Bayreuth / Chuncheon (Südkorea): Oberfränkische Erneuerbare-Energie Projekte als Vorbild für Südkorea?
Experten aus Oberfranken stellen in Korea Erneuerbare-Energie Projekte vor
Eine Woche nach der Tagung des Weltenergierates in Seoul fand Ende Oktober 2013 in Chuncheon die Konferenz „Nachhaltige Energienutzung – Möglichkeiten der Kooperation zwischen Deutschland und Korea“ statt. Chuncheon liegt in der Provinz Gangwon, die eine Partnerschaft mit Oberfranken unterhält. Drei Experten aus Oberfranken, darunter Bernd Rothammel von der Bioenergieregion Bayreuth, waren eingeladen, ihre Projekte vorzustellen und in Gesprächen mit Vertretern von Ministerien, Universitäten, Verwaltungen, Umweltorganisationen und der Wirtschaft mögliche Kooperationen auszuloten.
Bernd Rothammel stellte in Südkorea das Bundesprojekt „Bioenergie-Regionen“ vor, welches 21 Regionen, darunter Bayreuth, beim Ausbau der Bioenergie mit Fördermitteln für Öffentlichkeits- und Netzwerkarbeit unterstützt. Die oberfränkischen Experten nahmen als Referenten an der Konferenz und dem begleitenden Workshop sowie an Exkursionen und Fachgesprächen über den Ausbau der Erneuerbaren Energien teil. Neben Bernd Rothammel, dem Leiter der Bioenergieregion Bayreuth, gehörten Robert Martin, Klimaschutzbeauftragter des Landkreises Bamberg und Ulrich Scharfenberg von der Energievision Frankenwald der Delegation an. Darüber hinaus nahm von deutscher Seite Georg Blum vom Institut für dezentrale Energietechnologien in Kassel an der Tagung teil, die von der Hanns-Seidel-Stiftung organisiert und mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert wurde.
Claudia Olbricht von der Deutschen Botschaft in Korea referierte über die Politik der erneuerbaren Energien und den Atomausstieg sowie über Perspektiven für die Internationale Kooperation. Den aktuellen Stand der koreanischen Energiepolitik erläuterten Experten der staatlichen Energiegesellschaft KEMCO, der Universitäten Seokyong und der Korea Universität sowie der Energieabteilung der Gangwon-Provinz.
Workshop Erneuerbare Energien im Landkreis Goseong
Im Landkreis Goseong, dem Partnerlandkreis des Landkreises Bayreuth fand am 23.10.2013 ein Workshop mit Vertretern der Landkreisverwaltung statt. Ziel war es, sich gegenseitig die regionalen Erneuerbare-Energie Projekte vorzustellen und auszuloten, inwiefern Strategien übertragbar sind. Das Energiekunstprojekt energy-in-art der Region Bayreuth stieß dabei auf großes Interesse. Begleitend zum Workshop konnten sich die Teilnehmer über zwei regionale Erneuerbare-Energie Projekte informieren: Einen futuristisch anmutenden Solarpark auf einer Insel, sowie die Planungen für eine dörfliche Solarenergieversorgung.
Regionale Erneuerbare-Energie Projekte in der Partnerprovinz Gangwon
Der Gangwon Solar Park bedeckt fast vollständig die Fläche einer kleinen Insel nahe der Provinzhauptstadt Chuncheon. Aus der Luft betrachtet ähnelt der Solarpark der Form eines Fisches. Der Uferstreifen der Insel wird für Naherholung genutzt. Da Korea etwa ein Drittel mehr Sonnenstunden im Jahr aufweisen kann als Deutschland, kann der Park mit 6 MW installierter Leistung ca. 1.500 koreanische Haushalte mit Strom versorgen. Um die Stromausbeute zu optimieren, werden die Solarmodule dreimal jährlich manuell auf den jahreszeitlich bedingt unterschiedlichen Sonnenwinkel eingestellt.
Bioenergiedorf am Bayreuther Park in Südkorea
Während des Aufenthaltes im Landkreis Goseong besuchte die deutsche Delegation auch den Bayreuther Park, der im vergangenen Jahr feierlich eingeweiht wurde. Das Zentrum des Platzes nimmt eine Skulptur ein, Infotafeln weisen auf die Partnerschaft mit dem Landkreis Bayreuth hin. Der Bayreuther Park soll später den Mittelpunkt eines aktuell im Bau befindlichen Campingplatzes bilden. Der Landkreis Goseong zählt zu den touristisch attraktivsten Regionen Koreas und hat mit herrlichen Stränden am Ostmeer und Bergen bis 1700 Meter Höhe hervorragende Sommer- und Winterurlaubsziele aufzuweisen. Der Campingplatz wird in zentraler Lage einen idealen Ausgangspunkt für Unternehmungen in den Tourismusregionen bieten.
Das benachbarte Dorf plant einen Schritt in Richtung Energieautarkie und will einen Solarpark errichten. Die ringsum gelegenen bewaldeten Hügel bieten zudem ausreichend Material für eine mögliche Energieholznutzung. Allerdings wird dieses Potenzial aktuell nicht genutzt. Auch landesweit spielt die Energieholznutzung noch keine wesentliche Rolle. Da Oberfranken seit vielen Jahren über umfangreiches Know-How bei der Biomassenutzung und der Begründung von Bioenergiedörfern verfügt, soll die Dorfgemeinschaft künftig mit entsprechendem Know-How unterstützt werden. Die deutschen Konzepte sind aber keinesfalls eins zu eins übertragbar. Zu unterschiedlich sind die energiepolitischen Rahmenbedingungen und die energetische Ausstattung der Häuser auf dem Land. Trotzdem lassen sich Teile der Projektentwicklung wie zum Beispiel die Potenzialanalyse und die Wärmebedarfsermittlung übertragen. Ein weiterer Vorteil: Ein dörfliches Projekt zur Energieautarkie könnte auch der vorherrschenden Landflucht entgegenwirken, indem es der Dorfgemeinschaft über die Energieerzeugung neue Einkommensquellen verschafft.
Tourismus, Naturschutz und Erneuerbare Energien
Wie in Deutschland gibt es auch in Korea ein Spannungsfeld zwischen dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und Anliegen des Naturschutzes oder des Tourismus. Die Erfahrung aus Deutschland zeigen jedoch, dass die Akzeptanz von Wind-, Solar- oder Bioenergieanlagen deutlich gesteigert werden kann, wenn die Bevölkerung vor Ort an den Gewinnen dieser Anlagen beteiligt ist. Bürgerwindparks oder Bioenergiegenossenschaften sind Erfolgsmodelle, die in Korea auf großes Interesse stießen.
Trotz Fukushima: Korea setzt weiter auf Atomkraft
Nach dem Koreakrieg waren weite Teile der koreanischen Wälder zerstört. In einem beispiellosen, großangelegten Wiederaufforstungsprojekt konnten die Wälder in den 1960er Jahren wieder hergestellt werden. Prinzipiell könnte Biomasse aus diesen Wäldern zur Energieversorgung genutzt werden. Doch ist Biomasse, wie auch die übrigen erneuerbaren Energien, nur eine Randnotiz der Energiepolitik, die vor allem auf den weiteren Ausbau der Kern-, Kohle- und Gaskraftwerke setzt. Korea ist zu 97 Prozent auf Energieimporte angewiesen und hat einen rasant wachsenden Energieverbrauch. Daher ist die Wirtschaft sehr anfällig für steigende Energiepreise auf dem Weltmarkt. Erneuerbare Energien könnten hier für mehr Stabilität sorgen. Aktuell liegt der Anteil der Erneuerbaren aber nur bei mageren 3 Prozent.
Kim Kwonsung, der Direktor des Ressorts Erneuerbare Energien im Energieministerium, verwies in einem Gespräch mit der deutschen Delegation zwar auf die großen Prestigeprojekte wie Asiens größtem Solarpark in Südkorea oder ein geplantes Gezeitenkraftwerk, betonte jedoch gleichzeitig, dass trotz der Katastrophe von Fukushima und trotz ungelöster Endlagerfrage der Vorrang der Atomenergie und dem Bau von Kohle- und Gaskraftwerken eingeräumt werde. Ein dem deutschen Energieeinspeisegesetz (EEG) nachempfundenes Programm zur staatlichen Vergütung der Erneuerbaren Energieerzeugung wurde wieder eingestellt und durch den Renewable Portfolio Standard (RPS) ersetzt, der großen Stromerzeugern vorschreibt, bestimmte Mengen aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen. Bis zum Jahr 2020 soll dieser Anteil acht Prozent betragen.
Noch in den 1960er Jahren war Südkorea eines der ärmsten Länder der Welt. In weniger als einer Generation entwickelte sich das Land zu einer dynamischen Industrienation, die an Platz 15 der Volkswirtschaften der Welt und an Platz sieben der Exportnationen liegt. Entsprechend hoch ist der Energieverbrauch. Erneuerbare Energien spielen mit drei Prozent noch eine untergeordnete Rolle.
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