Oberfränkische Abgeordnete Gote und Scharfenberg fordern echte Pflegereform
„Pflegende Angehörige und Pflegebedürftige nicht länger mit der Pflege allein lassen!“
Auf Einladung der Bayreuther Grünen war Elisabeth Scharfenberg, MdB, pflegepolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag zur Veranstaltung „Mehr als ich kann – allein gelassen mit der Pflege“ nach Bayreuth gekommen. Unter Moderation der oberfränkischen Landtagsabgeordneten Ulrike Gote, MdL erörterte sie gemeinsam mit Petra Eckert, Leiterin des ehrenamtlichen Helferkreises zur Unterstützung von an Demenz erkrankten Menschen und deren Angehörigen, und zahlreichen Gästen die Situation pflegender Angehöriger.
„Aktuell sind in Deutschland etwa zweieinhalb Millionen Menschen pflegebedürftig, wobei die Zahl der Hilfsbedürftigen weitaus höher sein dürfte“, begann die oberfränkische Bundestagsabgeordnete Elisabeth Scharfenberg, MdB ihre Ausführungen und fährt fort: „Fast siebzig Prozent der Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt, zum Großteil von Angehörigen. Die von Schwarz-Gelb eingeführte Familienpflegezeit, die maximal zwei Jahre dauern darf, ist ein Flop. Nach dreizehn Monaten Familienpflegezeit sind lediglich 147 Anträge eingegangen.“ Das läge daran, so Scharfenberg, dass die Familienpflegezeit mit sehr vielen kaum überwindbaren Hürden verbunden sei. So müsse man es sich leisten können, auf 25 Prozent des Gehalts zu verzichten. Zudem dürfe die Arbeitszeit nur bis auf 15 Wochenarbeitsstunden gekürzt werden. Bräuchte es eine umfassende Betreuung, wie bspw. bei an Demenz erkrankten Menschen, sei es nicht möglich auch nur teilweise einer Arbeit nachzugehen. Noch dazu müsse sich innerhalb der zweijährigen Pflegezeit eine Lösung für die Zeit danach abzeichnen, denn eine Verlängerung sei nicht möglich. Zudem müsse auch die Arbeitgeberseite mitziehen und dazu bereit sein die Pflege neben dem Beruf zu unterstützen, denn ein Rechtsanspruch bestünde nicht. Somit sei die ArbeitnehmerIn ganz auf das Wohlwollen der ArbeitgeberIn angewiesen und müsse sich sogar noch auf eigene Kosten gegen das Risiko der eigenen Arbeitsunfähigkeit mit einer Familienpflegezeitversicherung pflichtversichern.
Von den Sorgen und Belastungen pflegender Angehöriger berichtete Petra Eckert, Leiterin des ehrenamtlichen Helferkreises zur Unterstützung von an Demenz erkrankten Menschen und deren Angehörigen. Viel zu oft würden diese erst dann zur Beratung kommen, wenn es zu spät sei, wenn sie selbst bereits körperliche und gesundheitliche Probleme hätten. „Ein zu Pflegender in der Familie, zieht oft einen anderen Kranken nach sich.“ so Petra Eckert. Anwesende, die selbst pflegebedürftige Angehörige haben, bestätigten, dass sie sich mehr Unterstützung und Entlastung wünschen würden, und dringend unabhängige GesprächspartnerInnen bräuchten, um individuelle Lösungen für beide Seiten, Pflegende und Gepflegte zu finden. Das bestätigt auch ein Projekt der Evangelischen Hochschule in Freiburg mit dem Namen ReduFix Ambulant – Reduzierung von Fixierungen. Weil man zuhause mit der Situation überlastet ist und keine Hilfe erfährt, werden pflegebedürftige Menschen in der häuslichen Umgebung sogar fixiert oder zuhause eingesperrt. Das betrifft meist Demenz kranke Menschen, die sich nicht mehr so gut orientieren können und oft verwirrt sind.
„Neben einer besseren Unterstützung, weiteren Bezugspersonen und einer unabhängigen Beratung für pflegende Angehörige, brauchen wir vor allem ein pflegepolitisches Gesamtkonzept“, fasste Ulrike Gote, MdL am Ende der Diskussion die Wünsche der Anwesenden zusammen. „Um pflegenden Angehörigen wirklich zu helfen benötigen wir eine grüne Pflegezeit mit Rechtsanspruch. Darüber hinaus müssen wir das Teilzeit- und Befristungsgesetz weiter entwickeln.“ Ferner müsste auch Pflege flexibler gestaltet werden. Dies ginge mit mehr bürgerschaftlichem Engagement, entlastenden ambulanten Leistungsangeboten, alternativen Wohn- und Versorgungsformen und leichterem Zugang zu Reha-Maßnahmen.
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