Universität Bayreuth: ‘Cosmopolitan Cinema – Arts and Politics in the Second Modernity’
Kosmopolitisches Kino, Globalisierung, Migration und utopische Weltentwürfe im Mittelpunkt internationaler Tagung vom 3.-5.4.2014 an der Universität Bayreuth
Vom 3. bis 5. April 2014 veranstalten Prof. Dr. Matthias Christen und Dr. Kathrin Rothemund von den Bayreuther Medienwissenschaften die internationale Tagung ‚Cosmopolitan Cinema – Arts and Politics in the Second Modernity‘ auf dem Campus der Universität Bayreuth (NW III). Die Tagung beschäftigt sich mit dem kosmopolitischen Kino und Fragen von Globalisierung, (filmischer/medialer) Migration und utopischen Weltentwürfen. „Wir freuen uns, dass wir durch die Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Universitätsvereins Bayreuth e.V. dafür international renommierte Film-, Medien- und Kulturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler hierher einladen können“, erklärt Dr. Matthias Christen, Professor für Medienwissenschaft an der Universität Bayreuth.
Die Konferenz soll sich jedoch nicht nur an die Fachwelt richten, sondern es sind alle Interessierten herzlich eingeladen, mitzudiskutieren und zudem am Freitag, 4. April 2014, ab 19.30 Uhr an der Vorführung des Films ‚DramaConsult‘ und dem anschließenden Gespräch mit der Regisseurin Dorothee Wenner in der Blackbox der Bayreuther Stadtbibliothek (RW21) teilzunehmen.
Konferenzprogramm als PDF-Datei
Hintergrund
Inhaltliche Konzeption der Tagung
Der Kosmopolit, der sich in einer globalisierten Welt zwischen Nationen, Märkten und Identitäten wie selbstverständlich bewegt, avancierte in den letzten Jahren zu einer Schlüsseltrope zeitgenössischer Identitätsbildung und Selbstverständigung. Der Kosmopolitismus dient in diesem Zusammenhang als Inbegriff einer neuen Haltung zu internationalen Verflechtungen sowie Geld- und Menschenströmen zwischen Kontinenten und Nationen. Gegenüber den Nationalstaaten rücken einzelne Akteure, die moralisch und politisch der Idee einer Weltgesellschaft verpflichtet sind und im Bewusstsein der notwendigen Akzeptanz Anderer agieren, ins Zentrum einer kulturpolitischen Debatte. In der Vorstellung einer Bewegung auf eine Weltgesellschaft hin, die aus gleichberechtigten und selbstbestimmten Bürgerinnen und Bürgern unterschiedlichster Herkunft besteht, schwingt eine utopische Haltung mit, die historisch auf die Aufklärung zurückgeht und in Zeiten der Internationalisierung und Globalisierung ein Gegenangebot zu vorherrschenden hegemonialen Strukturen der Realpolitik macht.
Häufig wird Kosmopolitismus als Unterform der Globalisierung verstanden. Hier wollen wir mit unserer Konferenz um eine dezidierte Umkehr dieser Argumentation plädieren und sowohl stärker auf die theoretischen Grundlagen des Kosmopolitismus eingehen als auch die Filme vertieft in ihrer filmphilosophischen Bedeutung beleuchten. Kosmopolitische Filme bieten dabei unserer Ansicht nach Weltnarrative und ästhetische Weltentwürfe, mit denen über Politik und zugleich den Eigenwert des Ästhetischen nachgedacht werden kann. Die Idee einer Weltgesellschaft wird – dies die Arbeitshypothese der Konferenz – vielmehr im zeitgenössischen Kino aufgegriffen und ausgeformt, indem Welt- und Gesellschaftsmodelle entworfen werden. Das Medium Film wird auf diese Weise im globalen Netz von Bewegungs- und Entwicklungsströmen einer Zweiten Moderne selbst zu einem kosmopolitischen Akteur.
Fragestellung und wissenschaftliche Zielsetzung der Tagung
Ziel der internationalen Tagung ist es, die gegenwärtigen Debatten zum Kosmopolitismus, die bisher in der Forschungsgemeinschaft vorrangig in den Politik-, Rechts- und Sozialwissenschaften geführt werden, in einem kulturwissenschaftlichen Kontext aufzugreifen und auf die Künste – insbesondere das Kino – zu beziehen. Wir sind dabei an einem mehrfachen intellektuellen Wechselspiel interessiert: Es geht uns um den interdisziplinären wie den internationalen Austausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, um die Wechselwirkungen zwischen theoretischen Konzepten und künstlerischen Artefakten und um die Reflexion von historischen und utopischen Gesellschaftsentwürfen, die in und mittels Medien durchgespielt werden.
Um die Bedeutung der Kategorie des Kosmopolitischen für Kulturproduktionen im Allgemeinen und ihre Tragfähigkeit für das Kino im Besonderen zu klären, bedarf es zunächst einer Auseinandersetzung mit zentralen Begrifflichkeiten wie Kosmopolitismus, Globalisierung, Zweite Moderne, Utopismus und Weltentwurf, was am ersten Konferenztag einerseits im Rahmen der Keynote ‚Cosmopolitan Transcendings‘ von Prof. Dr. Magdalena Nowicka (HU Berlin) und andererseits im Rahmen des Roundtables ‚Cinema as Cosmopolitan, Transnational, Transcultural, World – Theoretical Concepts‘ einleitend thematisiert wird.
Dies dient in einem zweiten Schritt der Fokussierung auf die dem Film benachbarten Künste, da durch die Einbindung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Literatur-, Theater- und Medienwissenschaft bisher kaum diskutierte Bereiche im Kontext der Kosmopolitismus-Forschung aufgriffen werden können. In einem dritten Schritt findet dann eine Engführung der Diskussion auf das Verhältnis von Kosmopolitismus und Kino statt, indem wir uns auf Filme fokussieren, die überwiegend jenseits der großen Kinematographien entstehen oder die in Hollywood und im europäischen Arthouse-Kino Bruchstellen und Instabilitäten hegemonialer Diskurse aufzeigen. Im Vordergrund werden dabei klassische filmästhetische Kategorien wie Narration, Genre, Stil und Form, aber ebenso die involvierten Institutionen und Akteure stehen, insbesondere aus den afrikanischen, asiatischen, arabischen und süd/lateinamerikanischen Kinematographien.
Darüber hinaus möchte die Konferenz der Frage nachgehen, in welcher Form das Kino im Sinne eines utopischen Ausgriffs in die Zukunft Modellcharakter für gesellschaftliche Entwicklungen übernehmen kann, woraus sich nichts weniger als die Frage nach einer kinematographischen Epistemologie ergibt.
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