Bayerischer Städtetag 2013 in Bayreuth: Statement von Ismanings Bürgermeister Michael Sedlmair
Sedlmair: Strukturschwache Kommunen können Probleme nicht aus eigener Kraft lösen
„Wahlkämpfer schlüpfen gerne in Spendierhosen und erklären bei der Modenschau, dass die Spendierhosen nur ein Vorführmodell sind. Für die Zeit nach dem Wahltag liegen schon die engeren Sparhosen bereit“, sagt der zweite stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Ismanings Bürgermeister Michael Sedlmair: „Ganz zu Recht stehen die Versprechungen von hohen Summen unter Finanzierungsvorbehalt – zumal wenn wir die globalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sehen, die schnell auf die kommunalen Steuereinnahmen durchschlagen können. Auch die Schuldenbremse und der Fiskalpakt können sich auf die kommunalen Finanzen auswirken.“ Die Länder müssen ihrer Finanzverantwortung für die Kommunen nachkommen. Sie dürfen Schuldenbremse, Entschuldungspläne und Fiskalpakt nicht als Anlässe nehmen, um Zuweisungen an die Kommunen abzusenken. Damit der Fiskalpakt mit Sicherheit eingehalten werden kann, müssten die Kommunen dauerhaft zu einer schwarzen Null kommen können. Bund und Länder müssen den Verabredungen zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalpakts gerecht werden. Besonders wichtig ist der Einstieg des Bundes zur Kostenübernahme bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen.
Derzeit erscheint die kommunale Finanzlage in Bayern (mit einem positiven Finanzierungssaldo von 1,258 Milliarden Euro im Jahr 2012) rosig – allerdings nur auf den ersten Blick. Sedlmair: „Was auf den ersten Blick optimistisch stimmt, lässt einen auf den zweiten genaueren Blick schon nicht mehr so munter sein. In vielen Kommunen schlagen sich Probleme durch und zeigen sich bedenkliche Entwicklungen ab. Nach wie vor steigen die Soziallasten, daher fordert der Bayerische Städtetag ein Bundesleistungsgesetz.“ Innerhalb des abgelaufenen Jahrzehnts sind in Bayern die Sozialausgaben um gut ein Drittel auf knapp 5 Milliarden Euro gestiegen, darunter für Hilfen zur Erziehung, Jugendhilfe, Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen, Hilfe zur Pflege und die Grundsicherung im Alter (die inzwischen schrittweise vom Bund übernommen wird). Die Investitionsschwäche der Kommunen hält an und verschärft die Probleme. Viele Kommunen müssen unverändert einen rigorosen Kurs der Haushaltskonsolidierung fahren. Damit vollzieht sich ein schleichender Substanzverlust in der kommunalen Infrastruktur, etwa in Schulen, Straßen, öffentlichem Nahverkehr und Krankenhäusern.
Der Bayerische Städtetag fordert eine bessere Ausstattung des kommunalen Finanzausgleichs, damit Kommunen ihre Aufgaben besser erfüllen können. Ein Leitmotiv, das schon bei der Landesentwicklung angeklungen ist, klingt auch bei der Neujustierung des kommunalen Finanzausgleichs an, der von einem Gutachter geprüft wird. Sedlmair: „Die verkürzte Sichtweise, wonach ,klein gleich arm‘ und ,groß gleich reich‘ bedeutet, bringt einen Knick in die Optik. Es gibt kleinere Gemeinden, die Probleme haben, und es gibt größere Städte, die prosperieren. Es gibt kleinere Gemeinden, denen es gut geht. Und es gibt große Städte, die keinen Wohlstand kennen. Eine Großstadt schwimmt nicht automatisch wegen ihrer Größe wie Onkel Dagobert im Geldspeicher.“ Für Diskussionen in der kommunalen Familie hat die Frage gesorgt, nach welchen Kriterien die Schlüsselzuweisungen zu verteilen sind. Das Neujustieren bei einzelnen Bereichen des komplexen Systems des kommunalen Finanzausgleichs hilft, die Aufgabenentwicklung der Städte und Gemeinden besser abzubilden. Aber man darf nicht der falschen Annahme aufsitzen, dass der kommunale Finanzausgleich die Probleme von strukturschwachen Kommunen lösen kann – dies bleibt die Aufgabe einer gezielten Regionalpolitik des Freistaats. Sedlmair: „Die Betroffenheit läuft unabhängig von der Größe: Stark betroffen sind kleine und große Orte, die in strukturschwachen Regionen liegen und die vom demographischen Wandel betroffen sind.“
Ein Finanzausgleich kann zwar helfen, aber er kann die Probleme der strukturschwachen Regionen in Bayern nicht lösen. Sedlmair: „Wir dürfen die Erwartungen an den kommunalen Finanzausgleich nicht überfrachten.“ Vor allem die Schlüsselzuweisungen sollen den Kommunen bedarfsgerecht zugewiesen werden. Dies kann nicht mit der Gießkanne geschehen, die gleichmäßig jede Kommune mit der gleich hohen Geldmenge versorgt. Sondern: Dies muss nach differenzierten Kriterien geschehen, die sich am jeweiligen Bedarf von Kommunen und ihren unterschiedlichen Aufgaben orientieren. Sedlmair: „Strukturschwache Kommunen können die Probleme nicht aus eigener Kraft lösen, hierfür steht der Freistaat mit einer gezielten Regionalpolitik und Landesentwicklung mit Sonderprogrammen außerhalb des Finanzausgleichs in der Pflicht.“ Nötig ist eine Regional- und Strukturpolitik, die den Ausbau der Infrastruktur bei Straße, Schiene und Breitband vorantreibt sowie eine weitere Dezentralisierung von Behörden und Ausgliederungen von Hochschuleinrichtungen in kleinere Städte.
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