Universität Bamberg: Nationales Bildungspanel auf dem Weg zum Leibniz-Institut
Bund und Länder sichern Infrastruktureinrichtung
Das Nationale Bildungspanel (National Educational Panel Study, NEPS) wird auf Beschluss der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) in die gemeinsame Forschungsförderung von Bund und Ländern aufgenommen. Somit ist der Weg für das NEPS frei, Mitglied in der „Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz“ (WGL) zu werden.
Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK), die sich aus dem Forschungs- und Finanzministerium der Bundesregierung und den zuständigen Ministerien der einzelnen Landesregierungen zusammensetzt, beschloss auf ihrer Sitzung am 28. Juni, die Finanzierung des Nationalen Bildungspanels in Bamberg zu verstetigen. Somit ist der Weg für NEPS frei, Mitglied in der „Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz“ (WGL) zu werden. Denn mit diesem Beschluss der GWK bauen Bund und Länder das Projekt zu einem Institut – dem Leibniz-Institut für Bildungsverläufe e.V. (LIfBi) – aus, das aufgrund seiner überregionalen Bedeutung und des gesamtstaatlichen wissenschaftspolitischen Interesses mit Wirkung ab Jahresbeginn 2014 in die gemeinsame Forschungsförderung von Bund und Ländern aufgenommen wird.
Nur fünf Jahre nach der Gründung wird das NEPS so von einem zeitlich befristeten Forschungsprojekt zu einer Infrastruktureinrichtung mit dauerhafter Finanzierung im Rahmen der Bund-Länder-Förderung. Ein Grund zur Freude, sowohl für Projektleiter Prof. Dr. phil. Hans-Günther Roßbach und sein Team als auch für die Universitätsleitung. „Als vor noch nicht einmal fünf Jahren NEPS gegründet wurde, war klar, dass eine derartige Studie eine große Lücke in der deutschen Forschungslandschaft schließen kann. Dass NEPS nun, und vor allem nach so kurzer Zeit, diese auszeichnende Stufe der Institutionalisierung erreichen konnte, verdeutlicht die Exzellenz des im Team versammelten Sachverstandes“, so Hans-Günther Roßbach.
Mit dem Schritt in die Leibniz-Gemeinschaft ändert sich die Situation auch für die Universität. „Die Universität gibt damit ein Filetstück ab, gewinnt aber auch.“ Universitätspräsident Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert verweist damit auf die wissenschaftspolitische Entwicklung der letzten Jahre, wie man sie am Beispiel der Exzellenzinitiative sehr gut ablesen kann: Eine Universität, die keine starken außer-universitäten Einrichtungen um sich herum aufweisen kann, hat es im föderalen deutschen Wissenschaftssystem erheblich schwerer, sich in den wettbewerblichen Verfahren um Forschungsgelder zu behaupten.
Kurze Verfahrensdauer
Besonders erfreut zeigt sich der Präsident über die Kürze des Verfahrens, die vor allen Dingen sieben Koordinierungstreffen zu verdanken ist. Bundesministerium für Bildung und Forschung, Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, NEPS und Universität legten darin gemeinsam die nötigen Schritte fest und verfassten u.a. Kooperationsvertrag, Satzung und Zeitplan. „Bis alle Voraussetzungen für die Gründung einer außeruniversitären Forschungseinrichtung erfüllt sind, geht normalerweise viel Zeit ins Land. Dass uns dies mit NEPS in nur 2 Jahren geglückt ist, ist etwas ganz Besonderes“, erklärt Godehard Ruppert.
Die Aufnahme von NEPS, einer, wie der Wissenschaftsrat in seiner Stellungnahme vom 26. April des Jahres feststellte, „weltweit einzigartigen Forschungsinfrastruktureinrichtung“, in die gemeinsame Forschungsförderung von Bund und Ländern stärkt aber nicht nur die Forschung in Bamberg nachhaltig, sondern die gesamte Forschungslandschaft in Oberfranken. „Auch von dieser Warte aus betrachtet, nimmt das Nationale Bildungspanel, wenn seine Umwandlung in das Leibniz-Institut für Bildungsforschung e. V. abgeschlossen ist, eine Sonderstellung ein“, so Godehard Ruppert. Auch Wissenschaftsminister Dr. Wolfgang Heubisch sieht in der Entscheidung der GWK eine Stärkung für die Region: „Das ist eine großartige Entscheidung für den Wissenschaftsraum Oberfranken und ein großer Erfolg für unsere Wissenschaftspolitik. Die Universität Bamberg erhält zu Beginn des nächsten Jahres einen herausragenden außeruniversitären Partner in der Bildungsforschung. Die Standortkompetenz in Bildungsfragen wird damit eindrücklich unter Beweis gestellt.“
Finanzierung gesichert
Für Projektleiter Hans-Günther Roßbach und sein Team bedeutet die Entscheidung der GWK vor allem eines: eine gesicherte Finanzierung für die nächsten Jahre, möglicherweise sogar Jahrzehnte, und damit Planungssicherheit. „Mit der Verstetigung der Finanzierung des NEPS eröffnen sich für die gesamte Bildungswissenschaft neue Möglichkeiten Fragestellungen zu entwickeln, die nur in längsschnittlicher Betrachtung durch die gesamte Lebensspanne beantwortbar werden“, freut sich Hans-Günther Roßbach.
Für eine Bildungsstudie, die Entwicklungen von der frühen Kindheit bis ins Erwachsenenalter beobachtet, um mehr über den Bildungserwerb und seine Folgen für individuelle Lebensverläufe zu erfahren, um zentrale Bildungsprozesse und -verläufe über die gesamte Lebensspanne zu beschreiben und zu analysieren, sind dies zwei Grundvoraussetzungen für den Erfolg. „Sinnvolle Erkenntnisse über individuelle Bildungsverläufe und den Erwerb individueller Kompetenzen können nur dann gewonnen werden, wenn man die in das Nationale Bildungspanel aufgenommene Teilnehmerinnen und Teilnehmer langfristig begleiten und regelmäßige über ihre Lebenssituation befragen kann“, so NEPS-Geschäftsführerin Dr. Jutta von Maurice.
Denn im Kern geht es dem NEPS darum, herauszufinden, wie sich Kompetenzen, also Fähigkeiten und Wissen, im Lebenslauf entfalten. Dabei geht es um Lehren und Lernen in Familie, mit Gleichaltrigen, im Kindergarten, in der Schule, Hochschule und Berufsausbildung sowie bei der Weiterbildung. Dazu müssen die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer nicht nur bei ihrem Weg durch das Bildungssystem begleitet, sondern auch danach noch weiter beobachtet werden, was durch jährliche Befragungen und Erhebungen ihrer Fähigkeiten geschieht. Das dauert nicht nur Jahrzehnte, sondern erfordert von den Projektkoordinatoren vor allem organisatorisches Geschick auf verschiedenen Ebenen. Wissenschaftlich müssen theoretische und methodische Ansätze aus den Disziplinen Psychologie, Soziologie, Pädagogik und Ökonomie aufeinander abgestimmt und ausgerichtet werden.
Über 200 Forscherinnen und Forscher arbeiten zusammen
Weiterhin gilt es, diese mit Fragen und Erkenntnissen aus unterschiedlichen Bereichen, von der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, der Armutsforschung, der Familienforschung oder der Migrationsforschung bis hin zur Bildungsforschung miteinander zu kombinieren. Entsprechend vielfältig sind die am Projekt beteiligten Fächer. Entsprechend groß ist die Anzahl der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Über 200 Forscherinnen und Forscher aus ganz Deutschland arbeiten im NEPS zusammen und begleiten in den nächsten Jahren insgesamt 60.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie 40.000 zugehörige Kontextpersonen. Ein nicht nur deutschlandweit einzigartiges Projekt.
Während wissenschaftlich gesehen nun alles weiter seinen Gang gehen kann, haben die Koordinatoren in den nächsten Monaten auf der juristischen und administrativen Ebene noch Einiges vor sich: Damit das NEPS ab 1. Januar 2014 als Leibniz-Institut für Bildungsverläufe e.V. (LIfBi) seine Arbeit fortsetzen kann, sind noch einige Schritte zu gehen, für die es kein Vorbild gibt. „Noch nie wurde ein außer-universitäres Forschungsinstitut ohne vorherige Selbständigkeit in die Leibniz-Gemeinschaft aufgenommen“, so Jutta von Maurice: Der direkte Weg von der Universität in die Leibniz-Gemeinschaft ist eine weitere Neuheit. Dieser Herausforderung stellen sich die Beteiligten aber gerne: „Neue Ziele liegen nicht an alten Routen“, kommentiert Godehard Ruppert augenzwinkernd.
Neueste Kommentare