Gedanken zum 1. Mai
Wilhelm Vilmar (1804 – 1884), ein kämpferischer evangelischer Pfarrer, forderte einmal seine Abiturienten auf, nicht in den Zeitgeist einzustimmen, für möglichst wenig Arbeit eine möglichst hohe Besoldung zu erhalten, „sondern Ihr sollt arbeiten wollen, um zu dienen, Ihr sollt arbeiten wollen, um der Arbeit selbst willen, um des Nächsten willen, um Gottes willen.“
Also dachten auch damals schon die Menschen vor allem an den schnöden Mamon. Vilmars leidenschaftlicher Appell kommt mir dagegen etwas hilflos vor; und doch erinnert uns der 1. Mai an den eigentlichen Sinn der Arbeit. Es geht ja nicht nur darum, Geld zu verdienen, so nötig das ja unbestritten ist. Jeder will seine Familie ernähren, sich etwas leisten können. Doch arbeit darf man nicht auf Berufsarbeit beschränken, Bildung nicht auf Ausbildung. Die familiäre Arbeit bei der Erziehung der Kinder, der Pflege bedürftiger Angehöriger ist mindestens ebenso bedeutsam. Arbeit sollte den Menschen auch befriedigen, sollte ihm das Gefühl verleihen, etwas geschafft zu haben, selbst wichtig zu sein. Arbeit dient dem Gemeinwohl, um einen erhabenen Ausdruck zu gebrauchen: Gerade die Kinder, die älteren menschen, die schlechter Ausgebildeten oder Behinderten sind darauf angewiesen, daß jemand für sie arbeitet, daß jemand das Vermögen erwirtschaftet, daß sie zum Leben brauchen. Wo der Mensch sich aber über die Arbeit definiert, seinen Wert nach der Arbeit berechnet, da gefrieren das Gefühl, die Hilfsbereitschaft, der Zusammenhalt in Familie und Gesellschaft. Im christlichen Sinn ist Arbeit auch „Gottesdienst im Alltag“, um einen lutherischen Begriff zu verwenden, denn durch seine Gaben bringt sich der Mensch ein in den Weltenplan, in die Weltregierung Gottes, wird zum verantwortungsbewußten Mitspieler Gottes. Im Gottesdienst lobpreisen wir die Gnade Gottes und so ist jede Arbeit, die wir mit Freude verrichten, so ein kleiner Lobpreis Gottes, der uns die Kraft, die Phantasie dazu schenkte, das Werk gelingen ließ.
Weitere Sonntagsgedanken
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
- nicht verheiratet
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