"Ohne das Handwerk wären die Bayreuther Festspiele nichts"
Interview mit Karl-Heinz Matitschka
Die Premiere der Bayreuther Festspiele ging nicht ohne Komplikationen über die Bühne: Zähneknirschend musste der Perfektionist Richard Wagner mit ansehen, wie die Uraufführung seines „Ring des Nibelungen“ 1876 zum Festival der Pannen wurden. „Nächstes Jahr machen wir alles anders“ soll er am Ende geseufzt haben – eine Aufforderung, die Wagners Erben in die Tat umsetzten: Heute sorgt unter anderem Karl-Heinz Matitschka dafür, dass auf dem „Grünen Hügel“ alles nach Spielplan läuft. Als Technischer Direktor ist der gelernte Tischler Herr über die 120 Handwerker der Bayreuther Festspiele – und das seit 1982.
Herr Matitschka, im Wagner-Jahr 2013 wird wieder einmal eine Neuinszenierung des „Ring“ auf die Bayreuther Bühne gebracht. Die Berliner Theater-Legende Frank Castorf führt Regie – welche Aufgabe übernehmen Sie bei dem Spektakel?
In diesem Jahr werden wir den technisch aufwändigsten „Ring“ in der Geschichte der Festspiele auf der Bühne haben. Ich werde den vorgestell-ten Ringentwurf umsetzen. Schon lange im Voraus habe ich mich hierfür mit Regisseur, Bühnenbildner und Festspielleitung zusammengesetzt. Meine Aufgabe ist es dabei, festzustellen, ob die Vorhaben der Regie technisch überhaupt umgesetzt werden können – und die dafür nötigen Schritte einzuleiten.
Klingt so, als ob dann recht bald auch Ihre Handwerker ins Boot geholt würden?
Mit dem Bau der Kulissen wird in der Tat recht früh begonnen. Generell sind auf dem „Grünen Hügel“ ganzjährig 20 Bühnenhandwerker fest angestellt. In der heißen Vorbereitungsphase kommen jeden Sommer noch einmal 116 Handwerker hinzu. Mit Tischlern, Elektronikern, Mechat-ronikern, Maßschneidern und Maskenbildnern beläuft sich die Gesamtzahl der Handwerker bei den Festspielen 2013 sogar auf 136.
Und die verwirklichen in wenigen Wochen die Pläne des Regisseurs?
Genau. Die Bühnenhandwerker bewerkstelligen den sicheren Auf- und Abbau der bis zu 35 Tonnen schweren Bühnenteile, während die Elektro-niker in der Tonabteilung zum Einsatz kommen. Alle Solistenkostüme werden von Maßschneidern vor Ort gefertigt und im Verlauf der Proben an die Bedürfnisse der Darsteller angepasst – damit es den Sängern bei ihren anstrengenden Darbietungen nirgendwo kneift und zwickt.
Sie kennen sich mit den verschiedenen Handwerksberufen gut aus?
Auch ich bin ein gelernter Handwerker: Möbeltischler, wie das damals noch hieß. Zudem habe ich eine Ausbildung als Maschinenbauer abge-schlossen und als Bühnentechniker beim Theater angefangen. Über den zweiten Bildungsweg habe ich dann Bühneningenieur studiert, was mir schließlich die Arbeit als Technischer Direktor in Bayreuth ermöglichte.
Was in vielerlei Hinsicht ein Theater der Superlative ist?
Auf jeden Fall. Es sind nicht nur die weltberühmten Sänger und Regisseu-re, die diesen Ort besonders machen. Während der Festspielzeit sind auf dem Hügel bis zu 840 Personen beschäftigt. Alles in allem bekommen die Zuschauer mehr als 700 Kostüme in nur einer einzelnen Chor-Oper zu sehen und gerade in diesem Jahr eine gigantische, riesengroße, bunte Kulisse, die alles bis jetzt da gewesene übertreffen wird.
Das Erlebnis Bayreuth scheint nicht nur für die Mitwirkenden auf der Bühne eine Ehre zu sein?
Auch unsere Handwerker sind stolz, in Bayreuth zu arbeiten. Deshalb kommen 90% auch jedes Jahr wieder. Nur mit diesem festen Stamm an treuen Mitarbeitern können wir diese hochwertige künstlerische Arbeit in so knapp bemessener Zeit jährlich abliefern.
Bayreuth ist also auch Festspiel des Handwerks?
Ohne das Handwerk wären die Bayreuther Festspiele nichts.
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