Landwirtschaftliche Lehranstalten in Bayreuth experimentieren mit Terra Preta
Wundererde im Praxistest
Schwarze Erde, Terra magica oder einfach nur Wundererde – Bezeichnungen hat man für die besondere Erde „Terra Preta“ in den letzten Jahren seit ihrer Wiederentdeckung viele gefunden. Das Konzept aber bleibt gleich: Nährstoffreicher Kompost wird mit Biokohle angereichert. Was dabei entsteht, ist eine hochwertige, extrem fruchtbare schwarze Erde. In den Landwirtschaftlichen Lehranstalten (LLA) des Bezirks Oberfranken in Bayreuth wird die Wirkung der Terra Preta genau beobachtet und auch der Nutzen für Hobbygärtner und Kleinbauern untersucht.
Schon vor tausenden Jahren war die Terra Preta für die Indios in Amazonien Grundlage für ertragreichen Ackerbau. Und auch heute wird ihr ein hohes Potenzial zugeschrieben: Man geht davon aus, sie könne Erträge deutlich steigern, zum Humusaufbau beitragen und damit letztendlich sogar einen bedeutenden Beitrag zur Lösung der Klimakrise und Bekämpfung des Welthungers leisten. Ob die Schwarze Erde diesen Erwartungen gerecht werden kann, das wird derzeit in den Landwirtschaftlichen Lehranstalten in Bayreuth getestet.
Als Fläche für den größten wissenschaftlichen Terra Preta-Freilandversuch in Deutschland mit Schwerpunkt Ökologie dienen bereits seit 2010 Äcker der LLA des Bezirks Oberfranken in der Nähe von Bayreuth. In Kooperation mit dem Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der Universität Halle-Wittenberg wurden hier auf einem leichten, sandigen und nährstoffarmen Boden in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen Holzkohle und Kompost ausgebracht. „Wir möchten mit dem gemeinsamen Versuch ausloten, wie durch einfache Beigaben von Biokohle eine nachhaltige Bodenverbesserung erreicht werden kann“, erläutert Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler das Ziel der Versuche in den LLA.
Auch wenn es für wissenschaftliche Aussagen noch zu früh ist, zeigen die ersten Ergebnisse Tendenzen, die die besondere Wirkung der Terra Preta bestätigen. „Auf den Parzellen, auf denen die fertige Biokohle-Kompost-Mischung ausgebracht wurde, wachsen die Maispflanzen generell besser“, so der Agrarwissenschaftler Daniel Fischer, dessen Doktorvater Prof. Dr. Bruno Glaser seinen Arbeitsschwerpunkt auf die Terra Preta gesetzt hat und der zu den renommiertesten Wissenschaftlern auf dem Feld der Biokohleforschung zählt. Neben dem optischen Effekt im Vergleich zwischen den verschiedenen Parzellen benennt Fischer den erhöhten Humusgehalt und das gesteigerte Wasserspeichervermögen auf den Versuchsflächen als bislang bedeutendstes Zwischenergebnis. Nun werden die rund 100 entnommenen Proben bearbeitet, getrocknet und gemahlen, um anschließend im Labor umfassend analysiert zu werden. Die ermittelten Daten werden schließlich statistisch ausgewertet.
Das Forschungsprojekt auf den Flächen der LLA soll zeigen, ob und wie es möglich ist, mit dem Einsatz von Biokohle und ansonsten wenig genutzten organischen Reststoffen wie Grünschnitt zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Neben den Boden verbessernden Eigenschaften zählt schließlich auch der Beitrag für den Klimaschutz zu den wichtigsten Potenzialen der Terra Preta. Durch die Nutzung der Terra Preta-Technologie wird die Biokohle über viele Jahrhunderte in den Boden gefahrlos eingelagert und gespeichert. Auf diese Weise werden große Mengen an CO2 der Atmosphäre entzogen. Bis zu 300 Tonnen Kohlendioxid könnten so pro Hektar eingelagert werden. Nicht zuletzt würde durch die verbesserte Nährstoffspeicherfähigkeit der schwarzen Erde die Zufuhr von mineralischen und chemischen Düngern reduziert.
Das Konzept der Terra Preta klingt vielversprechend – nicht nur für Landwirte. Auch Kleinbauern und Hobbygärtner könnten davon profitieren.
Daher gehen die Landwirtschaftlichen Lehranstalten in weiteren Versuchen weniger wissenschaftlich, dafür aber sehr praxisorientiert an das Thema heran. Mit verschiedenen Kohlemischungen starteten Landwirtschaftsdirektor Rainer Prischenk und seine Mitarbeiter kurzerhand einen Eigenversuch. Über drei Monate hinweg werden nun Mieten, gefüllt mit unterschiedlichen Mischungen aus Kohlemischung, Rasenschnitt, Rindermist und Hackschnitzel, beobachtet. Das Ergebnis lässt sich im letzten Abschnitt des Versuchs bereits deutlich sehen, beziehungsweise riechen. Aus dem Kompost-Kohlegemisch entsteht durch mikrobiologische Vorgänge die dunkle Erde, deren Geruch keineswegs faulig sauer, sondern intensiv erdig ist. Nun sollen Bodenuntersuchungen folgen, in denen die tatsächlichen Nährstoffgehalte untersucht werden und die erprobten Mischungsverhältnisse verglichen werden.
Für das nächste Jahr wurde außerdem bereits eine Fläche auf dem Gelände der LLA ausgewählt, auf der durch Verwendung des Substrats und Anpflanzung einer Gräsermischung der Unterschied zwischen der Schwarzen Erde und normaler Erde beobachtet werden könnte. Und auch für den Gartenbau könnte die Terra Preta interessant sein: Die Beobachtung von Geranienkästen zum Beispiel soll Aufschluss darüber geben, ob die Schwarze Erde auch Alternative für die sonst verwendete Torferde sein kann.
Überall geht es dabei vor allem um die praktische Nutzbarkeit, nicht darum, wissenschaftliche Kriterien zu erfüllen. „Wir wollen neue Methoden ausprobieren und die Effekte für den Praktiker nutzbar und sichtbar machen. Wir setzen auf praxisnahes Testen im ganzen Betrieb. Das Ausprobieren war schließlich schon immer Sache der Lehranstalten“, so Prischenk. Auch wenn der Landwirtschaftsdirektor und sein Stellvertreter Hermann Hofmann der flächendeckenden Verwendung von Terra Preta in der Landwirtschaft und auch deren Wirkung und Nährstoffspeicherung über Jahre hinweg noch mit gewisser Vorsicht gegenüber stehen: sie sind überzeugt, dass das Konzept insbesondere für den Praktiker im Privatgebrauch eine interessante Option ist. Rainer Prischenk lädt deshalb auch alle Interessierten ein, die Versuche und deren Ergebnisse in den Landwirtschaftlichen Lehranstalten selbst zu betrachten – beziehungsweise zu erfühlen und zu erriechen – und dadurch mehr über die Wundererde und ihren Gebrauch in der Praxis zu erfahren.
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