Universität Bayreuth: Weshalb ist Cloud Computing für Unternehmen auf Dauer attraktiv?

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Bayreuther Wirtschaftsinformatiker erhielt für eine empirische Studie zur Bewertung von Cloud Computing einen renommierten Best Paper Award

Immer mehr Unternehmen nutzen heute die Möglichkeit, wesentliche Bereiche ihrer IT-Infrastruktur nicht im eigenen Haus zu betreiben, sondern stattdessen die Angebote externer Dienstleister in Anspruch zu nehmen. Eine weit verbreitete Form einer derartigen Kooperation ist das Cloud Computing. Dabei stellt ein externer Dienstleister große Speicher-, Rechen- und Netzwerkkapazitäten und auch Software für eine Vielzahl von Unternehmen zur Verfügung. Diese Kunden greifen – in der Regel über das Internet – auf IT-Kapazitäten des Dienstleisters zu; deren technische und organisatorische Strukturen bleiben aber für sie wie in einer Wolke („Cloud“) verborgen.

Best Paper Award auf einer der größten Wirtschaftsinformatik-Konferenzen

Sobald ein Dienstleister mit einem Unternehmen einen zeitlich befristeten Vertrag abgeschlossen hat, das die Nutzung von IT-Kapazitäten regelt, hat er in der Regel ein starkes Interesse daran, das Unternehmen als Dauerkunden an sich binden. Das Unternehmen soll noch vor Ablauf der Frist zu einer Vertragsverlängerung bewogen werden. Dies gelingt umso leichter, je besser der Dienstleister darüber Bescheid weiß, was den Beschäftigten im Unternehmen besonders wichtig ist. An diesem Punkt setzt eine empirische Untersuchung an, die der Bayreuther Wirtschaftsinformatiker Sebastian Walther bei der America’s Conference on Information Systems 2013 (AMCIS) vorgestellt hat. Die Konferenz zählt weltweit zu den drei größten Wirtschaftsinformatik-Konferenzen. Für die Untersuchung mit dem Titel „Exploring Subscription Renewal Intention of Operational Cloud Enterprise Systems – A Stakeholder Perspective” wurde Walther mit dem Best Paper Award der AMICS ausgezeichnet. Er konnte sich damit gegenüber einer Konkurrenz von weit mehr als 800 Mitbewerbern durchsetzen. Walther ist Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik (BWL VII, Prof. Dr. Torsten Eymann) der Universität Bayreuth. Im Rahmen seiner Studie hat er mit Partnern an der Washington State University, der Queensland University of Technology, der Universität St. Gallen und der Universität Mannheim zusammengearbeitet.

Stakeholdergruppen in Unternehmen und ihre IT-Prioritäten

Was hat für die Beschäftigten in einem Unternehmen Priorität, wenn sie externe IT-Kapazitäten im Rahmen des Cloud-Computing nutzen? Um diese Frage schlüssig beantworten zu können, hat Walther mehr als 70 Unternehmen in Deutschland und weiteren Ländern befragt. Wie sich dabei herausgestellt hat, stehen die Prioritäten der Beschäftigten in engem Zusammenhang mit ihren Funktionen im Unternehmen. Wer der Führungsebene eines Unternehmens angehört und hier Verantwortung für strategische Planungen wahrnimmt, ist vor allem an der Systemqualität von IT-Dienstleistungen interessiert. Dazu zählen beispielsweise Eigenschaften wie technische Sicherheit und Zuverlässigkeit. Hingegen legen diejenigen Beschäftigten, die mit Management-Aufgaben betraut sind, den größten Wert auf die Informationsqualität. Sie betrachten IT-Dienstleistungen insbesondere unter dem Aspekt, wie gut und wie schnell sie genau diejenigen Informationen erhalten, die sie im Arbeitsalltag benötigen.

Folglich orientieren sich diese beiden Gruppen, die von Walther als „strategic cohort“ und als management cohort“ bezeichnet werden, an klar unterscheidbaren Kriterien, wenn darüber entschieden werden muss, ob Verträge bezüglich des Cloud Computing verlängert werden sollen. Damit liefert die Studie wertvolle Hinweise für die IT-Dienstleister, die diese Informationen für ein zielgruppenspezifisches, die Kundenbindung steigerndes Marketing verwenden können. „Wir selbst waren über die Ergebnisse der Studie überrascht“, berichtet Sebastian Walther. „Denn sie stimmen nicht mit den Hypothesen überein, die wir anfangs unter der Voraussetzung entwickelt hatten, dass die Prioritäten der Beschäftigten weitgehend von individuellen Vorlieben und Interessen geprägt sind. Die relativ starke Abhängigkeit vom Status und von den Funktionen im Unternehmen hatten wir so nicht erwartet. Deshalb sollten empirische Studien dieser Art künftig viel stärker die Unterschiede zwischen den einzelnen Stakeholder-Gruppen berücksichtigen.“

Zur Person:

Sebastian Walther studierte Industrieingenieurwesen (Industrial Engineerung) am Karlsruhe Institute of Technology (KIT) und der Singapore Management University. Nach seinem Examen wechselte er im Dezember 2010 an die Universität Bayreuth und begann hier am Lehrstuhl von Prof. Dr. Torsten Eymann ein Promotionsprojekt. 2012 führten ihn seine Forschungsarbeiten für mehrere Monate an die Queensland University of Technology in Australien und an die Universität St. Gallen.