Sonntagsgedanken: Wirklich?
Ein in der Zen-Meditation erfahrener Asiate wurde gefragt, warum er trotz seiner vielen Aufgaben so gesammelt sein könne. Er antwortete: „Wenn ich stehe, dann stehe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich sitze, dann sitze ich. Wenn ich esse, dann esse ich. Wenn ich spreche, dann spreche ich.“ Die Fragesteller bohrten nach: „Wir Europäer tun das doch auch alles. Was tust Du darüber hinaus?“ Er widersprach lächelnd: „Nein, wenn Ihr Europäer sitzt, dann steht Ihr schon halb. Wenn Ihr steht, dann lauft ihr schon fast. Wenn Ihr esst, dann sprecht Ihr schon halb und wenn ihr sprecht, dann seit Ihr wieder geistig anderswo…“
Diese so gerühmte Gelassenheit der Asiaten verdeutlicht noch kürzer folgende Erzählung von Anthony de Mello: Ein japanischer Krieger wurde von seinen Feinden gefangen und ins Verließ gesperrt. Als er nachts vor Sorgen nicht schlafen konnte, musste er doch fürchten, anderntags gemartert und ermordet zu werden, dachte er an seinen Zen-Lehrer, der ihm einst riet: „Morgen ist nicht wirklich. Die einzige Wirklichkeit ist das Heute.“ Dies bedenkend fiel er in tiefen Schlaf.
Nun kann ich nicht beurteilen, ob die Asiaten oder auch nur die buddhistisch geprägten wirklich ruhiger, gelassener als wir Europäer sind. Mag sein, dass man mit Meditationsübungen für eine gewisse Zeit das innere Gleichgewicht erreicht. Doch machen es sich die Asiaten in mehreren Punkten zu leicht: Wer meint, dem unabänderlichen karma ausgeliefert zu sein, fügt sich eben, ohne die Möglichkeit zu prüfen, ob er denn wirklich nichts tun kann. Gott aber hat uns Vernunft, Phantasie und Willenskraft geschenkt, um mit aller Kraft das Gute zu tun. Buddha hat gelassen in die Welt hineingelächelt, Christus dagegen hat die Kranken geheilt, den Hochmütigen widersprochen und hat dann für seine Überzeugung leiden müssen. Der menschlichen Schuld in ihren 100 Formen kann man nicht durch Meditation entkommen ebensowenig dem Leiden.. Christus hat unsere“Sünde“ vor Gott gesühnt, hat unser Los bis hin zur furchtbaren Kreuzigung auf sich genommen. Seine Auferstehung am Ostermorgen kann uns göttliche Ruhe und Freude schenken jenseits aller menschlichen Verrenkungen. Der Asiate unterschätzt auch den Ernst,die Einmaligkeit des Lebens, wenn er meint, immer wieder „auf die Welt“ zu kommen. Das wäre zudem eine schreckliche Vorstellung: Tausendmal dieses Leben mit all seiner Plackerei durchmachen zu müssen! Vielmehr gilt es, sich jetzt zu entscheiden, zu bewähren. Dazu gehört eben auch, dass wir die langfristigen Folgen unseres Tuns bedenken. Hätten wir das vor 40 Jahren getan, hätten wir jetzt nicht das Problem, wo der hochgiftige Atommüll hin soll.
Weitere Sonntagsgedanken
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
- nicht verheiratet
Sehr geehrter Pfarrer Dr. Christian Fuchs,
es ist sehr schade, dass Sie sich vor dem Schreiben Artikels nicht über den Buddhismus schlau gemacht haben. Mit Sätzen wie „Wer meint, dem unabänderlichen karma ausgeliefert zu sein, fügt sich eben, ohne die Möglichkeit zu prüfen, ob er denn wirklich nichts tun kann.“ sorgen Sie dafür, dass die Gräben zwischen den Religionen größer werden statt sich zu schließen. Es würde ihnen gut anstehen in diesem Punkt etwas von den Buddhisten zu lernen: Toleranz gegenüber Andersgläubigen. Auf der ganzen Welt kämpfen und sterben Menschen aufgrund der (meist von Priestern, Rabbis und Imamen) gestreuten Vorurteile und der Betonung der Andersartigkeit der Anderen. Solche Beiträge sind eine Wurzel der Gewalt in dieser Welt.
Die Essenz des Buddhismus ist die Lehre vom Leid und der Vermeidung des Leides. Und der Buddhist weiß auch um die Quellen des Leides. Darum gibt Buddha seinen Anhängern u.a. auf, sich stets ihrer Worte und deren Wirkung bewusst zu sein. Eine kurze Recherche bei Wikipedia würde helfen.
Lachen musste ich bei dem Satz „Gott aber hat uns Vernunft, Phantasie und Willenskraft geschenkt, um mit aller Kraft das Gute zu tun“. Angesichts von Sätzen wie „Doch machen es sich die Asiaten in mehreren Punkten zu leicht: Wer meint, dem unabänderlichen karma ausgeliefert zu sein, fügt sich eben, ohne die Möglichkeit zu prüfen, ob er denn wirklich nichts tun kann.“ scheint es mir, als sei Gott bei manchen seiner Schäfchen recht geizig gewesen. Anders kann ich mir die Dummheit und Arroganz solcher Sätze nicht erklären. Ich bete darum, dass den Lesern mehr Vernunft gegeben ist um zu erkennen, dass auch in diesem Fall ein Doktortitel nicht für Intelligenz bürgt und ein kirchliches Amt kein Garant für Menschenliebe, Toleranz und Friedfertigkeit ist.
Hochachtungsvoll
Christian Bonas