soll sie sowohl technisch wie auch energetisch auf den neuesten Stand gebracht werden – wird ca. 4,5 Mio. kosten. Die dringliche Sanierung verschiedener Brücken wird für die nächsten sechs Jahre auf ca.3 Mio. € geschätzt.
Das Liegenschaftsamt meldet für Baulandmodell und Bodenbevorratung mindestens 4 Mio. € an und das Referat 5 1,4 Mio. € für Friedhofssanierung, Bad und Innenstadtmöblierung. Die Erneuerung des Fuhrparks wird mit 0,5 Mio. € jährlich geschätzt, insgesamt somit 3 Mio.
In den nächsten drei Jahren müssen 4,5 Mio. € für die Rückzahlung von Geschäftsbesorgungsverträgen aufgewandt werden.
Dies sind insgesamt ca. 80 Mio. € für die Stadt, bei dem oben angegebenen jährlichen Überschuss.
Unsere Töchter, die Stadtwerke GmbH benötigen für die Stärkung der Netzstabilität und vieles andere mehr jährlich ca. 2.2 Mio., somit 13.2 Mio. für die Sanierung der Tiefgarage mit Aufzügen ca. 4,2 Mio.
Das Kommunalunternehmen Abwasser benötigt für die Rest-Sanierung der Kläranlage und Netzerneuerung, damit die Abwasserabgabe nicht steigt, ca. 25,8 Mio., die Gasversorgung jährlich 1,6 Mio., somit 9,6 Mio. in sechs Jahren.
Die Regnitzstromverwertung AG muss zum Ausgleich der unterschiedlichen Stromeinspeisungen und Stromentnahmen einen Batteriespeicher für ca. 7 Mio. bauen, wobei bei den Stadtwerken Forchheim ein Bedarf von 3 Mio. bleiben wird.
Letztlich sei auf die wegen der Gesetzeslage dringend notwendige Sanierung bzw. Neubau unseres Katharinenspitals hingewiesen, was einen Betrag von 9,5 Mio. € ausmachen wird.
Sicherlich wird es bei der einen oder anderen Maßnahme staatliche Hilfen geben.
Unsere Aufgabe, meine Damen und Herren, wird es sein, gerecht nein zu sagen und nicht neue Wünsche zu kreieren.
Ich will aber nicht zu schwarz malen. Es gilt auch hier der Grundsatz, dass nicht alles so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird. Bei der Frage der Finanzierbarkeit wichtigster Vorhaben dürfen Stadtrat und Verwaltung nicht immer nur den Ruf nach neuen Darlehensaufnahmen haben. Oft gibt es auch durchaus innovative Ideen, die, aus der Mode gekommen, schon früher angewandt wurden, wenn z. B. der Eigentümer eines Anwesens selbst kein Geld zur Sanierung hatte, der Mieter aber für einen langen Mietvertrag und für eine Verbesserung der Mietsache zu Investitionen bereit war. So wurde über Jahre hinweg die Sanierung der alten Berufsschule aus finanziellen Gründen immer wieder aus dem Haushalt gestrichen. Die Schule war in einem sehr schlechten Zustand. Über die Regelung des so genannten „abwohnbaren Baukostenzuschusses“ finanzierte dann der Montessoriverein mit einer von der Stadt vorgegebenen Summe von 2 Mio. € die Schule, die Stadt bekommt dafür weniger Miete, so dass die Schule unterhalb des vorgegebenen Rahmens saniert werden konnte. Die VOB musste nicht angewandt werden, es konnte nachverhandelt werden, weil nicht die Stadt, sondern der Verein der Auftraggeber war.
Der Montessori Verein beschränkte sich nach Rücksprache mit Eltern, Lehrkörper und Vereinsmitgliedern auf Maßnahmen, die eben nur die vorgesehene Summe erreichen durften.
Bei der Bauabschlussfeier habe ich nur zufriedene Gesichter gesehen, weil alle eingesehen haben, dass man finanziell im Rahmen bleiben muss und trotzdem die Sanierung durchgeführt war.
Vielleicht gibt es auch für das ein oder andere Investitionsvorhaben vergleichbare Modelle.
Dringlichste Aufgabe aber wird die Befriedigung des steigenden Wohnbedarfs sein. Nicht lange Diskussionen sind gefordert, sondern möglichst schnelles Ausweisen von Bauland.
Der schon erwähnte frühere Oberbürgermeister Rommel sagte hierzu, dass nur der Mensch in Freiheit lebt, der Arbeit und Wohnung hat.
Die Arbeitslosigkeit ist in unserer Stadt derzeit zwar nicht das größte Problem, doch gilt es vorzusorgen. Von unserer Wirtschaftsförderung wird hier ein Nachfragebedarf von ca. 300.000 qm Gewerbeflächen gemeldet. Nicht jeder wird sich ansiedeln, doch die Ausweisung neuer Gewerbegebiete ist dringend erforderlich, wollen wir die Wünsche im kulturellen, denkmalschützerischen und Vereinsbereich uns leisten können.
Auch die Musikschule muss in ihrem Bestreben nach fächerübergreifender Ensemblearbeit und größerer Aussenwirkung unterstützt werden, z. B. bei städtischen Veranstaltungen wie Weihnachtsmarkt oder Kindertag.
Nachdem jetzt alle Forchheimer Grundschulen in das JeKi-Projekt eingebunden sind, sollte dessen Erfolg nach zwei oder drei Jahren überprüft werden.
Derzeit ist eine Verlagerung eines großen Forchheimer Vereins in der Diskussion. Ich habe einmal gesagt: „Einen zweiten Fall 1. FC Burk darf es in der Stadt Forchheim nicht mehr geben.“ Damals wurden acht Jahre wegen der Vor- und Nachteile der einzelnen Standorte für die Ansiedlung dieses Vereins politisch diskutiert, um zum Schluss im Bebauungsplan einen Standort festzulegen, bei dem dann die Eigentümer die Flächen nicht hergaben und auch nicht enteignet werden konnten.
Wenn man dem Großverein in Forchheim helfen will, muss als erstes die Eigentumsfrage geklärt sein. Weitergehende Diskussionen über Folgenutzungen bringen derzeit gar nichts und schüren nur vielleicht nicht zu erfüllende Hoffnungen.
Sie sehen, es gibt viele Aufgaben, nicht alle kann und will ich ansprechen, wie zum Beispiel die Belebung der Innenstadt, die Fortschreibung des Einzelhandelsgutachtens, ISEK-Projekt, Ausweisung eines Handwerkerhofes, Vernetzung und Partnerschaften mit anderen Kommunen, insbesondere eine bessere Zusammenarbeit zwischen Stadt und Landkreis und noch stärkere Einbringung in die Metropolregion.
Zum Schluss darf ich noch einige Sätze zum Thema Gesundheitsversorgung in Stadt und Land ansprechen. In unserer Stadt und im Landkreis ist es um diese Aufgabe nicht schlecht bestellt. Die Diskussion über eine einheitliche Krankenhauslandschaft ist mir derzeit im politischen Bereich zu oberflächlich. Das Oberender-Gutachten war ein guter Ansatz; die Umsetzung ist eine schwierige Aufgabe. Erst vorgestern hat mir unsere Personalratsvorsitzende des Krankenhauses gesagt, dass es nicht sein kann, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Forchheimer Klinikums durch Können und Fleiß Gewinne erwirtschaften, die dann woanders hinfließen sollen. In das gleiche Horn hat Herr Direktor Hautmann vor vierzehn Tagen geblasen. Lassen Sie, das ist meine Bitte, uns in aller Ruhe Entscheidungen vorbereiten, unter denen Sie dann, die aus Ihrer Sicht richtigen, beschließen können.
So lasst uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der Arbeit beginnen. Zum Wohl unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger und zum Nutzen unserer Stadt.
Ich bitte unseren Herrgott, dass er mir die Kraft gibt, mit Ihnen gemeinsam unser geliebtes Forchheim weiter voran zu bringen. Wir werden weiter arbeiten, kämpfen und alles geben für unser Forchheim, meine Vaterstadt.
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