Anette Kramme zur "Gleichstrompassage Süd-Ost": Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel

Sehr geehrter Herr Minister,
lieber Sigmar,

die geplante Gleichstrompassage Süd-Ost, die durch Oberfranken gehen soll, schlägt vor Ort hohe Wogen. Die Bürgerinnen und Bürger haben zu Recht Angst vor Gesundheitsschäden und wollen ihre schöne Landschaft nicht von 75 m hohen Strommasten verschandelt wissen, zumal die Notwendigkeit dieser Stromtrasse bislang nicht nachvollziehbar begründet wurde. Renommierte Wissenschaftler hegen daran erhebliche Zweifel, u.a. Prof. Dr. Jarass der RheinMain-Hochschule sowie Prof. Christian von Hirschhausen, Leiter des Forschungsbereichs Energie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Das DIW hat in den letzten zwei Jahren diverse Analysen gemacht und kommt zu dem Schluss, dass die Kraftwerks- und Leitungskapazitäten in Süddeutschland und Österreich ausreichen, um Bayern mit Strom zu versorgen – auch wenn alle bayerischen Atomkraftwerke vom Netz gegangen sind.

10 bzw. 40 Kilometer vom Einspeisepunkt in Lauchstädt befinden sich zwei Braunkohlekraftwerke (Lippendorf und Schkopau). Der Zielpunkt der Trasse in Meitingen liegt unmittelbar vor den Toren eines Stahlwerks und 35 Kilometer vom Atomkraftwerk Gundremmingen entfernt. 2021, also pünktlich zur geplanten Einweihung der HGÜ- Trasse, wird dieses Kraftwerk stillgelegt. Man darf sich berechtigterweise die Frage stellen, ob die neue Leitung nicht dazu dient, den ausfallenden Atomstrom durch schmutzigen Braunkohlestrom zu ersetzen. Die Argumentation, die Trasse sei für die Energiewende notwendig, ist nicht sehr überzeugend.

Oberfranken hat bereits viel zum Gelingen der Energiewende beigetragen. Die von der Stromtrasse betroffenen Landkreise haben die Energiewende auf regionaler Ebene vorangetrieben und verfügen über einen überdurchschnittlichen hohen Anteil an regenerativen Energien, die aus der Region für die Region bereitgestellt werden. Daran können sich andere bayerische Regierungsbezirke ein Beispiel nehmen. Ich halte eine weitere Belastungen unserer Bürgerinnen und Bürger für nicht mehr zumutbar.

Wenn von einem renommierten deutschen Wirtschaftsforschungsinstitut die geplante Stromtrasse offen als überflüssig angesehen wird, halte ich es für zwingend erforderlich, dass die Bundesregierung hierzu Stellung bezieht.

Ich darf Dich um eine zeitnahe Antwort bitten. Ganz herzlichen Dank vorab für Deine Bemühungen!

Mit freundlichen Grüßen
Anette Kramme