Erzbischof Schick: „Deutschland braucht eine Willkommens- und Anerkennungskultur”
Appell zum Internationalen Tag der Migranten an die neue schwarz-rote Bundesregierung, ihr Wort zu halten
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat die neue Bundesregierung aufgerufen, sich in der Ausländerpolitik an ihren Ankündigungen im Koalitionsvertrag messen zu lassen. Deutschland brauche eine „Willkommens- und Anerkennungskultur“ für Migranten, die einen „bedeutenden Beitrag zur kulturellen Vielfalt leisten“, sagte Schick anlässlich des Internationalen Tags der Migranten (18. Dezember) und verwies auf entsprechende Formulierungen im schwarz-roten Koalitionsvertrag. Schick rief zudem die Politik auf, den Betreuungsschlüssel für Asylbewerber zu erhöhen: „Für die eh steigende Zahl von Flüchtlingen brauchen wir mehr Betreuer pro Person, damit sie sich besser kümmern können.“
Der Erzbischof unterstrich die Aussage aus dem Koalitionsvertrag, wonach jede Form der Diskriminierung abzulehnen sei. Außerdem müsse die Bearbeitungsdauer bei Asylverfahren verkürzt werden und solle drei Monate nicht übersteigen. Nach drei Monaten sollten Asylbewerber und Geduldete Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Nötig seien außerdem besondere Programme für ausländische Jugendliche. „Diese Ankündigungen der schwarz-roten Regierung sind berechtigt und wichtig. Die neue Koalition muss sich an ihren eigenen Worten messen lassen“, betonte Erzbischof Schick.
Um die Verhältnisse in den Herkunftsländern zu verbessern und den Menschen vor Ort zu helfen, sei nicht nur die Bundesregierung, sondern die gesamte EU gefordert. Durch eine Kombination aus Migrations-, Handels-, Entwicklungs- und Außenpolitik sei Europa etwa in der Pflicht, den nordafrikanischen Ländern zu helfen. „Wir Europäer sind schließlich nicht unschuldig an Vetternwirtschaft und Korruption in manchen Entwicklungsländern“, so der Bamberger Oberhirte. Um die Anforderungen zu meistern, müssten die EU-Staaten eng beieinander stehen.
Er ermahnte außerdem Kirche und Gesellschaft, sich intensiver der Integration von Migranten anzunehmen. „Wir müssen uns aufeinander einlassen, uns achten und voneinander lernen, wenn wir die schlimmsten Probleme der Welt – Hunger, Krieg und Armut – bekämpfen wollen.“ Schick fügte hinzu: „Auch für den Zusammenhalt in unserem Land ist es entscheidend, dass alle Menschen ein Wir-Gefühl entwickeln und sich nicht spalten in Einheimische und Ausländer. Jeder, der hier lebt, gehört unabhängig von seiner Herkunft einfach dazu.“
Ziel müsse sein, dass Zuwanderer gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben und Verantwortung übernehmen. Damit das gelingt, seien Politiker, Arbeitgeber und jeder Einzelne gefordert. „Es ist entscheidend, dass Migranten in Deutschland arbeiten und ggf. auch ihre Familien versorgen können“, so der Bamberger Oberhirte, der zugleich der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz ist. Damit Zuwanderer auch privat in ihrer neuen Heimat ankommen, genügten oft kleine Gesten – zum Beispiel eine Einladung zum Adventsumtrunk, das Angebot zum Babysitten oder einer Fahrgemeinschaft.
Menschen, die Angst vor Fremden haben, müssten auch bedenken, dass in der Regel niemand seine Heimat aus freien Stücken verlässt. „Häufig ist es so, dass die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen sowie die Sicherheitslage kein lebenswertes Leben in der alten Heimat zulassen.“ Niemand würde aus Vergnügen eine Reise ins Ungewisse wagen, die oft genug mit dem Leben bezahlt wird, wie bei den Flüchtlingen vor Lampedusa.
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