Sonntagsgedanken: Gedanken zu Erntedank
Als der spätere lutherische Bischof Wilhelm Stählin, damals noch junger Lehrer in Nürnberg, vor 100 Jahren seine Schüler fragte, wo denn das Brot herkomme, erwiderten die Kinder wie selbstverständlich: „Aus der Fabrik“. Diese Kinder wussten nichts mehr von den natürlichen Zusammenhängen. Schon anfangs der 60er Jahre wunderte sich der Bischof darüber, wie immer gedankenloser die Menschen mit Nahrungsmitteln umgingen, daß sie kaum noch spürten, wie angewiesen wir Menschen auf eine gesunde Natur sind, und schon Jahrzehnte vor der Öko-Welle kritisierte Stählin, daß in unserem Land Lebensmittel massenhaft weggeworfen und künstliche Bedürfnisse nach Genussmitteln durch die Werbung geweckt werden. Der Raubbau an der Natur ging seither ungebremst weiter und die Politiker wischen alle Bedenken vom Tisch, wenn es um Arbeitsplätze, um Standortvorteile geht.
Als Pfarrer möchte ich nicht nur räsonieren, sondern lieber am Erntedanktag Gott für das lebenswichtige „tägliche Brot“ danken und erinnere, auch hierin einen Gedanken Wilhelm Stählins aufnehmend, an die dreifache Ordnung unserer Welt durch Gott: Da gibt es die Umwelt, in die wir eingebettet sind.Da gibt es aber auch die Ordnung des Gesetzes: Gott hat unserem Leben klare Spielregeln geschenkt: Wer nur an sich denkt, wer betrügt, sei es das Finanzamt, sei es den Ehepartner, der gefährdet das menschliche (Zusammen-)Leben. Der Verfall der Familie bedeutet eine große Gefahr: Wer wird sich um die Alleinstehenden kümmern, wenn sie ins Alter kommen, wenn sie körperlich-seelische Betreuung brauchen? Der Mensch braucht tragfähige Beziehungen, um Kraft und Ruhe zu finden. Schließlich gibt es aber auch die Ordnung der Gnade Gottes, denn Gott leidet wohl unter unseren Fehlern, unter der Arroganz, der Eigensinnigkeit, der Hartherzigkeit seiner Menschen, aber er lässt sich nicht abweisen. Er schreibt niemanden ab, auch nicht den Alten, den Arbeitslosen, den Sträfling. Jedes Brot, das wir essen, ob es nun aus einer Backfabrik oder einer Familienbäckerei stammt, erinnert uns an die Gegenwart, die Kraft, die Güte Gottes.
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
- nicht verheiratet
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