Leserbrief zum Baugebiet "Ehrlich" in Ebermannstadt

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Deutliche Mehrheiten und unbedingte Gefolgschaft aller Fraktionsmitglieder sind in Abstimmungsgremien von unschätzbarem Wert. Dies weiß auch der Ebermannstädter Bürgermeister, der beruhigt den Sitzungssaal verlassen konnte, als es in der letzten Stadtratssitzung um das Baugebiet Ehrlich ging, in dem er, sowie zwei Stadträte der CSU-Fraktion diverse Flächen ihr Eigen nennen. Die äußerst zahlreich erschienen Bürger lauschten zunächst den Ausführungen zweier Planer zum derzeitigen Planungsstand und verfolgten dann in stummer Nachdenklichkeit, wie trotz vorgebrachter und berechtigter Zweifel an diesem Vorhaben seitens der Freien Wähler und der SPD das Projekt dank Abstimmungsmehrheit von CSU und MOG weiter vorangebracht wurde. Gemäß dem Motto, „Was man hat, hat man“, wollte man die weitreichende Entscheidung über ein neues Baugebiet nicht dem zukünftigen Stadtrat überlassen, obwohl für eine verantwortungsvolle Entscheidung eine Vielzahl von Sachverhalten zu klären wären.

Thema Baulandbedarf: Ein vom Büro Team4 (welches übrigens auch am Baugebiet Ehrlich mitwirkt) verfasstes Gutachten attestierte der Stadt 2011 ausreichend Bauplätze auch im Falle unerwartet günstiger Bevölkerungsentwicklung. Schon zwei Jahre später sieht plötzlich alles ganz anders aus. Pauschal und unverständlich mit dem Mikrozensus begründet, reichen die über 190 Bauplätze im Stadtgebiet heute nicht mehr aus. Tatsache ist, wie im gesamten Bundesgebiet schrumpft auch in Ebermannstadt die Bevölkerung. In Kenntnis der Bevölkerungsstruktur wird sich dies in Zukunft noch verstärken. Ebermannstadt kann die natürlichen Verluste derzeit noch dank Zuwanderer ausgleichen und sogar ein leichtes Wachstum von 10 Personen pro Jahr verzeichnen. Die unreflektierte Fortschreibung dieses Umstandes in die Zukunft als Begründung für anhaltenden bzw. wachsenden Baulandbedarf erscheint aber gewagt. Bleibt noch die Aussage des Verwaltungschefs, dass er in letzter Zeit mit einer massiv höheren Nachfrage nach Grundstücken konfrontiert ist. Wer da anfragt, bleibt im Dunkeln, sind es bisherige Mieter, potenzielle Zuzügler oder jene, die in der Stadt alles aufkaufen was immobilienmäßig Sinn macht, aus welchen Motiven auch immer.

Thema Kosten: Auf Anfrage der Freien Wähler war Planer Valier leider nicht in der Lage, auch nur ansatzweise eine Aussage über die zu erwartenden Kosten zu treffen. Bei dem derzeitigen Planungsstand und der Tatsache, dass das Büro Wittmann und Valier aus Bamberg über 20 Jahre Berufserfahrung im Bereich Städtebau und Bauleitplanung verfügt, nur schwer zu glauben. Es wurde nicht eine Zahl genannt, bewegen wir uns im 6-, 7- oder vielleicht sogar 8stelligen Zahlenbereich? Den zustimmenden Stadträten von CSU und MOG war es egal, keiner fragte nach. Planung, Vorleistung, Eigenanteil und Unterhalt für ein neues Baugebiet kosten die Stadt Geld, das sie nicht hat.

Thema Durchfahrt: Wie aus dem vorgelegten Plan erkennbar war, ist eine durchgehende Straße vom Ramstertal durch das Baugebiet nach Pretzfeld vorgesehen. Per Stadtratsbeschluß soll aber der allgemeine Verkehr durch versenkbare Poller zu beiden Seiten eines Amphitheaters unterbunden werden. Lediglich Notfallfahrzeuge und eventuell landwirtschaftlicher Verkehr können die Barrieren versenken. Klingt toll, aber wenig verbindlich. Glaubwürdiger und dem Ambiente einer Theaterbühne angemessener wären lediglich befestigte Grünflächen, wie sie als Feuerwehrzufahrten häufiger ausgeführt werden. Eine nachträgliche Öffnung für den Durchgangsverkehr, Sinneswandels soll’s ja geben, wäre dann ungleich schwerer.

Thema Bauzwang: 13,3 Hektar Bauflächen liegen im Stadtgebiet brach, nur wenige Bauplätze stehen zum Verkauf. Ein Bauzwang wurde vom Stadtrat abgelehnt, da man keinen der Besitzer „treffen wollte“. Die Umwandlung von Acker- in Bauland ist kein Geschenk des Himmels, sondern Stadtratsbeschluß. Er eröffnet den Besitzern Möglichkeiten, verkaufen, bebauen, bewohnen, vermieten, bedeutet aber auch Verantwortung zu sinnvollem Umgang mit einer knappen Ressource. Wie die gegenwärtigen Baulücken zeigen, ist nicht jeder gewillt, seine Möglichkeiten auszuschöpfen. Das Zurückhalten von Bauflächen hat viele Gründe, immer neue Bauflächen auszuweisen, ist aber kein probates Mittel, seitens der Stadt darauf zu reagieren. Wie dies im Ehrlich zu handhaben wäre, wurde nicht besprochen. Auch die nötige Änderung des Flächennutzungsplanes wurde nicht thematisiert. Selbst die Planer verloren kein Wort dazu. Augen zu und durch.

Auf einen letzten Punkt darf man noch gespannt sein. Mich persönlich treibt die Frage um, ob die neue Durchgangsstraße wohl „Franz-Joseph-Kraus-Straße“ heißen wird, quasi als ewiges Sahnehäubchen, denn „Oberste Bayerische Gasse“ klingt ja nicht so gut…

Dirk Doppelstein
Dipl.-Ing. Landschaftsplanung
Büro Allerhand
Kellerstraße 2, 91320 Ebermannstadt