Dr. Christine Bergmann referierte anlässlich des Jahresausklangs an der Universität Bayreuth

Symbolbild Bildung

Weihnachtsvorlesung zum Thema „Kinderrechte“

„Wir sollten häufiger auf Kinder hören!“, so schloss Dr. Christine Bergmann ihren Vortrag über Kinderrechte im Rahmen der Weihnachtsvorlesung, zu der Professor Dr. mult. Eckhard Nagel im Namen der Universität und des Universitätsvereins Bayreuth zum nunmehr dreizehnten Mal eingeladen hatte.

Dr. Christine Bergmann hatte seit der politischen Wende 1989/1990 zahlreiche politische Ämter inne. Insbesondere war sie von 1998 bis 2002 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend; 2010 wurde sie von der Bundesregierung als Unabhängige Beauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs benannt.

In ihrer Weihnachtsvorlesung, die vom Publikum mit viel Beifall aufgenommen wurde, spannte sie einen Bogen von der Geschichte der Kinderrechte bis hin zu aktuellen Aspekten ihrer politischen Verankerung, ihrer Akzeptanz und ihres Schutzes.

Dr. Bergmann machte deutlich, dass das Thema Kinderrechte, dem viele ihrer Erfahrung nach mit anfänglicher Skepsis begegnen würden, nicht nur Personen mit Erziehungsaufgaben, sondern uns alle angehe – besonders, wenn es gilt, Kinder nicht nur als Objekte der Fürsorge und des Schutzes, sondern als Subjekte mit berechtigten eigenen Vorstellungen wahrzunehmen, diese anzuerkennen und in Entscheidungsfindungen einzubeziehen.

Als Meilenstein dieser Entwicklung führte Frau Dr. Bergmann die UN-Kinderrechts-konvention an, die 1990 in Kraft trat. Sie betonte aber auch, dass der politische und gesellschaftliche Weg noch lange nicht zu Ende gegangen sei und dass sich auch die aktuell neu formierende Bundesregierung mit dem Thema der Kinderrechte, mit Schutzkonzepten und Hilfsangeboten für Missbrauchsopfer auseinandersetzen müsse. Denn Unrecht lasse sich trotz aller Anstrengungen leider nicht verhindern.

Unter Verweis auf Missbrauchsfälle in Internatsschulen und Klöstern, die 2010 bekannt geworden waren, rief sie allen Anwesenden in Erinnerung, dass die Missbrauchsthematik, die zu diesem Zeitpunkt keine neue war, erstmals unwiderruflich auch in der Öffentlichkeit angekommen sei. Das Schweigen sei damit gebrochen. Damit sei zugleich der wichtigste Schritt für die Aufarbeitung gemacht, betonte Frau Dr. Bergmann, die – wie sie hinzufügte – das Thema Kinderrechte auch nach ihrem Ausscheiden aus den öffentlichen Ämtern nicht los lässt. Vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Erfahrungen machte sie eindrucksvoll deutlich, dass es von den Betroffenen als Befreiung verstanden werde, wenn sie sich mitunter erst nach Jahrzehnten öffnen, gehört werden und Glauben finden. Auf diese Weise würden weitere Schritte in Richtung einer Anerkennung des Unrechts und des Findens eines persönlichen Friedens überhaupt erst möglich.

Die Naturwissenschaftlerin, die sich in ihrer politischen Laufbahn und darüber hinaus viel mit sozialen Themen beschäftigt hat, merkte selbstkritisch an, dass sich die unangenehmen Dimensionen der Kinderrechtsthematik vielleicht nicht ohne Brüche mit der Harmonie und Zuversicht der Weihnachtsbotschaft und der Intension der Weihnachtsvorlesung an der Universität Bayreuth verbinden ließe, betonte aber, dass es der gemeinsamen Anstrengung bedürfe, nicht mehr wegzusehen – wie bei der Herbergssuche von Maria und Josef und dem ungeborenen Jesuskind.

Der Vortrag stand in der Tradition der vom Institut für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth organisierten Weihnachtsvorlesungen. Im festlichen Rahmen wird zur Rückbesinnung auf die Ereignisse des Kalenderjahres eingeladen.

Prof. Dr. mult. Eckhard Nagel rief in seinen einleitenden Worten in Erinnerung, dass das Jahr 2013 durch den Tod Präsident Prof. Bormanns für die Universität Bayreuth kein Jahr wie jedes andere war. Er dankte dem amtierenden Präsidenten Prof. Leible stellvertretend für alle, die dazu beigetragen haben, dass durch Zusammenhalt dafür gesorgt wurde, dass die Universität Bayreuth trotz dieser Grenzerfahrung nicht nachhaltig irritiert wurde.

Für seine persönliche Rückschau wählte Prof. Nagel den Schwerpunkt „Gerechtigkeit“ und appellierte – inspiriert durch die Themenfelder der Bundes- und Landtagswahlkämpfe – für konkrete Maßnahmen zur Bildungsgerechtigkeit. Vor dem Hintergrund der Nachrichten des zurückliegenden Jahres aus dem Bereich der Transplantationsmedizin forderte er mehr Mut, sich nicht davon abhalten zu lassen, sich zur Organspende zu bekennen. Prof. Nagel erinnerte darüber hinaus an die Papstwahl in Rom und an den Namen „Franziskus“, den sich der neue Papst in programmatischer Absicht gegeben habe; sein überraschend unkonventioneller Einsatz für Gerechtigkeit führe aktuelle Defizite in diesem Bereich vor Augen. Als Replik auf den Vortrag von Dr. Bergmann resümierte Prof. Nagel, dass es schwierig sei, eine Sprache zu finden für Dinge, die lange Zeit unausgesprochen geblieben seien. Es brauche Menschen mit Empathie, wie Dr. Bergmann, um Veränderungen in Gang zu setzen.

Kurzporträt der Universität Bayreuth

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